• 09.05.2012 20:37

Renault: Fahrbarkeit in Barcelona im Fokus

Renault will in Barcelona den Vierfacherfolg von Bahrain gerne wiederholen - Ein sanftes Ansprechverhaltens ist der Schlüssel zu schnellen Zeiten

(Motorsport-Total.com) - Zum Großen Preis von Spanien, fünfter von 20 Läufen zur Formel-1-Weltmeisterschaft 2012, reist Renault mit einem überragenden Erfolg im Gepäck an: Beim Bahrain-Grand Prix vor drei Wochen belegten Rennwagen mit dem Renault RS27-V8 im Heck die ersten vier Plätze. Ein solcher Vierfacherfolg gelang der französischen Marke zuletzt 1997 beim Großen Preis von Luxemburg auf dem Nürburgring.

Titel-Bild zur News: Remi Taffin

Auch Renault-Mann Remi Taffin kennt den Kurs in Barcelona in- und auswendig

Der 4,655 Kilometer lange Circuit de Catalunya vor den Toren der katalanischen Metropole Barcelona gilt als klassischer Gradmesser für das Gesamtpaket eines Rennwagens. Er verlangt nach einem mittleren Abtriebsniveau und stellt die Motoren - im Vergleich zu den übrigen Strecken auf dem Kalender - vor eine durchschnittlich schwere Aufgabe. Nichtsdestotrotz haben die Ingenieure von Renault die RS27-Triebwerke für die vier Partnerteams intensiv vorbereitet.

Auf und Ab in Katalonien

Die gut einen Kilometer lange Startgerade - auf der die Formel-1-Autos im größten Gang bis an die Drehzahlgrenze von 18.000 Touren vorstoßen und Höchstgeschwindigkeiten von mehr als 300 km/h erreichen - dürfte im Rennen optimale Voraussetzungen für Überholmöglichkeiten bieten: Die Fahrer können auf ihr nach dem Überqueren der Ziellinie den vollen Extraschub des Energierückgewinnungs-Systems KERS zum zweiten Mal abrufen. Für das Wiederaufladen der Stromspeicher bieten die Bremszonen vor den Kurven eins, vier und zehn ausreichend Gelegenheit.

Große Aufmerksamkeit widmen die Renningenieure auch der Getriebe-Übersetzung der Fahrzeuge. Da der Circuit de Catalunya zwischen Mittelmeerküste und bergigem Hinterland liegt, wechselt der böige Wind häufig die Richtung. Hinzu kommen Bodenwellen, auf denen die angetriebenen Hinterräder immer wieder kurz den Kontakt zur Fahrbahn verlieren und durchdrehen können - wodurch die Motoren bis in den Drehzahlbegrenzer schnellen.

Die Streckenführung selbst passt sich dem hügeligen Landschaftsbild an, ein ewiges Auf und Ab ist die Folge. Der zweite Sektor präsentiert sich flüssiger gesteckt als der Erste. Um ein stabiles Anbremsverhalten zu gewährleisten, kann die Motordrehzahl beim Herunterschalten automatisch angepasst werden. Dieser sogenannte "Overrun" geht jedoch auf Kosten des Benzinverbrauchs.

In den zumeist sehr langgezogenen Kurven wirken enorm hohe Fliehkräfte auf Mensch und Material. Speziell die Reifen werden hier stark gefordert, da die Piloten auch die Kerbs in die Ideallinie mit einbeziehen. Für bestmögliche Beschleunigung haben die Spezialisten von Renault eine spezielle Motorabstimmung für die Achtzylinder entwickelt, die etwas früheres Hochschalten erlaubt. Dies ermöglicht optimale Traktion beim Herausbeschleunigen aus den Kurven, ohne dass hierfür auf den Geraden Leistung geopfert werden muss.

Speziell die langgestrecke Kurve drei stellt die Fahrer diesbezüglich vor eine Herausforderung. Während des Qualifyings wird sie zumeist voll - also ohne Lupfen des Gaspedals - passiert. Im Renn-Trimm wechseln die Piloten eher etwas früher in den nächsthöheren Gang, um die Kraftentwicklung am Kurvenausgang besser dosieren zu können. Eine Maßnahme, die sich auch auf die Haltbarkeit der Pneus vorteilhaft auswirkt - und damit einen strategischen Vorteil ermöglichen könnte. Denn Experten rechnen damit, dass manche Teams in Barcelona bis zu vier Reifenwechsel-Stopps einlegen müssen.

Sanftes Ansprechverhalten entscheidend

"Alle Rennställe kennen die Strecke bei Barcelona von den Wintertestfahrten sehr, sehr gut", erklärt Pastor Maldonado. "Wir bei Williams haben vor dieser Saison dort sogar die meisten Kilometer aller Teams abgespult. Es handelt sich um einen mittelschnellen Kurs mit Medium-Downforce-Setup. Durch die Höhenunterschiede im Gelände und die extrem langgezogenen Kurven fordert er uns Fahrern körperlich einiges ab. Die erste Kurve ist dafür ein gutes Beispiel: Wir beschleunigen vom Scheitelpunkt über den Kurvenausgang bis hinein in die Kurven zwei und drei - dadurch fühlt sich diese Passage an wie eine einzige endlose Kurve."

Pastor Maldonado

Beim Beschleunigen aus den Kurven ist ein sanfte Leistungsentfaltung erwünscht Zoom

"Die seitlichen Fliehkräfte sind recht hoch, gleichzeitig steigt die Strecke auch noch an. Deshalb benötigen wir einen Motor, der eine relativ sanfte Drehmomentkurve aufweist, dabei aber genug Power für das 'Short Shifting' besitzt - also das Hochschalten vor der üblichen Schaltdrehzahl", erklärt der Williams-Pilot. "Auf diese Weise können wir den Leistungseinsatz besser kontrollieren und die hohen G-Kräfte abfedern. Für den letzten Sektor mit der vor Jahren eingebauten Schikane ist eine effiziente Motorbremse gefragt. Und weil wir ausgangs der Schikane von nur noch 60 km/h bis auf Höchstgeschwindigkeit hochbeschleunigen, brauchen wir dort zugleich ein ordentliches Ansprechverhalten."

"Den Kurs von Barcelona kennen wir wie unsere Westentasche - denn hier haben wir während der Wintertestfahrten gemeinsam mit unseren vier Partnerteams mehr als 10.000 Kilometer abgespult", sagt Rami Taffin, Leiter der Motorenabteilung von Renault. "Der Vollgasanteil auf dem Circuit de Catalunya liegt bei rund 60 Prozent. Mit seiner Mischung aus langsamen und mittelschnellen Kurven bildet dieser Kurs im Grunde sämtliche Charakteristiken aller anderen aktuellen Formel 1-Rennstrecken ab. Daher eignet er sich auch perfekt zum Testen."

Hoher Vollgasanteil

"Aufgrund des vergleichsweise hohen Vollgasanteils stehen hier vor allem das Ansprechverhalten und die Fahrbarkeit der Motoren in allen Drehzahlbereichen im Fokus. Insbesondere in den langsamen und mittelschnellen Kurven im dritten Sektor benötigen die Fahrer in den unteren Drehzahlregionen ein perfektes Ansprechverhalten", so Taffin.

"Unsere Partnerteams werden in den freien Trainingssitzungen die Gelegenheit nutzen, um beim ersten europäischen Grand Prix der Saison neue aerodynamische und mechanische Teile zu testen",erwartet der Renault-Mann. "Daher spulen unsere RS27-Achtzylinder am Freitag sicher zahlreiche Kilometer ab. Wir verwenden hierzu jene Triebwerke, die bereits bei den vorangegangenen Rennen oder im Rahmen von Trainingssitzungen zum Einsatz gekommen sind. Die frischen Motoren sparen wir uns für das Rennen auf. Dank der Testfahrten in der vergangenen Woche in Mugello haben wir bereits einige Neuentwicklungen erprobt. Das ist ein Vorteil, denn so können wir uns auf die Anpassung der übrigen Systeme konzentrieren."

"Das tolle Ergebnis beim letzten Rennen in Bahrain hat uns natürlich noch einmal einen zusätzlichen Motivationsschub gegeben. Jetzt wollen wir dafür sorgen, dass dieser Erfolg auch weiterhin anhält. Das Ziel ist es, unsere hervorragende Spanien-Bilanz fortzuführen. Red Bull konnte hier in den beiden Vorjahren gewinnen, und bei den vergangenen zehn Grands Prix von Spanien fuhren die Motoren von Renault sieben Mal auf das Podium. Dieses Rekordergebnis gilt es zu verteidigen!", so Taffin abschließend.

Folgen Sie uns!

Folge uns auf Facebook

Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!