• 07.09.2004 10:14

  • von Fabian Hust

Pizzonia: "Beste Siegchancen in Monza"

Im Gespräch mit 'F1Total.com' spricht Pizzonia über sein Pech von Spa, die Tests in Monza und die Chancen beim Italien-GP

(Motorsport-Total.com) - Als Antonio Pizzonia in der vergangenen Saison vorzeitig vom Jaguar-Team entlassen wurde, da stand die Formel-1-Karriere des Brasilianers kurz vor dem vorzeitigen Ende. Doch der Rennfahrer aus Manaus fand den Weg zurück zu BMW-Williams, wo er bereits 2002 als Testfahrer angestellt war. Damals hatte Frank Williams dem Jaguar-Team seinen Fahrer empfohlen, weil dieser bei den Testfahrten regelmäßig schneller war als die Stammfahrer Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya.

Titel-Bild zur News: Antonio Pizzonia

Antonio Pizzonia bei den Testfahrten vergangene Woche in Monza

"Es war für mich etwas schwierig, nachdem das alles im vergangenen Jahr bei Jaguar passiert ist", gesteht Pizzonia am Rande der Testfahrten in Monza gegenüber 'F1Total.com'. "Aber ich konnte die Zusage für diese drei Rennen bekommen. Ich habe für das Team einen guten Job gemacht, was natürlich eine Hilfe ist. Ich hoffe, dass es mir helfen kann, mein bestes Ergebnis in der Formel 1 herauszufahren." Pizzonia glaubt, dass sein Marktwert durch seinen Einsatz für das Team "ein wenig" gestiegen ist.#w1#

Spa war ein zweischneidiges Schwert

Das Rennen in Spa war für den BMW-Williams-Piloten ein zweischneidiges Schwert: "Ich war natürlich sehr enttäuscht, dass ich das Rennen nicht beendet habe. Leider hatten wir bei beiden Autos gegen Ende des Rennens Probleme. Für mich und natürlich auch für das Team war es enttäuschend, denn es wäre der erste Podiumsplatz seit langer Zeit gewesen und mein erster. Es ist immer aufregend, zum ersten Mal auf dem Podium zu stehen, vor allem in der Formel 1. Ich war natürlich sehr enttäuscht, aber das ist eben Motorsport. Man kann nichts tun, wenn man ein mechanisches Problem hat."

Die andere Seite der Medaille war die Tatsache gewesen, dass der am kommenden Samstag 24 Jahre alt werdende Rennfahrer trotz seines Ausfalls ein gutes Bild hinterlassen konnte, weil er auf Podiumskurs lag: "Für mich war das Rennen deshalb trotzdem gut, denn ich konnte allen zeigen, was ich leisten kann. Ich stand kurz davor, auf das Podium zu kommen, was dann leider doch nicht geklappt hat. Ich hoffe, dass es uns hier in Monza gelingen wird."

Pizzonia hat bewiesen, dass er mit Druck umgehen kann

Jaguar hat seinem Ex-Fahrer vorgeworfen, dem enormen Druck eines Rennens nicht standhalten zu können. Frage an den Brasilianer: Wie bist du mit dem Druck umgegangen, hast du versuchst, erst gar nicht an den dritten Platz zu denken? "Ja, ich denke, dass dies das Beste ist, was du machen kannst. Du musst dich so sehr konzentrieren, wie du nur kannst, denn das Rennen war ja noch nicht gelaufen. Ein kleiner Fehler hätte mich mit Sicherheit das Podium gekostet. Aber ich hatte alles unter Kontrolle. Das Auto war gut und es gab bis zu diesem Punkt auch keine Probleme. Ich war ziemlich zuversichtlich, auf das Podium zu kommen, aber ich versuchte, mich zu konzentrieren und nicht allzu viel darüber nachzudenken."

Aber du hast schon den Druck verspürt, als du nach Marc Gené die große Chance erhalten hast, Ralf Schumacher zu vertreten? "Ja, auf jeden Fall. Zu jedem Rennen, zu dem ich gehe, verspüre ich Druck, denn ich weiß, dass es in diesem Jahr mein letztes Rennen sein könnte. Es ist ja nicht so, dass ich hier bin und das ganze Jahr zur Verfügung stehen habe, um mich zu beweisen. Das ist ganz schön hart, denn ich weiß, dass es meine letzte Chance sein könnte und ich eine gute Leistung zeigen muss."

Nicht jeder Testfahrer erhält eine solch großartige Chance

Es gibt viele Testfahrer in der Formel 1, doch nur die wenigsten erhalten die Chance, tatsächlich auch einmal ein Rennen bestreiten zu können. Warum ist es für einen Testfahrer so schwierig zu zeigen, dass er es wert ist, ihn als Stammfahrer zu verpflichten? "Das ist ganz einfach, weil du als Testfahrer keine Rennen fährst", erklärt uns Pizzonia. "Wie willst du einen Teamchef von dir überzeugen, wenn er nicht weiß, wie gut du in den Rennen bist? Er sieht dich ja immer nur bei den Tests."

Ist Montoya demotiviert?

Vorbereitung ist alles, das gilt auch für Pizzonia, der dieses Jahr im BMW-Williams bereits tausendeTestkilometer abgespult hat. "Diese drei Testtage in Monza sind für alle Teams wichtig, weswegen auch alle Teams hier hergekommen sind. Monza ist aufgrund der langen Geraden eine einzigartige Strecke, weswegen es wichtig ist, all die anderen Teile, die wir am Auto haben, hier auszuprobieren. Zudem muss man versuchen, den besten Kompromiss bei der Abstimmung für die langen Geraden und die Kurven zu finden. In Bezug auf die Aerodynamik gibt es eine Menge Dinge, die man tun kann. Wenn wir dann zum Rennen kommen, sind wir gerüstet."

Schieben wir doch kurz eine Frage ein, die mit den Testfahrten zu tun hat. Viele Experten sagen ja, dass Juan-Pablo Montoya in Gedanken schon ganz bei seinem zukünftigen Arbeitgeber McLaren-Mercedes ist. Hast du diesen Eindruck auch, wirkt er bei Testfahrten tatsächlich lustlos? Pizzonia schüttelt mit dem Kopf: "Nein, diesen Eindruck habe ich nicht. Zumindest auf mich wirkt er so, als arbeite er so wie immer."

Pizzonia mag schnelle wie langsame Kurse

Nach dem langsamen Kurs von Budapest und der schnellen Strecke von Spa geht es nun zum ultra-schnellen Rennen in Monza. Liegen Antonio mehr die schnellen oder die langsamen Kurse? "Ich denke, dass wir verschiedene Strecken im Kalender brauchen, also schnelle Kurse und langsame. Normalerweise bin ich auf allen Strecken gut, denn ich habe keine Strecke, mit der ich ein Problem habe. Ich mag alle Kurse. Aber ich denke, es gibt immer eine Strecke, die man vorzieht und bei mir ist das Spa. Monza ist auch ganz schön und natürlich Monaco. Auch mein Heimrennen in Brasilien ist natürlich etwas Besonderes."

Neben den Testfahrten, die Pizzonia in der vergangenen Woche in Monza fahren durfte, kennt der Brasilianer den Kurs auch aus früheren Formeln: "Ich bin hier schon zwei Rennen in der Formel 3000 gefahren. Es ist eine der aufregendsten Strecken, denn es gibt hier viele Stelle, an denen man überholen kann. Auf den zahlreichen langen Geraden kann man sich im Windschatten ansaugen und den Kerl vor dir überholen. Eigentlich sind die Rennen hier immer aufregend und wir hoffen, dass dies auch in diesem Jahr so sein wird."

Wird Monza das stärkste Saisonrennen von BMW-Williams?

Fragen wir den Pechvogel von Spa, ob er das dort knapp verpasste Podium glaubt in Monza erreichen zu können: "Ja, ich denke, dass wir ein gutes Paket haben. Meiner Meinung nach besitzen wir hier die größten Siegchancen der letzten paar Rennen. Die langen Geraden helfen uns, da wir einen guten Motor haben. Unser Auto verhält sich auch beim Überfahren der Randsteine gut und ist gut auf der Bremse, was man hier sein muss. Es ist die größte Chance von Williams, in diesem Jahr ein Rennen zu gewinnen."

BMW-Williams hat in Monza eine Chance zu siegen? Solch eine Aussage hat man von den "Weiß-Blauen" lange nicht mehr gehört. Erinnern wir Pizzonia doch einmal an die Siegankündigungen des Teams vor dem Saisonstart und die Blamage von Melbourne. Wie hattest du denn das Auto vor Melbourne eingeschätzt? "Ich wusste, dass unser Auto schneller ist als das letztjährige. Allerdings war es zu Beginn nur ein wenig schneller. Die anderen haben es einfach geschafft, ihr Auto mehr zu verbessern, als wir es geschafft haben. Ich dachte schon, dass wir direkt mit Ferrari kämpfen können. Aber sie haben es geschafft, sich deutlich mehr zu verbessern, als wir das erwartet hatten."

Die neue Nase des Williams

Glaubt man den Aussagen der Fahrer, dann war das Auto gar nicht so schlecht zu fahren, es war einfach nur zu langsam, woran dies auch immer gelegen hat. Eine Ursache mag in der seltsamen Nase gelegen haben, die das Team vor kurzem auch gegen eine konventionellere Variante ausgetauscht hat. Während Montoya keinen Unterschied ausgemacht haben will, sieht dies sein Teamkollege etwas anders: "Wenn du anderen Autos folgst, dann merkst du einen deutlichen Unterschied. Abgesehen davon fällt der Unterschied geringer aus. Aber unter dem Strich ist sie besser."

Pizzonia rechnete nicht mit seinem Einsatz in Monza

Dass Ralf Schumacher in Monza nicht fahren wird, hat alle überrascht. Man konnte ja auch nicht ahnen, dass der Fahrer gesund ist, die Versicherung aber eine Startfreigabe verweigert. Zumindest der Einsatz beim Monza-Test war fest eingeplant. So hatte Pizzonia nicht damit gerechnet, dass er zum Einsatz kommen würde: "Ich wusste, dass Ralf nochmals untersucht wird, hatte aber nicht eingeplant, dass ich hier nochmals testen würde, denn es war vorgesehen, dass er drei Tage hier fährt. Es sollte ja hier geschaut werden, ob er fit genug ist, um wieder zu fahren oder nicht. Die Nachricht erreichte mich dann viel früher, als ich das erwartet hatte."

Sie erreichte den 23-Jährigen, da war er noch nicht einmal aus Belgien abgereist: "Ich habe einen Anruf von Tim Newton, unserem Testteammanager, erhalten. Er hat mich als erstes angerufen, danach hat mich irgendwie jeder im Team angerufen... Zu diesem Zeitpunkt war ich noch in Belgien, wo ich mich nach dem Rennen ein wenig entspannt habe. Für mich war das natürlich eine großartige Neuigkeit, dass ich wieder fahren darf, dass ich noch ein weiteres Rennen fahren darf. Und wie ich ja schon gesagt habe, sollte Monza für uns ein gutes Rennen werden. Ich freue mich wirklich auf das Rennen."

Wie geht es mit Pizzonia weiter?

Ein gutes Rennen in Monza wäre für Pizzonia hilfreich, um vielleicht doch noch ein Cockpit für die kommende Saison zu ergattern, wonach es im Moment ja nicht aussieht. Wohl oder übel muss Pizzonia vermutlich auch in der kommenden Saison den Testfahrer spielen. Oder kann er uns etwas über seine Zukunft verraten? "Ich versuche, nicht zu sehr darüber nachzudenken. Im Moment fahre ich noch Rennen, zumindest ein weiteres. Ich möchte bei diesem Rennen hier in Monza wirklich gut abschneiden, darauf konzentriere ich mich. Wir werden sehen, was danach passieren wird."