• 14.11.2005 14:29

Renaults konservatives Saisonauftaktrennen

Auf dem Weg zum WM-Titel macht Renault fünf entscheidende Ereignisse aus. Dazu zählte auch der Saisonauftakt in Melbourne

(Motorsport-Total.com) - Mit breiter Brust in die neue Saison: Als das Renault-Team im vergangenen März zum ersten Saisonlauf gen Australien aufbrach, waren die Gelb-Blauen felsenfest davon überzeugt, sich fest in der Spitzengruppe der Formel 1 etabliert zu haben. Während der vorangegangenen Wintertestfahrten hatte nur das McLaren-Team regelmäßig das Tempo des französischen Werksteams mitgehen können.

Titel-Bild zur News: Giancarlo Fisichella und Fernando Alonso

Beide Renault-Piloten standen nach dem ersten Rennen auf dem Podium

Ferrari hatte sich dazu entschlossen, die neue Saison mit einem modifizierten Vorjahresmodell statt einer Neuentwicklung anzugehen. Die Ergebnisse in der Vorbereitung ließen denn auch durchaus zu wünschen übrig. Viele Beobachter vermuteten dahinter jedoch lediglich eine taktische Spielerei der Italiener, um die Konkurrenz über die wahre Leistungsfähigkeit im Unklaren zu lassen.#w1#

BAR-Honda hatte über den Winter unter diversen Problemen in Bezug auf die Zuverlässigkeit gelitten. Es sah nicht so aus, als ob die Japaner in der Anfangsphase der Saison ernsthaft um vordere Platzierungen würden fahren können.

Eine der großen Fragen vor dem Saisonauftakt: Wie würden sich die neuen Regeln auswirken? Ein deutlich reduziertes Abtriebsniveau, Reifen, die über die gesamte Grand-Prix-Distanz nicht gewechselt werden durften, sowie Motoren, die an zwei Rennwochenenden zum Einsatz kommen mussten, stellten für alle Teams eine große Herausforderung dar. Somit war am Donnerstag vor den ersten Trainingssitzungen in Melbourne eigentlich nur sicher, dass gar nichts sicher war.

"Wir trafen in Australien eine eher konservative Reifenentscheidung." Pat Symonds

Das Renault-Team entschloss sich angesichts der vielen Unsicherheitsfaktoren, kein Risiko einzugehen. "So trafen wir in Australien zum Beispiel eine eher konservative Reifenentscheidung", erinnert sich Chefingenieur Pat Symonds. "Über den Winter konnten wir nur auf europäischen Kursen bei sehr niedrigen Temperaturen testen. Wir konnten also nicht exakt vorhersehen, wie sich die Reifen unter Rennbedingungen und bei deutlich höheren Gradzahlen verhalten würden. Um auf der sicheren Seite zu sein, entschieden wir uns für die härtere Gummimischung von Michelin."

Diese Wahl hing auch damit zusammen, dass die Reifen vor dem Hintergrund des neuen Reglements von allen Beteiligten als einer der entscheidenden Parameter für den Erfolg eingestuft wurde. Um längere Laufleistungen realisieren zu können, präsentierten sich die Laufflächenmischungen im Vergleich zur Saison 2004 generell härter.

Darüber hinaus verhielten sie sich anders: "In den Genuss der so genannten 'magischen Runden' - also die Zeit, in der ein neuer Reifen sein Leistungsmaximum erreicht - kamen die Piloten nur noch einmal pro Grand Prix", so Symonds weiter. "Und zwar im Qualifying. Für unsere Rennstrategie bedeutete das, dass wir im Normalfall einen Boxenstopp pro Rennen weniger planten als in der Saison 2004."

Darüber hinaus änderte sich auch der "Rhythmus" eines Grand Prix. "Die härteren Pneus bauten weniger stark ab, so dass die Autos gegen Ende eines Turns mit weniger Treibstoff an Bord immer schneller wurden", erklärt der Experte des Renault-Teams.

"Dies wirkte sich ebenfalls auf unsere taktischen Überlegungen aus. Man könnte sagen, dass wir unsere Strategie vom Rennende aus berechneten. Das bedeutet, dass wir die Boxenstopps so weit wie möglich nach hinten schoben. Gegen Rennende waren wir dadurch mit weniger Treibstoff an Bord unterwegs. Dies half uns, die Reifen zu schonen und auch in der Schlussphase noch um Positionen kämpfen zu können."

Beim Grand Prix von Australien 2005 feierte zudem auch ein neues zweigeteiltes Qualifying-Format seine Premiere: Einer schnellen Runde am Samstag - dank minimaler Spritladung am Limit des Autos - folgte am Sonntagvormittag eine weitere.

Bei ihrem zweiten Versuch mussten die Piloten dabei bereits in voller Rennkonfiguration - also auch mit vollen Tanks - fahren, da bis zum Start des Rennens nicht mehr an den Autos gearbeitet werden durfte. In Australien wurde die Startaufstellung von heftigen Regenfällen während des Qualifikationstrainings durcheinander gewürfelt. Giancarlo Fisichella konnte seine schnelle Runde noch im Trockenen beenden und sicherte sich die Pole Position. Fernando Alonso hatte weniger Glück: Als er wenige Minuten nach seinem Kollegen auf die Strecke ging, öffnete der Himmel seine Schleusen. Dem jungen Spanier blieb nur Startplatz 13.

"Renault verwendet vor allem in den ersten Rennen oftmals eine etwas andere Taktik als unsere Konkurrenten." Pat Symonds

"Giancarlo befand sich damit natürlich in einer hervorragenden Position", blickt Symonds zurück. "Dennoch ergab sich für uns noch kein klares Bild, da wir zum Beispiel nicht wussten, mit welcher Strategie die Mittelfeldteams unterwegs waren. Die Erfahrung der vorangegangenen Jahre hatte gezeigt, dass Renault vor allem in den ersten Rennen oftmals eine etwas andere Taktik verfolgte als unsere Konkurrenten."

"Wir entschlossen uns, auf jeden Fall an unseren ursprünglichen Überlegungen festzuhalten", so der Brite weiter. "Dies garantierte uns, dass 'Fisico' relativ problemlos würde vorneweg fahren können. Ich hatte allerdings absolut keine Idee, wie wir Fernando von seinem Startplatz aus im Rennen weit nach vorne bringen könnten."