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Offener Brief: FIA-Präsident Ben Sulayem schlägt wegen Online-Missbrauch Alarm

FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem schlägt Alarm: "Wenn das so weitergeht, wird es unseren Sport zerstören", schreibt in einem offenen Brief über den Hass im Netz

(Motorsport-Total.com) - Spätestens seit dem umstrittenen Saisonfinale in Abu Dhabi 2021 hat die Spaltung der Fanlager in der Formel 1 beunruhigende Ausmaße erreicht. Es wird sich gegenseitig beschimpft. Mitarbeiter werden verspottet und bedroht. Jedes Rennwochenende werden die Social-Media-Kanäle von Hasskommentaren geflutet.

Titel-Bild zur News: Mohammed Ben Sulayem

Mohammed Ben Sulayem sieht den Sport durch den anhaltenden Online-Hass bedroht Zoom

Um dem zu begegnen, hat die Formel 1 bereits vor einigen Monaten eine Kampagne namens "Drive It Out" ins Leben gerufen. Mit Unterstützung der FIA und aller zehn Teams will man den Missbrauch durch Fans, ob online oder an der Strecke, bekämpfen.

Wie ernst die Lage ist, zeigt ein offener Brief von FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem, mit dem er sich an diesem Dienstag an die Öffentlichkeit gewendet hat. Darin warnt der 60-Jährige vor den Auswirkungen der "anhaltenden Toxizität" auf den Sport und seine Mitarbeiter und kündigt weitere Gegenmaßnahmen an.

Der komplette Brief von Ben Sulayem im Wortlaut:

"Wir müssen uns gemeinsam gegen Online-Missbrauch wehren
von FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem

Online-Missbrauch ist zu einer Plage für unseren Sport geworden. Das Ausmaß der anhaltenden Toxizität hat einen Krisenpunkt erreicht. Es ist an der Zeit, dass wir uns alle zusammenschließen - und handeln.

Kürzlich wurde eine der FIA-Kommissars, Silvia Bellot, mit dem Tod bedroht. Es ist äußerst bedauerlich, dass eine ehrenamtliche Mitarbeiterin wie Silvia oder einer unserer Sportwarte und Offiziellen, die ihre Zeit ehrenamtlich zur Verfügung stellen, damit wir Rennen fahren können, Gegenstand eines solchen Hasses ist.

In der Tat wurden in den vergangenen Jahren auch einige FIA-Mitarbeiter Zielscheibe von Belästigungen und Hasspostings.

Es ist völlig inakzeptabel, dass unsere Freiwilligen, Offiziellen und Angestellten diesem extremen Missbrauch ausgesetzt sind. Das hat in unserem Sport keinen Platz. Es hat verheerende Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit und die unserer Angehörigen.

Ich werde mich immer für meine Mitarbeiter und Freiwilligen einsetzen. Und lassen Sie es mich klar sagen: Ohne diese Menschen gäbe es keine Rennen. Wir müssen uns fragen, wer in einem solchen Umfeld noch Spitzenfunktionär werden will. Die Realität ist offensichtlich - wenn das so weitergeht, wird das unseren Sport zerstören.

Als Schiedsrichter und als Präsident erwartet man natürlich, dass die Leute mit den Entscheidungen, die man trifft, nicht einverstanden ist. Aber man sollte erwarten, dass diese Meinungen und Kommentare respektvoll sind. Dies ist immer seltener der Fall.

FIA-Offizielle

Auch die Offiziellen an der Strecke werden immer öfter Opfer von Attacken Zoom

Nur durch einen kooperativen Ansatz werden wir bei der Bekämpfung dieser Geißel unseres Sports einen gewissen Erfolg erzielen.

Wir haben diesen Prozess bereits mit den folgenden Maßnahmen eingeleitet:

Wir sind in einen Dialog mit den Social-Media-Plattformen getreten, damit sie ihren Teil dazu beitragen, und wir beginnen, mit Regierungen und anderen Sportverbänden zu arbeiten, um uns zu vernetzen und für gemeinsame Maßnahmen stark zu machen.

Wir geben mit Hilfe der FIA-Universität Forschungsarbeiten über digitalen Hass und toxische Kommentare im Sport in Auftrag. Dadurch wird eine Plattform für Wissensaustausch, Aufklärung und Prävention geschaffen.

Wir sind eine Partnerschaft mit Arwen.ai eingegangen, um deren KI-Software zu nutzen, um missbräuchliche Inhalte auf unseren eigenen Kanälen zu erkennen und zu beseitigen.

In den kommenden Monaten werden wir eine konzertierte Kampagne starten, indem wir die Macht und Reichweite unseres gesamten Verbandes nutzen, dem 244 Automobil- und Sportorganisationen in 146 Ländern auf fünf Kontinenten angehören.

Diese Kampagne wird auf der gemeinsamen Arbeit der FIA und der Formel 1 im Rahmen der "Drive It Out"-Initiative aufbauen.

Ich werde beim Grand Prix von Abu Dhabi Ende dieses Monats mehr darüber sprechen.

Im Sport kochen die Emotionen hoch, aber Online-Belästigung, Missbrauch und Hassreden dürfen nicht toleriert werden.

Jeder in unserem Sport, ob Medien, Teams, Fahrer oder Fans, muss eine Rolle spielen. Wir können dies nicht ignorieren. Ich fordere das gesamte Ökosystem des Motorsports auf, Stellung zu beziehen.

Wir müssen das anprangern. Das muss aufhören."