• 11.11.2011 09:10

Pirelli: Abu Dhabi als Testgelände

Reifenhersteller Pirelli erklärt die Tücken der Strecke in Abu Dhabi und schildert, wie ein neuer Formel-1-Pneu entwickelt wird

(Motorsport-Total.com) - Das vorletzte Rennen der diesjährigen Formel-1-Weltmeisterschaft auf dem Yas-Marina-Circuit bietet den Reifen seine ganz eigenen Herausforderungen. Die 55 Runden (insgesamt 305,355 Kilometer) starten bei Sonnenuntergang und enden bei Nacht. Dadurch werden die Temperaturen erst sinken und sich dann stabilisieren. Das beeinflusst die Leistung der Reifen. Geschwindigkeit, Verschleiß und Abrieb werden zum Ende des Rennens anders sein als beim Start.

Titel-Bild zur News: Pirelli-Reifen

In Abu Dhabi werden wieder neue Reifen für die kommende Saison getestet

Die erste Kurve ist der Anfang einer schnellen Sequenz von Wendungen. Das Auto ist seitlichen Beschleunigungskräften von vier g ausgesetzt. Die äußeren Reifen müssen Grip und bestmögliche Straßenhaftung bei Geschwindigkeiten von 250 km/h garantieren. Auf der längsten Geraden der Runde wird die Reifenstruktur stark belastet. Denn hier werden für rund 15 Sekunden bei Vollgas Höchstgeschwindigkeiten erreicht. Der aerodynamische Abtrieb generiert Belastungen von 800 Kilogramm, die komplett durch den Reifen absorbiert werden. Der muss aber gleichzeitig alle Unebenheiten des Asphalts ausgleichen.

In Kurve elf bremsen die Autos innerhalb von 110 Metern von 300 km/h auf 90 km/h. Dabei wirken Kräfte von fünf g. Danach fahren die Piloten eine langsame Folge von S-Kurven, die mit maximaler Präzision passiert werden müssen. Der letzte Abschnitt der Runde verlangt eine optimale Balance vom Auto. Eine Abfolge von Kurven erhitzt nach und nach die Lauffläche. Die Reifentemperatur kann 130 Grad erreichen. Dennoch ist es enorm wichtig, dass die Pneus auch bei diesen Belastungen den bestmöglichen Grip, Haltbarkeit und Kontrolle gewährleisten.

Prototypen von Reifen werden getestet

Erneut wird der Kurs in Abu Dhabi ein wichtiges Testgelände für Pirelli. Hier kommen die neuesten Reifenentwicklungen des italienischen Konzerns zum Einsatz: Genauso wie vergangenes Jahr, als die P-Zero-Reifen das erste Mal an einem ehemaligen Formel 1-Auto zu sehen waren. Während der Saison hat Pirelli zehn Tage privater Tests mit Lucas di Grassi und dem Toyota TF109 absolviert. Das Fahrzeug wurde entsprechend neuester technischer und aerodynamischer Regeln modifiziert.

Die Tests fanden auf vier Strecken statt - Istanbul, Barcelona, Jerez de la Frontera und Monza. Pro Tag wurden durchschnittlich 700 Kilometer gefahren. Die endgültigen Ergebnisse dieser Arbeit werden am Freitag beim Young-Driver-Test zu sehen sein. Bei den Tests lag der Schwerpunkt darauf, die Feinabstimmung der neuesten P-Zero-Entwicklungen mittels einer Kombination aus Computersimulation, Feedback der Fahrer und Datenanalysen zu definieren. Diese Pneus werden nächstes Jahr genutzt.

¿pbvin|512|4228||0|1pb¿Ein neuer Reifen wird erst virtuell simuliert. Dabei nutzt das Forschungs- und Entwicklungszentrum in Mailand computergestützte mathematische Modelle. Anschließend wird in der Pirelli-Fabrik im türkischen Izmit eine Reihe maßgeschneiderter Prototypen produziert. Bevor diese Reifen ans Auto kommen, werden sie in Mailand einigen maschinellen Tests unterzogen, die die Pneus an ihr Limit jenseits der normalen Parameter bringen. Erst danach kommen sie auf die Strecke.

Während eines Reifentests probiert der Fahrer jeden neuen Reifen einige Runden aus. Aber zwischendurch wechselt er regelmäßig auf einen Referenzreifen. In diesem Fall die existierenden Mischungen, die dieses Jahr gefahren wurden. Das bedeutet, die Pirelli-Ingenieure haben eine gute Basis, mit der sie arbeiten können. Und sie können erkennen, ob die Leistung von irgendeinem anderen Faktor als den neuen Reifen, den sie testen, beeinflusst wird.

Fahrer gibt Eindrücke weiter

Zusätzlich zu den reinen Daten wie Temperatur, Belastung und Rundenzeiten, die während eines Reifentests gesammelt werden, teilt der Fahrer seine subjektiven Eindrücke der Reifen mit. Dabei zählen Aufwärmzeit, Fahrverhalten und Präzision beim Handling. Meistens werden die Eindrücke des Fahrers durch die Daten bestätigt. Und oft hat er eine Idee, wie der Reifen weiter verbessert werden kann.


Fotos: Großer Preis von Abu Dhabi


Mit Hilfe der erzielten Ergebnisse können die Ingenieure die Mischungen und die Struktur anpassen, um die gewünschten Veränderungen zu erreichen. Der neue Prototyp wird schließlich wieder getestet. Da nur zehn Tage offizieller Tests vor Beginn der Saison 2012 erlaubt sind, ist die Arbeit von di Grassi und dem Testteam extrem wichtig.

"Das Entwicklungstempo in der Formel 1 ist phänomenal", sagt Pirelli-Sportchef Paul Hembery, "und daher brauchten die Teams auch nicht sehr lange, um unsere Reifen komplett zu verstehen und das Beste aus ihrem Potenzial zu machen. Daher müssen wir uns immer wieder neu erfinden, um uns weiterzuentwickeln. Die Reifen für das nächste Jahr bieten noch mehr Leistung und stehen für den nächsten Schritt. Die Rückmeldungen und die Informationen, die wir während des Wochenendes in Abu Dhabi erhalten, werden wichtig sein, da wir unsere Kollektion der P-Zero-Reifen für 2012 weiterentwickeln."