• 07.04.2005 17:56

Renaults Analyse des Bahrain-Grand-Prix'

Blick hinter die Kulissen: Die Daten des Renault-Teams decken interessante Details des Grand Prix von Bahrain auf

(Motorsport-Total.com) - Ein Rennen, wie es sich alle wünschen: Der Große Preis von Bahrain am vergangenen Wochenende erwies sich als eines der spannendsten und interessantesten Rennen der jüngeren Vergangenheit. Zahlreiche packende Zweikämpfe, spektakuläre Überholmanöver und weitere interessante Zwischenfälle erfreuten die Fans.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso hatte die Konkurrenz erneut locker im Griff

Mehrere so genannte Experten äußersten vor Beginn der Saison Zweifel, ob sich Fernando Alonso gut auf die neuen Regeln einstellen könne. Sie begründeten ihre Skepsis mit dem Hinweis auf den vermeintlich aggressiven Fahrstil des jungen Spaniers, der die Laufleistung der Reifen negativ beeinflussen würde. Doch Fernando holte aus den ersten drei Saisonläufen 26 von 30 möglichen Punkten und strafte seine Kritiker Lügen.#w1#

Der Grand Prix von Bahrain bot ein besonders gutes Beispiel, für die kontrollierte und disziplinierte Fahrweise des Renault-Piloten. So verriet Pat Symonds, Leiter der Entwicklungsabteilung, nach der Siegerehrung, dass Alonso zu Beginn des Rennens während seiner Auseinandersetzung mit Michael Schumacher noch nicht einmal das gesamte Drehzahlband seines Renault R25-Zehnzylinders nutzte. Stattdessen dachte der spätere Sieger zu diesem Zeitpunkt bereits an den Großen Preis von San Marino und welche Anforderungen der Kurs in Imola an die Motoren stellt.

Er fuhr daher entsprechend materialschonend und nutzte das volle Potenzial seines Renault R25 nur dann, wenn der es wirklich brauchte. Die folgende Tabelle vergleicht die durchschnittlichen Rundenzeiten der einzelnen Stints der drei Erstplatzierten Fahrer. Die jeweiligen Runden unmittelbar vor und nach einem Boxenstopp sowie die Umläufe, in denen beispielsweise ein Dreher oder Ausrutscher viel Zeit kostete, wurden in dieser Berechnung nicht berücksichtigt:

ALO Runden / TRU Runden / RAI Runden
Stint 1: 93.051 18 / 93.135 19 / 94.084 22
Stint 2: 92.706 19 / 93.163 19 / 92.986 17
Stint 3: 93.515 15 / 93.555 14 / 93.012 13

In der Phase bis zum ersten Boxenstopp ging es für Alonso nicht zuletzt um Selbstbeherrschung: Es galt, defensiv zu fahren, sich dabei aber gegen die Angriffe Schumachers zu wehren und sich gleichzeitig von Jarno Trulli abzusetzen. Nach dem Ausfall des deutschen Ferrari-Piloten brauchte Alonso etwas Zeit, um seinen Rhythmus zu finden. Drei Runden vor seinem ersten Boxenstopp betrug sein Vorsprung gegenüber Trulli lediglich zwei Sekunden - doch nur zwei Umläufe später lag der Renault-Pilot vier Sekunden in Führung. Damit hatte sich Alonso das Polster aufgebaut, das wer brauchte.

Zum Zeitpunkt seines zweiten Boxenstopps lag Alonso 14 Sekunden vor seinem letztjährigen Teamkollegen - innerhalb von nur 19 Runden hatte er weitere zehn Sekunden zwischen sich und seinem Verfolger gelegt. Ohne irgendwelche Risiken eingehen zu müssen erzielte der Spanier durchschnittliche Rundenzeiten von 92,706 Sekunden. Trulli kam nur auf 93,163 Sekunden. Selbst Kimi Räikkönen, der nach Mark Webbers Ausrutscher völlig unbedrängt seine Runden drehen konnte, war zu diesem Zeitpunkt rund drei Zehntelsekunden langsamer als Alonso. Der wiederum konnte angesichts seines beruhigenden Vorsprungs seinem zweiten und letzten Stopp gelassen entgegen sehen: Selbst kleinere Verzögerungen würden ihn keine Position kosten.

Im letzten Renndrittel konnte Alonso es sich erlauben, das Tempo etwas herauszunehmen und seinen Vorsprung zu verwalten. Trulli hinter ihm verhielt sich ähnlich. Räikkönen auf Rang drei gab nach wie vor 100 Prozent und unterstrich damit das reifenschonende Fahrverhalten seines McLaren. Angesichts eines Rückstands von 39 Sekunden auf die Spitze, brachte ihm diese Charakteristik seines Silberpfeils allerdings keine entscheidenden Vorteile mehr. Doch eins ist klar: Sobald McLaren auch in der Startaufstellung weiter nach vorne rücken, zählen sie zu den härtesten Rivalen des Renault F1-Teams.

Der Ferrari-Faktor

Eine Frage dominierte nach dem Bahrain-Grand Prix die Diskussionen im Fahrerlager: Was hätte Michael Schumacher erreichen können, wenn er nicht so früh mit technischem Defekt ausgefallen wäre? Manche vermuteten, dass der Deutsche nur mit einer geringen Menge Treibstoff unterwegs war. Andere wiederum glaubten, dass er auf einer ähnlichen Strategie wie Alonso fuhr. Da es in dieser Beziehung keine Informationen der Scuderia gibt, können wir nur raten.

Fernando Alonso jedenfalls zeigte sich durch den Auftritt des amtierenden Weltmeisters nicht sonderlich beunruhigt: Wie er nach dem Rennen sagte, dass er auch dann an den Sieg geglaubt hätte, wenn "Schumi" an ihm vorbeigekommen wäre. Alonso zeigte sich davon überzeugt dass sein Michelin-bereifter Renault über die Distanz besser funktioniert als der Ferrari des Kerpeners. Um diese Aussage Alonsos zu überprüfen stehen die Daten des zweiten Ferrari-Piloten Rubens Barrichello zur Verfügung. Auch wenn der Brasilianer aufgrund nur sehr weniger Trainingsrunden sicherlich nicht das gleiche Tempo wie sein Teamkollege gehen konnte, erweist sich der Vergleich der durchschnittlichen Rundenzeiten der einzelnen Stints als sehr interessant. Auch hier wurden die In- und die Out-Lap sowie signifikant langsamere Runden in der Berechnung nicht berücksichtigt.

BAR Runden
Stint 1: 94.142 24
Stint 2: 94.308 19
Stint 3: 96.878 9

Während die drei Erstplatzierten zwischen ihrem ersten und zweiten Boxenbesuch im Vergleich zum ersten Stint schneller wurden, um im letzten Renndrittel wiederum das Tempo herauszunehmen, verschlechterten sich Barrichellos Rundenzeiten sukzessive. Zehn Runden vor Schluss fielen die Zeiten schließlich ganz in den Keller: Der Brasilianer verlor pro Umlauf rund zwei Sekunden und musste sich schließlich noch vom fast sicher geglaubten Punkterang verabschieden.

Dabei gilt es aber zu bedenken, dass der Grand Prix von Bahrain unter ganz besonderen äußeren Bedingungen stattfand. Beim Großen Preis von San Marino in rund zwei Wochen dürfte sich die Scuderia deutlich stärker präsentieren.

Was wäre wenn...

Giancarlo Fisichella erlebte am vergangenen Sonntag eine große Enttäuschung: Nach einem sehr guten Start setzte der zweite Renault-Pilot zunächst den späteren Drittplatzierten Räikkönen unter Druck. Die beiden Kontrahenten schenkten sich nichts, und gaben den Beobachtern eine Vorstellung davon, wie nah beieinander Renault und McLaren in puncto Leistung liegen. Ein Motorschaden beendete dann allerdings das Rennen von Fisichella vorzeitig und raubte ihm die Gelegenheit, das Potenzial seines Renault R25 auszuspielen. Ob er - ähnlich Alonsos begeisternder Aufholjagd in Australien - von einem eher enttäuschenden Startplatz bis auf das Podest hätte fahren können? Wir werden es nie erfahren...