• 24.03.2013 14:35

  • von Felix Matthey & Dieter Rencken

Pirelli betrachtet Reifenkritik als ungerechtfertigt

Nach dem Saisonauftakt in Melbourne wurde Pirelli für seine Reifenangebot kritisiert, was Motorsport-Direktor Paul Hembery nicht nachvollziehen kann

(Motorsport-Total.com) - In der letzten Saison gestaltete sich die Reifensituation in der Formel 1 vor allem zu Beginn extrem chaotisch. Die Lebensdauer der Pirelli-Gummis war praktisch nicht vorherzusehen, da sie sehr sensibel auf kleinste Veränderungen reagierten und von den verschiedenen Formel-1-Autos unterschiedlich stark beansprucht wurden. Hersteller Pirelli sah sich in der Folge gezwungen, deutlich härtere Mischungen zu liefern, die das Bild anschließend immer stärker umdrehten: Die Reifen waren nun so haltbar, dass viele Teams nur noch einen Boxenstopp einlegen mussten und die Spannung der Rennen verflachte.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Pirelli wird laut Paul Hembery nicht in Aktionismus verfallen Zoom

Aufgrund dessen wurden die Reifen für 2013 neu konzipiert: Die Auflagefläche wurde vergrößert, der Reifen insgesamt schwerer. Zudem stattete Pirelli beim Saisonstart in Melbourne die Rennställe mit superweichen Reifen aus, die manche Fahrer wie Adrian Sutil, die bei den Winter-Testfahrten nicht genügend Zeit hatten um den richtigen Umgang mit den Pirellis zu erlernen, in die Bredouille brachten.

Die Folge: Einige Teams kritisierten Pirelli, Reifen mit einer zu geringen Lebensdauer anzuliefern. Der alleinige Reifenaustatter der Königsklasse kann diese Kritik nicht ganz nachvollziehen: "Wir fanden einige Kommentare nicht ganz gerechtfertigt, vor allem was die Leistung der Reifen angeht", sagt Motorsport-Direktor Paul Hembery und weist darauf hin, dass man angesichts der starken Leistung von Sepang-Sieger Sebastian Vettel mit den italienischen Gummis durchaus konkurrenzfähig fahren kann: "Das heutige Ergebnis hat gezeigt, dass Red Bull ganz offensichtlich ein sehr schnelles und konkurrenzfähiges Auto hat, das mit den Reifen sehr gut funktioniert."

Lebensdauer der Reifen war nicht kritikwürdig

Romain Grosjean

Lotus schonte die Reifen in Malaysia wieder am besten Zoom

Der Verschleiß stellte laut Hembery in Malaysia kein ernsthaftes Problem dar, vor allem wenn man bedenkt, dass einige Piloten nur zwei Reifenstopps unter trockenen Bedingungen einlegen mussten. Zu Beginn war der Sepang Circuit noch sehr nass gewesen, weshalb die Piloten die ersten fünf bis sieben Runden auf Intermediates in Angriff nahmen. Anschließend wechselte der Großteil auf die mittelharte Mischung. Gegen Rennende bevorzugte die Mehrheit die harte Prime-Variante.

Vettel spulte mit der mittleren Mischung, die durch einen weißen Pirelli-Schriftzug auf den Flanken der Reifen als solche gekennzeichnet ist, im ersten Rennabschnitt 18 Runden ab, Ferrari-Pilot Felipe Massa kam sogar auf 22 Umläufe. Die Lotus-Fahrer Romain Grosjean und Kimi Räikkönen, die im Volksmund bereits als "Reifenflüsterer" beschrieben wurden, gingen in der Spitzengruppe mal wieder am reifenschonendsten zu Werke: "Sie mussten im Trockenen sogar nur zwei Mal Reifen wechseln", stellt Hembery heraus. Bis auf Jean-Eric Vergne stoppten alle Piloten in den Top-Ten im Trockenen drei Mal.

Pirelli will die ersten vier Rennen abwarten

Seit ihrer Rückkehr in die Formel 1 im Jahr 2011 verfolgte Pirelli stets die Einstellung, erst ein paar Saisonläufe abzuwarten, ehe man neue Mischungen an die Teams lieferte. Dieser Devise möchte man trotz harscher Kritik von mancher Seite auch in dieser Saison treu bleiben und nicht in Aktionismus verfallen. Vor allem weil die Bedingungen bei den ersten Grands Prix des Jahres in der Regel zwischen kühl und feucht sowie heiß und trocken variieren.


Fotos: Großer Preis von Malaysia, Sonntag


Hembery: "Es sind erst zwei Rennen gefahren und wir müssen uns die Situation nach Bahrain richtig anschauen und sie genau analysieren. Das machen wir jedes Jahr so: Erst die ersten vier Rennen abwarten, bei denen die Bedingungen ganz unterschiedlich sind, um dann zu sehen, was man verändern kann."

Hembery: "Teams müssen mit Kompromissen leben"

Als alleiniger Reifenlieferant der Formel 1 sieht sich Pirelli bei jedem Grand Prix der Herausforderung gegenüber, es möglichst allen der elf Kunden Recht zu machen. Das ist jedoch nur bedingt möglich. "Man kann es nicht jedem Team Recht machen, sondern muss einen Kompromiss finden, mit dem alle Teams leben können", weist Hembery auf die andauernde Problematik hin.

Allerdings gäbe es auch Situationen "in denen wir als Reifenhersteller umdenken müssen". Beeinflussen oder gar unter Druck setzen lassen will sich Pirelli bei seinen Entscheidung und bei seiner Entwicklung nicht: "Wir behalten uns deshalb das Recht vor, mit Änderungen noch abzuwarten", sagt Hembery entspannt.