• 04.02.2013 21:07

  • von Dieter Rencken aufgezeichnet

Ricciardo macht Jagd auf den Cowboyhut

Der Toro-Rosso-Pilot über seine Erwartungen für die kommende Saison, seine Popularität in Australien und die reizvollste Siegertrophäe der Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Daniel Ricciardo hatte beim Familien-Barbecue am Strand das vielleicht angenehmste Weihnachtsfest aller Formel-1-Piloten - und offenbar auch das erholsamste. Schließlich geht der Australier voller Selbstvertrauen in seine zweite volle Saison in der Königsklasse, träumt von einem Grand-Prix-Sieg und hat sich vorgenommen, das Beste aus dem neuen STR8 herauszuholen. Im Interview verrät er, welches texanische Souvenir er besonders gerne mit nach Down Under nehmen würde.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Der stets gut gelaunte Daniel Ricciardo sprüht vor Selbstvertrauen Zoom

Frage: "Daniel, was erwartest du dir von der kommenden Saison?"
Daniel Ricciardo: "Wenn ich das wüsste... Das große Ziel ist Platz sechs in der Konstrukteurs-WM, wie das Team gesagt hat, und uns positionsmäßig zu verbessern. Ich persönlich würde mir natürlich einen Grand-Prix-Sieg wünschen, aber um realistisch zu sein: Es geht darum, alles aus dem Auto herauszuholen. Hoffentlich sind Resultate unter den Top 6 dabei, das wäre wirklich gut. Es gibt da kein genaues Ziel."

Ricciardo strotzt vor Zuversicht

Frage: "Du hast jetzt eine komplette Saison absolviert. Fühlst du dich besser vorbereitet?"
Ricciardo: "Natürlich sehr viel besser. Ich starte in seine Saison nie mit schlechtem Gefühl, aber für die Formel 1 braucht es schon etwas Zeit. Die Erfahrung, die ich in diesem einen Jahr mit dem Team gesammelt habe, ist wichtig. Wir sind einen langen Weg gegangen und haben uns in der zweiten Jahreshälfte 2012 verbessert. Ich habe mich in Australien exzellent vorbereitet, hatte einige Wochen gutes Wetter. Ich bin so fit wie noch nie zuvor, mein Selbstvertrauen und meine Zuversicht gehen damit einher. So groß war es noch nie."

Frage: "Du bist in deiner Karriere nicht so viel in Australien gefahren. Wirst du dort jetzt mehr beachtet als zuvor?"
Ricciardo: "Das würde ich nicht sagen, nicht viel. Es hält sich noch immer in Grenzen. Die Australier sind generell ein bisschen zurückhaltend, selbst wenn ich noch populärer wäre. Die Leute würden mich erkennen, aber auf Straße nicht auf mich zugestürmt kommen. Sie lassen mir Raum zum Leben. Wenn ich in ein Restaurant gehe, kommen maximal zwei Leute auf mich zu und begrüßen mich. Das ist wirklich auf überschaubarem Niveau."

Frage: "Und vorher? Zumindest einer?"
Ricciardo: "Ja, vielleicht einer. Aber das war doch in Ordnung. Ich mag es, auf die Straße gehen zu können ohne einen großen Rummel zu verursachen."

Umschwung durch James Key

Frage: "Hast du in der Winterpause reflektiert, was 2012 passiert ist?"
Ricciardo: "Da habe ich einen ganz normalen Prozess durchlaufen. Ich bin mit meinem Team ein paar Tage lang einige Punkte durchgegangen, die wir verbessern müssen. Das wollen wir angehen. Die Formel 1 bietet doch nie Gewissheit und wir wollen das Beste aus unseren Möglichkeiten machen. Da steht noch einiges an Arbeit an."


Fotos: Präsentation des Toro Rosso STR8


Frage: "Und an was genau wollt ihr arbeiten?"
Ricciardo: "Eine Sache ist, dass die Aggressivität an den Sonntagen nicht die war, die ich gerne gezeigt hätte. Aber dann gab es eben auch einige wirklich gute Sonntage. Irgendwann kam dann mal alles zusammen, aber ich muss das häufiger und konstanter abrufen. Vieles davon hängt mit der Erfahrung und dem Selbstvertrauen zusammen, die jetzt sind hoffentlich da."

Frage: "Hilft euch James Key weiter?"
Ricciardo: "Nach allem, was ich gesehen habe, ja. Es ist eine andere Arbeitsweise, eine andere Struktur eingekehrt. Die Pläne für die Weiterentwicklung sehen in diesem etwas anders aus. Ich würde sagen, dass wir auch den Teams in der Fabrik den Freiraum lassen, den sie benötigen. Sie haben zwar ein Ziel, aber sie arbeiten dann einige Tage alleine. Er kontrolliert nicht alles. Er macht eine Ansage, überblickt und strukturiert dann alles. Das ist ein logischer Ansatz. Hoffentlich sehen wir dadurch konstanten Fortschritt."

Winterlicher Terminstress

Frage: "Wie hast du im Winter die Zeit herumgebracht?"
Ricciardo: "Vor Weihnachten hatte ich noch einige Red-Bull-Verpflichtungen, nicht zu Hause. Ich war in Argentinien, in Brasilien, dann in Italien. Erst Mitte Dezember bin ich zurück nach Australien gekommen, dann hatte ich bis zum Jahreswechsel zwei Wochen frei und habe einfach entspannt, ein paar Freunde getroffen."

"Ab dem 1. Januar habe ich dann einen Trainingsblock eingestreut, was mehr oder weniger ein dreiwöchiges Programm bedeutete. In Australien war es warm, perfekte Trainingsbedingungen für mich. Das war ein guter Auftakt, ehe es zurück nach Europa ging. Das haben ich und mein Physiotherapeut durchgezogen."

Frage: "Wie hat dir im vergangenen Jahr die Strecke in Austin gefallen?"
Ricciardo: "Das war verrückt. Sie war wirklich gut zu fahren, das hat eine Menge Spaß gemacht. Was mich aber am meisten beeindruckt hat, war das Racing. Es war wohl die Bahn, auf der das Überholen am einfachsten war. Einige Kurse sind gut zum Überholen, aber oft gibt es dort nur eine lange Gerade und zwei gute Stellen. Aber dort: zwei DRS-Zonen, diese mehrfache Linkskurve und Stellen, an denen keine riskanten, sondern sichere Manöver möglich waren."

Plädoyer für Austin

"Ich wusste nicht, was ich von Austin erwarten sollte" Daniel Ricciardo

Frage: "Wie hat dir die Atmosphäre gefallen?"
Ricciardo: "Wirklich gut, sie hat meine Erwartungen übertroffen. Ich war mir gar nicht sicher, was ich erwarten sollte, aber die Fans haben uns herzlich willkommen geheißen. Als ich die Wiederholung des Rennens und die Umschnitte auf das Publikum gesehen habe, war zu erkennen, wie die Leute geschrieen gejubelt haben, als Hamilton Vettel überholt hat."

"Es war wohl ein Erfolg und ich hoffe, dass die Sache weiter wächst. Da gibt es definitiv Potenzial. Ich will unbedingt so einen Hut, wie sie ihn auf dem Podium getragen haben, das war ein toller Gag und hat der Sache ihren eigenen Farbklecks gegeben, ein bisschen Tradition. Das ist wie beim Indy 500 mit der Milch."