• 11.01.2007 13:44

Räikkönen: "Wollen die Meisterschaft gewinnen"

In Madonna di Campiglio gab Kimi Räikkönen dieser Tage im Rahmen einer Pressekonferenz sein erstes offizielles Interview als Ferrari-Fahrer

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Kimi, du warst in der Ferrari-Fabrik und hast die Ingenieure getroffen, wie sind deine Eindrücke?"
Kimi Räikkönen: "Ich war Ende vergangenen Jahres ein paar mal in der Fabrik, um die Leute zu treffen, den Sitz anzupassen, mit den Ingenieuren zu sprechen, und dann war ich beim Test, um zu sehen, wie die Leute arbeiten, denn jedes Team hat da eine andere Art zu arbeiten, und meine Eindrücke waren sehr positiv. Damit wird mein erster eigener Test viel besser laufen, denn ich war ja schon da und habe erlebt, wie die Leute an die Sache herangehen und was jeder einzelne macht. Ich bin sehr froh, dass ich bei dem Test dabei war und alles mitbekommen habe, das wird mir sehr helfen, denn ich habe eine Vorstellung von der Arbeit bei Ferrari. Ich habe mich im Team einfach wohl gefühlt, und mit den Leuten kann man gut zusammenarbeiten."

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Rot steht ihm gut: Kimi Räikkönen bei den Ferrari-Skitagen in Italien

Frage: "Was sind deine Ziele für die Saison 2007?"
Räikkönen: "Ich denke, das ist doch jedes Jahr dasselbe: Wir wollen Rennen und die Meisterschaft gewinnen. Es ist jetzt aber noch zu früh zu sagen, ob das auch wirklich klappt. Ich bin ja noch keinen Meter mit dem Auto gefahren und alles wird neu für mich sein, aber ich denke, es wird alles gut werden. Wir werden als ganzes Team zusammenarbeiten und jedes Wochenende versuchen, ein gutes Ergebnis zu holen."#w1#

Räikkönen hat den Winter wie immer verbracht

Frage: "Du scheinst gut in Form zu sein. Hast du über den Winter viel trainiert und was hast du genau gemacht?"
Räikkönen: "Ich habe über Weihnachten zu Hause ausgespannt. Ich hatte die meiste Zeit nichts anderes zu tun, weiß aber nicht, ob ich jetzt mehr oder weniger trainiert habe als sonst, ich habe da nicht drauf geachtet. Ich mache, was mir Spaß macht, bin gut in Form und das ist es doch, worauf es ankommt."

"Es ist normal, dass die Leute hohe Erwartungen in mich haben." Kimi Räikkönen

Frage: "Wie sehr setzt es dich unter Druck, dass du Michael Schumacher ersetzt?"
Räikkönen: "Das setzt mich überhaupt nicht unter Druck, denn bei McLaren war es ja eine ähnliche Situation, und damals war ich noch sehr jung und hatte meine Karriere erst begonnen. Wenn du zu einem neuen Team kommst, vergleichen dich die Leute natürlich immer mit dem vorherigen Fahrer, und das war in diesem Fall Michael Schumacher, über viele Jahre der bedeutendste Pilot der Formel 1. Es ist normal, dass die Leute hohe Erwartungen in mich haben und mich mit ihm vergleichen, aber ich selber mache das nicht. Ich gehe meinen eigenen Weg und arbeite auf meine eigene Art. Es wird wahrscheinlich eine Weile dauern, bis ich mich an den Arbeitsstil des Teams gewöhnt habe und auch, bis sich das Team auf mich eingestellt hat, deswegen fühle ich mich da jetzt nicht so unter Druck."

Frage: "Die Fans stehen voll hinter Ferrari, bekommst du das mit?"
Räikkönen: "Ja, natürlich, in Italien ist Ferrari eine ganz große Sache. Nicht nur die Fans, die ganze Öffentlichkeit hat hohe Erwartungen in das Team. Aber wie ich schon sagte, ich gebe einfach mein Bestes und hoffe, das reicht. Die Leute erwarten viele verschiedene Sachen von mir, aber ich werde weder meine Art zu arbeiten noch irgendetwas anderes ändern. Es wird immer Leute geben, die dich lieben oder hassen, und deshalb gibst du dein Bestes und hoffentlich mag dich dann jeder. Man hat mir gesagt, dass es bei Ferrari schwer werden wird, weil das Team von allen Seiten unter Druck gesetzt wird, aber ich habe kein Problem damit."

Frage: "Du gehst in der WM mit einem Auto an den Start, das du überhaupt nicht kennst, das ohne dein Mitwirken entwickelt und gebaut wurde. Könnte das ein Problem werden?"
Räikkönen: "Nein, ich denke nicht, dass das ein Problem wird. Ich sagte ja schon, dass es jetzt noch zu früh ist für irgendwelche Prognosen, da ich das Auto noch gar nicht gefahren habe. Natürlich ist das Auto ganz anders als der McLaren, aber ich werde genügend Zeit haben, mich daran zu gewöhnen, und ich bin hundertprozentig sicher, dass es viele gute Leute sind, die die Autos entwerfen und bauen, also wird das schon gut. Und ich bin ja gerade erst zum Team gekommen, habe mich mal in der Fabrik umgeschaut, meinen Sitz anpassen lassen und Vorschläge gemacht, wo man etwas ändern kann oder wo nicht, insofern denke ich, dass alles okay sein wird."

Atmosphäre anders als bei McLaren-Mercedes

Frage: "Gibt es zwischen McLaren-Mercedes und Ferrari große Unterschiede in Sachen Umfeld und Verhältnis zum Team?"
Räikkönen: "Als ich zum ersten Mal in die Fabrik und zum Test gekommen bin, habe ich gemerkt, dass die Atmosphäre anders ist, es ist mehr wie in einer großen Familie. Obwohl die Leute sehr hart arbeiten und ihr Bestes geben, ist es doch sehr entspannt und die Zusammenarbeit locker. Das hat mir sehr gefallen, und das hatte ich vorher ja auch schon gehört und erwartet. Also da kann ich wirklich nur Gutes berichten. Natürlich ist es ganz anders als bei McLaren, aber für mich ist das eine positive Veränderung und das freut mich natürlich."

"Der erste Test wird gegen Ende des Monats sein." Kimi Räikkönen

Frage: "Wann wirst du den Ferrari das erste Mal fahren und warum bist du nicht derjenige, der die ersten Runden mit den neuen Auto drehen wird?"
Räikkönen: "Das steht noch nicht fest. Ich denke, der erste Test wird gegen Ende des Monats sein, aber das hängt vom Wetter ab. Ich denke, Felipe wird das neue Auto in Fiorano fahren."

Frage: "Werden 'Buongiorno' die einzigen italienischen Wörter sein, die du lernst?"
Räikkönen: "Ich kenne schon auch ein paar andere Worte auf Italienisch, aber ich denke, wenn man mit Italienern zusammenarbeitet, dann lernt man einiges automatisch. Ich werde jetzt keinen speziellen Italienischkurs besuchen, denn ich bin ja nicht bei Ferrari, um die Sprache zu lernen. Ich habe zwar während meiner Kartzeit in Italien schon einiges gelernt, aber das ist wieder weg, ich fange also wieder bei Null an."

Frage: "Du kennst McLaren-Mercedes sehr gut. Denkst du, dass Fernando Alonso dort auf Anhieb schnell und konkurrenzfähig sein kann und dass das Team bereits in dieser Saison um die WM mitfahren kann?"
Räikkönen: "Das ist schwer zu sagen. Die Dinge können sich in der Formel 1 sehr schnell ändern, man muss ja nur sehen, wie es bei uns in der vergangenen Saison gelaufen ist. Bisher war das Wichtigste immer die Zuverlässigkeit, das könnte sich dieses Jahr ein bisschen ändern. Denn alle sind auf denselben Reifen unterwegs und rücken so näher zusammen, das wird interessant werden."

Frage: "Was denkst du von Felipe Massa als Fahrer und macht es dir Sorgen, dass er den ersten Test mit dem neuen Auto fährt?"
Räikkönen: "Ich kenne ihn ein bisschen, ich kenne ihn auch als Fahrer, aber ich weiß nicht, wie schnell er sein wird oder wie schnell ich im Vergleich zu ihm sein werde. Aber obwohl wir noch nicht lang zusammenarbeiten, haben wir schon ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Man kann gut mit ihm arbeiten und er ist ein netter Kerl und deshalb denke ich, dass wir in den nächsten Jahren noch viel Spaß zusammen haben werden. Dass er den ersten Test, vor allem den Shakedown mit dem neuen Auto macht, beunruhigt mich nicht. Deshalb ändert sich nichts. Ich muss ja auch irgendwo anfangen und das ist mit dem Vorjahresauto und da werden wir sehen, wie es läuft."

Vorfreude auf die erste Fahrt mit dem neuen Auto

Frage: "Die Saison mit Ferrari geht bald los. Wo siehst du den größten Unterschied zur Saisonvorbereitung mit McLaren-Mercedes?"
Räikkönen: "Es ist ein neues Team, also ist erst einmal alles anders. Ich denke, am interessantesten wird es, wenn ich das Auto zum ersten Mal fahre, um zu sehen, was anders ist, ob es anders ist oder nicht. Natürlich hat das Team einen anderen Arbeitsstil, aber das Interessanteste ist doch das neue Auto, die ersten Runden damit zu fahren und ein Gefühl dafür zu bekommen."

Michael Schumacher und Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen wird im Jahr eins nach Michael Schumacher für Ferrari fahren Zoom

Frage: "Es ist die erste WM-Saison ohne Michael Schumacher. Wird es damit einfacher oder schwerer, zumal ja auch noch alle Teams mit denselben Reifen unterwegs sind?"
Räikkönen: "Natürlich ist es das erste Jahr ohne Michael und ich denke, dass ihn viele Leute vermissen werden. Es ist traurig, aber es ist ganz normal, dass Leute die Formel 1 verlassen und dass neue Leute dazukommen. Ich weiß nicht, ob es das jetzt einfacher macht oder nicht. Es wird immer schnelle Typen geben und deshalb ist es schwer, Rennen und die WM zu gewinnen. Was den Einheitsreifen angeht, das wird sicher eine interessante Sache, es wird sicher schwer werden, im Laufe eines Wochenendes den richtigen auszuwählen und die Reifen optimal zu nutzen."

Frage: "Wann hast Du das Wort 'Ferrari' zum ersten Mal gehört?"
Räikkönen: "Da kann ich mich nicht daran erinnern. Wahrscheinlich als ich ein Kind war und Formel 1 im Fernsehen angeschaut habe."

Frage: "Wie kann Michael Schumacher dir und dem Team weiterhelfen?"
Räikkönen: "Ich weiß noch nicht genau, welche Rolle er im Team übernehmen wird, aber seine Erfahrung und sein Wissen wird er wohl in mehreren Bereichen anbringen können. Er wird dort helfen, wo er gebraucht wird. Ich habe seit dem Saisonende noch nicht mit ihm gesprochen, also kann ich noch nicht sagen, wie sich das Verhältnis zwischen ihm und uns Fahrern entwickeln wird."

Frage: "Michael war immer die klare Nummer eins im Team, was ist deine Position?"
Räikkönen: "Das ist genauso wie bei McLaren, beide Fahrer bekommen ein identisches Auto und dieselbe Ausrüstung und es hängt allein von den Fahrern und den Ingenieuren ab, wer schneller ist. Eine Nummer eins oder zwei gibt es nicht."

Räikkönen wurde über Umstrukturierung nicht informiert

Frage: "Hast du, als du den Ferrari-Vertrag unterschrieben hast, schon gewusst, dass Ross Brawn und Paulo Martinelli das Team verlassen werden, und bist du ein bisschen besorgt, weil so viele neue Leute im Team sind?"
Räikkönen: "Als ich den Vertrag unterschrieben habe, hatte ich keine Ahnung, wer für das Team arbeiten wird oder was passiert. Und auch wenn einige wichtige Leute das Team verlassen haben, dann wurden sie doch durch neue ersetzt, die ebensoviel Erfahrung haben und genauso gut sind. Ich bin neu im Team und es gibt andere neue Leute an neuen Positionen, aber ich glaube nicht, dass das negative Auswirkungen auf das Team hat."

"Michael kennt die Autos aus dem Vorjahr und die früheren Modelle." Kimi Räikkönen

Frage: "Wäre es eine kleine Enttäuschung, wenn Michael den neuen Ferrari testen würde, und wenn es auch nur einmal wäre?"
Räikkönen: "Ich weiß nicht, ob er testet oder nicht. Aber ich denke, dass uns das helfen würde, denn er kennt ja die Autos aus dem Vorjahr und die früheren Modelle."

Frage: "Jetzt, wo alle auf Einheitsreifen unterwegs sind, spielt da das fahrerische Können wieder eine größere Rolle?"
Räikkönen: "Das kann schon sein, aber wie ich schon sagte, ist es zu früh, da irgendetwas darüber zu sagen. Ich bin mit dem neuen Auto und den neuen Reifen noch nicht gefahren, wenn der erste Test absolviert ist, kann ich über solche Dinge einfacher reden."

Frage: "Früher war es eine besondere Ehre für jeden Piloten, für Ferrari zu fahren. Welche Bedeutung hat das bei Fahrern deiner Generation?"
Räikkönen: "Ferrari war immer das wichtigste Team, ganz egal ob sie gewonnen haben oder nicht. Jeder weiß, dass es ein legendäres Team ist, jeder hat es sogar mehr oder weniger ins Herz geschlossen, deshalb ist es schon etwas ganz Besonderes, ein Teil von Ferrari zu sein."

Frage: "Hat Michael Schumacher mit dir im vergangenen Jahr schon irgendetwas besprochen?"
Räikkönen: "Wir haben über die unterschiedlichsten Dinge gesprochen, aber nicht über meinen Wechsel zu Ferrari oder so etwas. Es war also nicht so, dass wir uns zusammengesetzt hätten und darüber gesprochen haben, dass ich hierher komme und was die Zukunft bringt, oder darüber, welche Position er bei Ferrari einnimmt. Vielleicht reden wir irgendwann über diese Dinge, aber bisher haben wir es nicht getan."

Kritik an seiner Einstellung prallt von Räikkönen ab

Frage: "Egal ob das nun richtig ist oder falsch, manche Leute sind der Auffassung, dass du dich vielleicht etwas ändern solltest, was deinen Arbeitsstil, deine Haltung, dein Training und deine Einstellung zur Formel 1 betrifft. Jemand bei Mclaren-Mercedes hat geäußert, dass du sonst nicht zu Ferrari passen würdest. Ist das eine faire Beurteilung und hast du selbst das Gefühl, dass du dich Ferrari anpassen solltest, vor allem weil du ja der Nachfolger des Mannes bist, der als nahezu besessen von der Formel 1 galt und der sich ihr 24 Stunden am Tag gewidmet hat?"
Räikkönen: "Ich weiß nicht, was McLaren gesagt hat oder was sie denken. Ich weiß auch nicht, wie sie so etwas behaupten können, wenn sie gar nicht wissen, wie es bei Ferrari läuft. Deshalb werde ich mich gar nicht ändern."

"So, wie ich etwas mache, hat es bisher sehr gut funktioniert." Kimi Räikkönen

"So, wie ich etwas mache, hat es bisher sehr gut funktioniert, und selbst wenn ich mich so geändert hätte, wie sie es wollten, wären die Ergebnisse auf der Rennstrecke auch nicht besser geworden. Denn schließlich war das Problem wirklich nicht meine Art zu trainieren oder das, was ich in meiner Freizeit mache. Bei McLaren war das Problem vielmehr, dass das Auto keine ganze Renndistanz durchgehalten hat oder nicht schnell genug war. Es ist mir wirklich egal, was die sagen. Ich denke, ich werde weiter alles auf meine Art machen. Natürlich müssen wir so gut wie möglich zusammenarbeiten. Wir müssen die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, schon anpassen. Ich bin nicht Michael Schumacher und das erwartet das Team auch gar nicht von mir. Sie wissen, dass ich anders bin, und wir müssen den besten und effektivsten Weg der Zusammenarbeit finden. Ich sehe da aber kein Problem."

"Als ich beim Test war, habe ich die Arbeit als angenehm und sehr entspannt empfunden, mir erscheint es viel einfacher als alles, was ich bisher in der Formel 1 erlebt habe. Die Leute haben immer gesagt, dass es sehr schwierig werden würde, zu Ferrari zu gehen, aber von dem her, was ich bisher so gesehen habe, ist das völlige Gegenteil der Fall. Ich kann wirklich nur Gutes darüber sagen, und ich sehe auch keine Probleme zwischen mir und dem Team und in unserer Zusammenarbeit."

Frage: "War es etwas Besonderes für dich, zum ersten Mal die rote Teamkleidung anzuziehen und welche Farbe bevorzugst du, Rot oder Silber?"
Räikkönen: "Also auf alle Fälle ist Rot die wärmere Farbe. Das passt zum Stil des Teams und zu allem. Natürlich ist es schon etwas Besonderes, wenn man zum ersten Mal das Ferrari-Outfit anzieht, und der Rennanzug ist neu und es ist schon etwas Aufregendes. Es gefällt mir."