• 08.07.2016 11:37

  • von Dieter Rencken & Benjamin Horbelt

Reifenflüsterer Max Verstappen: Stimme Auto für Rennen ab

Das schwarze Gold bestimmt in der Formel 1 2016 über Sieg und Niederlage - Max Verstappen bewies nach Barcelona auch in Spielberg seine Reifenspar-Qualitäten

(Motorsport-Total.com) - Max Verstappen ist der König unter den Reifensparern in der Formel 1. Nachdem der Niederländer in Barcelona unglaubliche 32 Runde auf einem Medium-Reifensatz im Rennen fuhr und damit so lange wie kein anderer Fahrer im Feld die Pirellis unter Kontrolle behielt, zeigte der Reifenflüsterer auch in Spielberg, was in ihm steckt. In Österreich fuhr der Red-Bull-Pilot unglaubliche 42 Runden auf einem Satz Reifen.

Titel-Bild zur News: Max Verstappen

Dank gutem Reifenmanagement ein seltenes Bild: Max Verstappen in der Box Zoom

"Du willst immer das optimalste Auto am Sonntag haben, um in die Punkte zu fahren. Das ist das Wichtigste. Jeder versucht in den Longruns die beste Balance für das Rennen herauszufinden", erklärt Verstappen die Reifenstrategie. Durch den gesparten Boxenstopp konnte der Formel-1-Pilot strategisch einige Plätze gutmachen. "Wenn du ein gutes Auto im Rennen hast, kannst du auch überholen, solange du nicht mit den Reifen kämpfen musst," zeigt sich der Rennfahrer optimistisch. Selbst die insgesamt schlechter werden Rundenzeiten konnten seinen Podiumsplatz nicht gefährden.

Dabei tüftelt der Niederländer bereits am Freitag und Samstag penibel die Strategie für Sonntag aus, was aufgrund der in Spielberg wechselten Bedingungen kein Selbstläufer ist: "Das Verhalten der Reifen ist vom Wetter abhängig. Am Freitag und Samstag war es relativ warm", analysiert Verstappen den Grand Prix von Österreich. Nachdem über Nacht eine Kältefront durchgezogen war, sanken die Temperaturen in der Steiermark am Sonntag gegenüber den vorigen Tagen deutlich. Dies stellte die Teams vor neue Herausforderungen, da auch die Asphalttemperaturen geringer waren. Das Temperaturfenster, in denen die Gummimischung ihre optimale Wirkung entfalten, war schwieriger zu treffen.

Kimi Räikkönen bekommt Konkurrenz

Reifenflüsterer Verstappen ist im Vergleich zu seinen Fahrerkollegen ganz vorne im Ranking der längsten Longrun-Fahrer. Konkurrenz macht ihm ausgerechnet Kimi Räikkönen, der zum Ärger Verstappens, sowohl in Spanien als auch in Österreich ähnlich starke Stints hinlegte und auf diese Weise viele Plätze aufholte. Damit war der Finne in beiden Rennen der schärfte Verfolger direkt hinter Verstappen. "Die letzten Runden auf dem Stint waren ziemlich hart. Aber man hätte keinen Boxenstopp mehr einlegen können, da man diese verlorene Zeit später im Rennen nicht mehr eingeholt hätte," gesteht Verstappen, der damit bis zur Zielflagge weiterfahren musste. Sein Verfolger Räikkönen war auf ähnlicher Strategie und pflegte die Reifen somit über eine ähnlich lange Distanz.

"Es gab Kurven, wo ich mehr pushen musste. In Österreich hätten wir sogar noch besser abschneiden können, aber der Verkehr war im Weg, sodass du vom Gas gehen musst", ärgert sich Verstappen. "Die Reifen kühlen dann etwas ab, dabei verlierst du ein paar Sekunden im Verkehr. Wenn du die Reifentemperatur verloren hast, ist das Rennen für einen meistens schon gelaufen. Kimi hat Druck gemacht, sodass ich in den letzten Runden weiter pushen musste", gesteht der Niederländer.

Daniel Ricciardo, der aufgrund seines höheren Reifenverschleißes im Vergleich zu seinem Teamkollegen häufiger die Boxencrew aufsuchen musste, kann sich den Unterschied aber kaum erklären: "Es gibt darauf nicht diese eine Antwort. Du musst das Reifenfenster immer treffen. In einigen Kurven mussten wir ein bisschen mit den Reifen kämpfen und waren nicht im optimalen Reifenfenster. Wir versuchen das immer noch zu verstehen", gesteht Ricciardo und zeigt sich von der Leistung Verstappen beeindruckt: "Zwar hat jeder Fahrer seine persönlichen Vorlieben, die Set-ups waren aber relativ ähnlich."

Niedrige Spielberg-Temperaturen wirkten sich positiv aus

Auch Jenson Button versuchte es mit dieser Reifenstrategie. Der Brite hatte lange Zeit den Ruf, im Fahrerfeld besonders schonend mit den Reifen umzugeben, die Konkurrenz ist aber nicht kleiner geworden. In Monte Carlo zeigte Lewis Hamilton seine Qualitäten beim Reifenmanagement und fuhr 47 Runden auf einem Ultrasoft-Reifensatz. Den Abbau der Pirellis gut zu kontrollieren und den Grip möglichst lange aufrechtzuerhalten, gilt als Schlüssel zum Erfolg. Neben einer optimalen Traktion hilft auch ein feinfühliger Fahrstil wie der von Verstappen.

Auch Romain Grosjean, Carlos Sainz, Pascal Wehrlein und Sergio Perez wählten in Spielberg eine ähnliche Reifenstrategie und setzten damit auf einen langen, letzten Stint mit den Soft-Reifen, welche die härteste von Pirelli in die Steiermark gebrachte Gummimischung ist. An Reifenflüsterer Verstappen kam aber keiner heran.


Großer Preis von Großbritannien