Ralf über Antonelli: "Aus einer Kuh kann man keinen Tiger machen"
Ralf Schumacher und Nico Rosberg sind trotz des Crashs in Monza sicher, dass Andrea Kimi Antonelli das "next big Thing" in der Formel 1 werden könnte
(Motorsport-Total.com) - Andrea Kimi Antonelli ist am Freitag wie ein Naturereignis über den Königlichen Park von Monza hinweggefegt. Erst legte er in einzelnen Kurven Geschwindigkeiten hin, die laut GPS-Messungen selbst von den Superstars der Branche nicht erreicht wurden. Und dann klebte er, schon nach zehn Minuten des ersten Freien Trainings, in der Alboreto-Kurve in den Reifenstapeln.
© circuitpics.de
Ralf Schumacher und Nico Rosberg erkennen großes Talent in Andrea Antonelli Zoom
Ein heftiger Crash, den Sky-Experte Ralf Schumacher als "ungeschickt, gar keine Frage", bezeichnet. Aber andererseits sei es schon so, wie es auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff analysiert: "Aus einer Kuh kann man keinen Tiger machen. Einen Tiger kann man aber langsamer machen. Von dem her alles gut. Jugend forscht."
Was Schumacher damit meint: Einen langsamen Junioren schneller zu machen, das ist eine mühsame bis unlösbare Aufgabe für ein Formel-1-Team. Aber einem offensichtlich talentierten Junioren wie Antonelli beizubringen, dass er sich in Zukunft vielleicht ein wenig zügeln muss, vor allem, wenn es um nichts geht, das sei weit weniger komplex.
"Das ist mental sowas von heftig"
Es sei "eine besondere Herausforderung, direkt in so ein Werksteam reinzugehen", sagt Schumacher über Antonellis Aufstieg aus der Formel 2 in den Mercedes-Silberpfeil. "Viele Fahrer gehen ja klassisch erstmal in ein kleines Team, lernen da dazu, können Fehler machen, unbeobachtet. Aber er wird immer im Fokus sein. Das wird schon schwer für ihn."
"Das ist mental sowas von heftig", nickt Nico Rosberg. Auch die FT1-Premiere in Monza, so der Sky-Experte, sei unter diesen Umständen eine Herausforderung gewesen: "Die ersten Runden offiziell in der Formel 1, als 18-Jähriger in Italien, als Italiener. Die ganze Welt schaut auf ihn, und dann die zweite Runde, und dann so weggelegt!"
Aber auch Rosberg verbucht das als verzeihbaren jugendlichen Leichtsinn, denn: "Bis dahin war er schnell. Lewis Hamilton war gleichzeitig auf der Strecke unterwegs. Das war schon okay. Aber das ist natürlich super ungünstig. Voll übertrieben einfach, voll übermotiviert, und das ist eben, weil er gerade 18 ist und weil er gerade startet."
Antonelli stieg nach herausragenden Ergebnissen im Kartsport erst 2021 in den "großen" Motorsport auf, gewann 2022 die Deutsche und die Italienische Formel 4 und den Formel-4-Cup bei den Motorsportspielen der FIA. 2023 triumphierte er in den Formel-Regional-Meisterschaften im Nahen Osten und in Europa, einem Zwischending irgendwo zwischen Formel 4 und Formel 3.
Formel Regional: Mehr Testmöglichkeiten als in der Formel 3
Für die Formel Regional habe sich Antonelli entschieden, vermutet Schumacher, "weil er da auch viel testen konnte". Und: "Er ist einfach ein guter Racer. Das hat er auch in der Formel 2 gezeigt. Er kann sich sehr schnell auf eine Situation einschießen. Ist allerdings auch kein Zufallsprodukt. Es ist ja nicht so, dass er nicht alle guten Möglichkeiten gehabt, viel getestet hat und so weiter."
In der Formel 2 ist es Antonelli bisher nicht gelungen, die Konkurrenz in Grund und Boden zu fahren. Experten führen das auch darauf zurück, dass sein Prema-Team nicht mehr so stark zu sein scheint wie in früheren Jahren. In der Gesamtwertung ist Antonelli aktuell Sechster, mit 99 Punkten. Sein Teamkollege Oliver Bearman liegt mit 50 Punkten auf Platz 14.
Der direkte Aufstieg von der Formel 2 zu Mercedes, ohne eine zweite Formel-2-Saison, um dort vielleicht Champion zu werden, sei laut Rosberg "schon der richtige Schritt, aber natürlich auch sehr, sehr mutig." Denn: "Die Vorbereitung ist alles andere als optimal. In der Formel 2 hat er glaube ich kein gutes Auto dieses Jahr. Er konnte nicht zeigen, was er draufhat."
Und Rosberg ist einer, der es wissen muss. Er erzählt: "Kimi war bei mir im Go-Kart-Team vor ein paar Jahren. Daher kenne ich ihn sehr, sehr gut." Und das Urteil, das der Formel-1-Weltmeister von 2016 über Antonelli fällt, ist eindeutig: "Mit Sicherheit ist er vom Talent her so, dass er der Beste der nächsten Generation werden kann."
Neueste Kommentare