• 11.05.2012 20:59

  • von Roman Wittemeier

Reifendiskussion: Warum sollte es anders sein?

Michael Schumachers Kritik an den Reifen ändert nichts - Die meisten Teams und Fahrer sind mit der aktuellen Pirelli-Situation glücklich: Gut für den Sport

(Motorsport-Total.com) - Die Reifen sind seit dem Start in die Saison 2012 besonders in den Fokus gerückt. Der Umgang mit den Pirelli-Pneus der neuesten Generation bereitet Teams und Fahrern immer wieder Kopfzerbrechen. Das "schwarze Gold" sorgt oft für Überraschungen und leichte Verschiebungen in der Hackordnung. Der sensible Umgang mit den Pneus ist gefragt. Dies kommt nicht bei allen gut an. Superstar Michael Schumacher machte kürzlich seinem Unmut Luft.

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Die Formel-1-Saison 2012: Die Pirelli-Reifen stehen oft im Vordergrund

"Michael ist ein großartiger Champion, der erfolgreichste Formel-1-Fahrer aller Zeiten. Natürlich hören wir auf seine Kommentare", sagt Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery, der von einem Treffen zwischen Schumacher und einigen Ingenieuren des italienischen Herstellers berichtete, "aber es gibt auch Feedback von vielen anderen Fahrern. Und solange die sich einig sind..." Klartext: Pirelli sieht keinen Anlass, etwas an der aktuellen Situation zu ändern.

"Die Reifen sind die einzige Kontaktfläche zwischen Fahrzeug und Fahrbahn. Nach dem Piloten sind sie immer schon der wichtigste Faktor gewesen", stellt Toro-Rosso-Technikchef Giorgio Ascanelli klar. "Was sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, ist die Analysemöglichkeit. Heutzutage haben wir jede Menge Tools, früher musste man sich allein auf das Gefühl des Fahrers verlassen. Das Gespür des Piloten ist heute auch noch wichtig. So etwas richtig zu machen ist immer noch ein Merkmal eines Champions."

"Reifen waren immer schon eine sensible Angelegenheit, es sind halt Rennreifen", zuckt McLaren-Sportdirektor Sam Michael mit den Schultern. "Man muss mal betrachten, wie eng das Feld aufgrund der heutigen technischen Bestimmungen zusammenliegt. Die ersten 15 Fahrer liegen manchmal innerhalb einer Sekunde. Wenn du früher sechs Zehntel Vorsprung hattest, es dann mit den Reifen nicht hinbekommen hast, dann hat das vielleicht ein oder zwei Plätze ausgemacht."

"Wenn du heute das optimale Fenster nicht erwischst, dann fällst du schnell mal zehn Ränge zurück", beschreibt Michael die besondere Situation in der Formel-1-Saison 2012. "Der Umgang mit den Reifen war immer schon wichtig, aber es wirkt sich aufgrund der Leistungsdichte nun mehr aus. Man zahlt heutzutage einen höheren Preis, wenn man nicht genau den Punkt trifft." Red-Bull-Designer Adrian Newey meint: "Die heutigen Reifen sind anders als die früheren Bridgestones oder Michelins. Nicht besser oder schlechter, sondern einfach nur anders. Es ist eine neue Herausforderung, die ich in vielerlei Hinsicht gut finde."

"Zu Hochzeiten des Reifenkrieges haben wir Rennen erlebt, die jeweils aus kurzen Sprints mit Qualifyingrunden bestanden. Die Piloten haben ohne Rücksicht auf Verschleiß oder Nutzung Vollgas geben können. Jetzt ist es eben anders", so Newey. "Es sind andere Stärken gefragt. Man erinnere sich an Alain Prost, der seinen Spitznamen 'Professor' verdiente. Es varriert heute mehr von Rennen zu Rennen, innerhalb eines Rennens und in der Qualifikation zum Rennen. Ich finde, das ist gut für den Sport."


Fotos: Großer Preis von Spanien, Freitag


"Wir sind absolut zufrieden mit einer solchen Aufgabe. Sie fordert uns", hat auch Caterham-Technikchef Mark Smith Freude an der Reifenstrategie. "Das macht uns den Job nicht leichter, aber für so etwas sind wir doch hier, oder? Solange jeder Reifen ist wie der andere - und das haben wir bei Pirelli nie anders erlebt - und es nur darum geht, den Pneu zum arbeiten zu bringen, liegt es doch ausschließlich an uns, dies hinzubekommen. Wir sind glücklich damit", stimmt Sauber-Techniker Pierre Wache zu.

"Wir nehmen jederzeit gern das Feedback der Teams an", kommentiert Hembery. "Wir machen jederzeit das, was der Sport von uns haben möchte." Der Pirelli-Motorsportchef meint: "Ich bin sicher, dass die Teams jetzt gerade in einer Eingewöhnungsphase sind, wo sie Technik und Reifen aufeinander abstimmen müssen. Wir werden bestimmt bald sehen, dass die Teams die Situation klar in den Griff bekommen werden."

"Beim ersten Wintertest nach unserer Rückkehr in die Formel 1 hätte man erwartet, dass jeder 25 Boxenstopps pro Rennen machen muss. Am Ende des Jahres hielten die Pneus 25 bis 30 Runden am Stück", beruhigt Hembery. "Die Dinge verändern sich immer schnell. Wichtig ist, dass alle vor der gleichen Aufgabe stehen. Diese ausgezeichneten Fachleute werden bestimmt Lösungen finden."