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  • 27.10.2013 18:29

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

Pirelli ist "enttäuscht": Vorgaben wurden teilweise ignoriert

Formel-1-Reifenlieferant Pirelli hatte den Teams für den Großen Preis von Indien zu bestimmten Strategien geraten, doch manche Rennställe ignorierten dies

(Motorsport-Total.com) - Paul Hembery ist "not amused". Der Große Preis von Indien in Neu-Delhi ging zwar aus der Sicht des Motorsport-Direktors von Pirelli ohne Probleme auf Seiten der Reifen über die Bühne. Zufrieden ist der Brite trotzdem nicht, denn manche Rennställe haben sich schlichtweg über die Vorschläge von Pirelli hinweggesetzt. "Wir sind enttäuscht, dass einige Teams unsere Vorgaben ignoriert haben", sagt er.

Titel-Bild zur News: Pirelli-Reifen

Der eine oder andere Reifen wurde beim Indien-Grand-Prix überaus strapaziert... Zoom

Hembery und Co. hatten den Teams bereits nach der Qualifikation nahegelegt, mit den Mischungen Soft und Medium nicht mehr als 15 beziehungsweise 35 Runden zurückzulegen. Das Ergebnis ist wenig erbauend für Pirelli: Adrian Sutil (Force India) hielt es 19 Runden lang mit den weicheren Pneus aus, Kimi Räikkönen (Lotus) legte sogar 51 von insgesamt 60 Runden auf den härteren Reifen zurück.

Ebenfalls kurios war die Reifentaktik des späteren Rennsiegers Sebastian Vettel (Red Bull), der sich dabei übrigens fast genau an die Empfehlung von Pirelli hielt. Diese sah einen extrem frühen ersten Stopp nach zwei Runden vor, einen weiteren Reifenwechsel in Runde 28. Vettel machte es fast genau nach Fahrplan, zögerte den zweiten Stopp jedoch um drei weitere Runden hinaus und siegte klar.

Pirelli gratuliert Red Bull zum Titelgewinn

Auch, weil sein Red-Bull-Teamkollege Mark Webber gar nicht so weit kam, seine Strategie voll auszufahren. Im Gegensatz zu Vettel war Webber auf Medium losgefahren und hatte seine Soft-Pneus lediglich für eine Handvoll Runden am Auto. Und kurz nach seinem zweiten Stopp fiel er aus technischen Gründen aus. Ob seine Taktik aufgegangen wäre? Das weiß Hembery nicht zu sagen.

Er gratuliert jedoch Vettel und Red Bull zum erneuten Formel-1-Titelgewinn: "Das ist ein Beleg für ihre enormen Fähigkeiten, die sie das ganze Jahr über in allen Bereichen gezeigt haben. Dazu gehört natürlich auch das Können, die Reifen richtig einzusetzen und Strategien zu entwickeln, mit denen sie am Ende vorn lagen", sagt Hembery, während Red Bull betont, dass alles genau so geplant war.

"Wir hatten von Anfang an vorgesehen, Sebastian schon nach zwei Runden hereinzuholen", meint Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Sebastian wusste, dass es ein schneller Stopp werden würde, er aber trotzdem im hinteren Bereich des Feldes auf die Strecke zurückkommen würde. Also musste er möglichst schnell überholen und die Lücke zum Führenden bei unter 22 Sekunden belassen."

Lotus macht's falsch und macht's richtig

Das hat Vettel geschafft. Sehr zur Freude seines Teamchefs: "Wie er das umgesetzt hat, war einfach phänomenal. Er hat ja sogar im Verkehr auf den Führenden aufgeholt", erklärt Horner. Bei Räikkönen ging der Reifenpoker hingegen nicht auf: Am Ende brachen die Pneus und damit auch das Tempo des Finnen massiv ein. Was Lotus-Teamchef Eric Boullier aber im Nachhinein zu rechtfertigen versucht.

"Wenn du noch zehn Runden zu fahren hast, weißt du nie, wie sehr deine Reifen nachlassen", meint er. Boullier weiter: "Wenn du pro Runde nur eine Sekunde verlierst, bleibst du natürlich auf der Strecke. Natürlich verlierst du so auch Positionen, aber ein Boxenstopp kostet dich gleich mal 20 Sekunden." Und deshalb habe man es riskiert, obwohl die Reifen schon im Uralt-Zustand waren.


Fotos: Großer Preis von Indien


Ein Risiko ganz anderer Art ging Lotus übrigens mit Romain Grosjean ein. Doch eben dieses machte sich bezahlt: Der Franzose war einer der wenigen Einstopper im Feld - eine Taktik, die am Samstag noch als "unmöglich" eingestuft wurde. Für Grosjean ging sie auf. "Es war die einzige Möglichkeit, ihn weit nach vorn zu bringen", meint Boullier. "Wir wussten, die Top 5 waren drin." Und es wurde Platz drei.