Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!
Pirelli: Unterschiedliche Strategien, Zwei-Stopper im Vorteil?
Obwohl die ersten Drei in Japan unterschiedliche Strategien fuhren, lagen sie am Ende dicht zusammen - Hembery: "Red Bull konnte im Prinzip tun, was sie wollten"
(Motorsport-Total.com) - Mit einer Zweistopp-Strategie setzte sich Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel beim Großen Preis von Japan vor seinem Teamkollegen Mark Webber (drei Stopps) und Lotus-Mann Romain Grosjean (zwei Stopps) durch. Fast alle Fahrer begannen auf den Medium-Reifen, die vom exklusiven Reifenlieferanten Pirelli gemeinsam mit den harten Slicks für das Rennwochenende nominiert waren. "Das war wie immer ein sehr spannendes Rennen, die Rundenzeiten der beiden Mischungen unterschieden sich dabei relativ wenig", meint Pirelli-Motorsport-Direktor Paul Hembery.

© LAT
Sebastian Vettel fuhr in Japan mit einer Zweistopp-Strategie zum Sieg Zoom
"Folglich sahen wir recht unterschiedliche Strategien. Wie erwartet, stoppten die meisten Teams zweimal", resümiert der Brite. "Der Abrieb ist in Suzuka nicht sehr hoch, da die Strecke ein sehr flüssig zu fahrendes Layout hat. Allerdings ist der Verschleiß durch die hohen, auf die Reifen wirkenden Kräfte der entscheidende Faktor. Ein Rennen, bei dem die Konkurrenten dicht beieinander liegen, und somit die Aerodynamik der Autos beeinflussen, verstärkt diesen Faktor noch, da die Boliden in solchen Situationen öfter sliden", analysiert Hembery.
Dank einer geschickten Zweistopp-Strategie überholte Vettel seinen Teamkollegen Webber, der einmal öfter an die Box kam. Hätte der Australier mit zwei Stopps durchfahren können? "Ich hätte es riskiert", entgegnet Formel-1-Experte Marc Surer bei 'Sky'. "Natürlich weiß aber das Team nach dem vorherigen Reifenwechsel, wie abgefahren diese Pneus sind", relativiert der Schweizer. "Das Team konnte genau sehen, ob noch fünf Runden mehr drin gewesen wären oder nicht. Man hat ihn noch einmal hereingeholt und ihm die weicheren Reifen gegeben, was die richtige Entscheidung war."
Lauda: "Mercedes ist irgendwie stehengeblieben"
"Es ist alles komplizierter als es von außen scheint", so Surer. "Wenn man eine solche Strategie entwirft, dann muss man auch immer schauen, wo die anderen Autos fahren. Wenn man zur Box geht und nach dem Herausfahren hinter einem langsamen Fahrer hängen bleibt, dann ist die ganze Strategie kaputt. Red Bull lässt daheim in Milton Keynes viele Computer laufen, die simulieren, was passiert, wenn...", erklärt der ehemalige Grand-Prix-Pilot.
Für Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda ist "eins ist ganz klar", berichtet er bei 'RTL': "Red Bull hat einen Riesenschritt nach dem Sommer gemacht, Lotus hat einen Schritt gemacht - und Mercedes ist irgendwie stehengeblieben", bilanziert der Österreicher. "Das gehört genau analysiert", fährt Lauda fort: "Warum passen die Reifen nicht mehr so gut mit dem Auto zusammen? Das ist ein Problem, deswegen hätte man heute drei Stopps fahren müssen. Das muss man analysieren und hoffentlich Antworten finden."
Für den dreimaligen Formel-1-Weltmeister war beim heutigen Grand Prix dennoch "die Zweistopp-Strategie die schnellste". Man könne die Strategie auch während des Rennens entscheiden, berichtet er weiter. "Ich nehme an, das wurde dort so gemacht."
Alonso: Schwierig, die richtige Strategie zu finden
Für Ferrari-Pilot und Vettel-Widersacher Fernando Alonso, der heute als Vierter die Zielflagge sah, war es "schwierig, sich für zwei oder drei Stopps zu entscheiden", wie der Spanier betont. "Wir wussten aber dann, dass drei Stopps die sehr viel langsamere Strategie sein würde, weil man wahrscheinlich mehr Verkehr bekommen hätte. Nachdem Hamilton dann am Start ausgeschieden ist, war klar, dass nur zwei (Stopps; Anm. d. Red.) infrage kommen."
"Der zweite Stopp hätte später erfolgen können, weil Nico (Hülkenberg; Anm. d. Red.) in Runde 41 kam, wir in Runde 42. Danach waren wir wieder dahinter. Wären wir länger gefahren, wäre das vielleicht auch der Fall gewesen, aber ich hätte die frischeren Reifen gehabt", mutmaßt der Spanier.
Für Hembery ist nach dem Rennen klar: "Red Bull konnte im Prinzip tun, was sie wollten. Sie waren in bestechender Form. Das unterstreicht ihre Stärke. Es war sehr beeindruckend", lobt er das Team aus Milton Keynes. "Red Bull ist unheimlich schnell. Das hat sich darin gezeigt, dass sie unterschiedliche Strategien fahren können, bei denen am Ende ähnliche Ergebnisse herauskommen. Das verdeutlicht sehr gut, wo sie stehen", sagt er. "Und umso außergewöhnlicher ist die Leistung von Lotus. Ein Team wie dieses verliert angesichts des Budgets am Jahresende gern mal den Anschluss, doch sie machen das gut."
Ricciardo mit langem ersten Stint auf harten Reifen
"Romain (Grosjean) fuhr ebenfalls ein tolles Rennen, indem er Mark (Webber; Anm. d. Red.) bis fast zum Schluss hinter sich hielt", hebt Hembery den Franzosen hervor. "Lotus sieht in den letzten Rennen wieder richtig gut aus und holt mit beiden Autos viele Punkte. Wenn man die jeweiligen Budgets und auch die Entwicklung für 2014 bedenkt, ist das durchaus beeindruckend", sagt er und mutmaßt: "Vielleicht wäre es besser gewesen für Romain, den letzten Stint auf den weicheren Reifen zu fahren."
Den Start gingen lediglich Toro Rosso-Pilot Daniel Ricciardo und Charles Pic (Caterham) mit den harten Slicks an, alle anderen starteten auf den Medium-Reifen. Am längsten blieb der Australier im ersten Stint draußen, er besuchte seine Mechaniker zum ersten Mal in Runde 21. "Das war interessant", sagt Hembery. "Eine solche Taktik hat sich in diesem Jahr schon bezahlt gemacht. Autos aus Q2 haben ja schon öfter versucht, mit den härteren Reifen loszufahren und den ersten Stint möglichst lange zu gestalten. Damit kannst du Positionen gutmachen", weiß er.
Unterschiedliche Strategien? "So soll es sein"
Im Vorfeld des Grands Prix wurde viel über das Wetter geredet und gemutmaßt. "Der Wind war stärker, was dazu geführt hat, dass sich die Autos in manchen Kurven anders verhalten haben. Davon haben mehrere Teams berichtet", so Hembery. Doch Wind hin oder her - am Ende hatte dieser mit den unterschiedlichen Strategien der Teams eher weniger zu tun.
Vielmehr zeigt sich Hembery mit den unterschiedlichen Strategien, die in Suzuka möglich waren und genutzt wurden, zufrieden. "So soll es ja auch sein", entgegnet der Brite. "Darum wurden wir gebeten. Es soll keine Prozession sein, auch wenn das am Jahresende automatisch eintritt, weil die Hackordnung klarer wird", so Hembery abschließend.

