Obwohl sie für ihn besser sind: Verstappen mag F1-Sprints nicht
Max Verstappen ist strikt dagegen, Lewis Hamilton dafür: Die immer häufiger ausgetragenen F1-Sprints sorgen weiterhin für Diskussionen in der Formel 1
(Motorsport-Total.com) - An der Einführung der F1-Sprints, von denen es 2022 nicht mehr wie bisher drei, sondern schon sechs geben wird, scheiden sich die Geister. Nicht nur unter Fans, wo alteingesessene Traditionalisten gegen die Netflix-Generation argumentieren, dass ein Rennen in der Formel 1 gefälligst nur am Sonntag stattzufinden hat; sondern auch unter den Fahrern besteht über das Thema keine Einigkeit.
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Max Verstappen kann mit den Medaillen für den Sprintsieger nichts anfangen Zoom
Einer, der sich ganz klar als Gegner der F1-Sprints positioniert, ist der zweimalige Weltmeister Max Verstappen: "Ich mag es nicht", sagt er. "Ich finde das alte Wochenendformat in Ordnung. Ich meine, mir ist es egal, nach einem Training direkt Qualifying zu fahren. Ich glaube, für mich ist das wahrscheinlich sogar besser. Aber dabei kommen einfach keine Emotionen auf."
Verstappen begründet: "Jedes Mal, wenn ich so einen Sprint fahre, denke ich nur dran, mir ja keinen Schaden einzufangen und unbedingt in den Top 3 zu bleiben. Das ist für mich aber kein Rennen, denn im Hauptrennen gibt es viel mehr Punkte, und da riskierst du dann auch mehr."
"Klar, es ist ein stehender Start mehr am Wochenende. Aber es kommen eh nur die nach vorn, die im Qualifying nicht auf ihrer normalen Position waren, weil alle einen Reifensatz aufziehen, der die komplette Distanz schafft. Da passiert dann nicht viel."
Verstappen: Drei von fünf Sprints gewonnen
Dabei hätte gerade Verstappen allen Grund dazu, die 2021 eingeführten F1-Sprints zu lieben. Er hat drei der bisherigen fünf Sprintrennen gewonnen. Nur in Monza und Sao Paulo 2021 triumphierte Valtteri Bottas, damals noch auf Mercedes unterwegs. In Sao Paulo steht am 12. November auch der nächste F1-Sprint bevor. (Alles Wissenswerte über F1-Sprints: Hier klicken!)
Laut Verstappen entwertet ein solcher nicht nur den Grand Prix am Sonntag, sondern auch die Poleposition im Qualifying: "Okay, du stehst auf Pole - aber eigentlich ist es der Sprint, den du überleben musst. Da kommt einfach weniger bei rüber. Und die Siegerehrung finde ich auch verwirrend. Nett, kriegst du eine Medaille. Ich weiß nie, was ich damit tun soll, um ehrlich zu sein."
Hamilton: "Mag das Format, weil es anders ist"
Ganz anderer Meinung als Verstappen ist Lewis Hamilton: "Ich mag das Format, weil es anders ist", gibt der siebenmalige Champion zu. "Besonders der Freitag gefällt mir. Freitag bis Sonntag waren für ich weiß nicht wie viele Jahre immer das Gleiche. Ich bin also nicht dagegen. Solange die Formel 1 sich gut überlegt, wo die Sprints stattfinden."
Denn: "Durch den Sprint ergeben sich mehr Möglichkeiten, auch wenn die Rennen nicht immer die besten sind. Manchmal wird nicht überholt. Wir sollten aus den Sprints lernen, in denen nicht überholt wurde, und sie nur noch auf Strecken wie Brasilien veranstalten, wo es gute Überholmöglichkeiten gibt. Oder Baku. Das sind die besten Strecken."
"Ich glaube, dass wir das sehr sorgfältig auswählen müssen. Lasst uns die Saison anschauen, feststellen, wo am meisten überholt wird, und da fahren wir dann die Sprintrennen", schlägt Hamilton vor. "Zum Beispiel wäre es komplett lächerlich, ein Sprintrennen in Monaco zu fahren. Mir gefällt, dass wir etwas Neues ausprobieren. Aber für Monaco brauchen wir eine andere Lösung."
"Dort würdest du nur die ganze Zeit hinter dem Führenden herfahren, das ganze Rennen", befürchtet der Mercedes-Pilot. "Aber vielleicht fällt uns für die Rennen, bei denen es keine Überholmöglichkeiten gibt, was anderes ein? Ich weiß auch nicht. Ich bin mir aber sicher, dass es den Fans gefällt. Und ich glaube, uns kann noch mehr Neues einfallen."
Hamilton fordert: Bitte nicht mehr Tage!
Doch wenn sich die Formel 1 auf neue Experimente einlassen sollte, dann ist für Hamilton wichtig: "Bitte nicht mehr Tage an den Rennwochenenden! Es hätte ja schon dieses Jahr auf drei Tage pro Wochenende verkürzt werden sollen, aber dann haben sie das Format wieder auf vier Tage geändert. Darüber war ich alles andere als happy."
Zwar herrscht (sowohl an normalen als auch an Sprintwochenenden) weiterhin nur am Freitag, Samstag und Sonntag aktiver Fahrbetrieb, doch das Programm mit FIA-Pressekonferenzen und anderen Medienterminen wurde wieder auf den Donnerstag erweitert, nachdem der ursprüngliche Zeitplan mit nur drei Tagen Kritik auf sich gezogen hatte.
Was die schreibenden Medien kritisieren
Aus Sicht der schreibenden Medien sind F1-Sprints ein unnötiges Übel. Nach dem Qualifying am Freitag gibt es zum Beispiel kaum Interviewrunden, aus denen man interessante Storys zum Lesen ziehen könnte, und nach dem Sprintrennen am Samstag, dem ersten großen Highlight, bleibt kaum Zeit, den F1-Sprint ordentlich zu analysieren, weil am Sonntag schon das Rennen steigt.
Viele Fans freilich, insbesondere jene, die vor Ort live dabei sind, sehen das ganz anders. War der Freitag bisher eher langweilig, so ist jetzt mit dem Qualifying schon einmal Action angesagt, und durch die späten Startzeiten besteht die Möglichkeit, auch nach der Arbeit noch an die Rennstrecke zu fahren und sich auf die Tribüne zu setzen.
Den Erfolg der F1-Sprints für die Formel 1 bestätigen auch sämtliche Reichweitendaten. Weshalb nicht davon auszugehen ist, dass das Experiment abgedreht wird. Ganz im Gegenteil: Von 2022 auf 2023 wird die Zahl der F1-Sprints verdoppelt, und bei sechs wird wohl noch nicht das Maximum erreicht sein. Die Motorrad-WM fährt 2023 an jedem Wochenende einen Sprint.
Formel 1: Mehr Sprints bedeuten mehr Geld
"Ich finde es gut, dass auch die MotoGP die Möglichkeit nutzt, anders an das Wochenende heranzugehen", sagt Formel-1-CEO Stefano Domenicali. Er hat nicht vor, trotz der Kritik aus manchen Ecken, von seinem Masterplan für mehr F1-Sprints abzuweichen: "Wenn man etwas anders macht, dann ist immer ein Teil der Leute dafür und ein Teil dagegen. Das sind normale Diskussionen."
Die Motivation der Formel 1 hinter den F1-Sprints ist auch klar: Durch das neue Format werden der Freitag und Samstag mit zusätzlichen sportlichen Entscheidungen aufgewertet. Dadurch können Promoter mehr Tickets verkaufen und TV-Sender höhere Reichweiten erreichen - und die Formel 1 höhere Grand-Prix-Gebühren verlangen und die Fernsehrechte teurer verkaufen.
Den Kritikern hält Domenicali entgegen: "Das Freie Training ist für die Fahrer und für die Ingenieure sehr interessant, aber im Sport muss es um irgendetwas gehen. Ich wäre dafür, ein Training am Freitagmorgen zu haben, und dann muss es jedes Mal, wenn wir auf die Strecke gehen, um etwas gehen. Denn dann passiert etwas. Das Rennen am Sonntag muss dabei das Wichtigste bleiben."
Toto Wolff: "Hin- und hergerissen"
"Hin- und hergerissen" ist beim Thema F1-Sprint Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Er sagt: "Manche Sprints sind gut, manche sind schlecht. In der Realität neige ich aber dazu, das zu tun, was Stefano sagt, und sein Vorhaben zu unterstützen. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob es wirklich mehr Belastung ist. Die Ablaufmuster sind einfach andere."
Wolff erklärt: "Ich wache am Freitag auf und weiß nicht, welche Session gleich beginnt und wann. Ich frage mich, wie es da den Mechanikern und Ingenieuren geht, die immer genau wissen müssen, wann was passiert und wann welche Fristen gelten. Der Parc ferme beginnt am Freitag, und wir haben uns drauf verständigt, nur ein Training zu fahren. Das ist sicher mehr Arbeit als sonst."
Für 2022 werden schon Ideen diskutiert, wie man Kritikpunkte entschärfen könnte. Einer davon lautet, dass die F1-Sprints meistens langweilig sind, weil keiner einen Ausfall riskieren möchte, um nicht in der Startaufstellung beim Grand Prix am Sonntag, wo es volle Punkte gibt, ganz hinten zu stehen.
Schon bald zwei Qualifyings pro Wochenende?
Dem könnte man gegensteuern, indem zwei Qualifyings gefahren werden: eins am Freitagnachmittag, in dem die Startaufstellung für den F1-Sprint festgelegt wird, und ein zweites am Samstagmorgen, um die Startaufstellung für den Grand Prix am Sonntag zu ermitteln.
"Aber dann", wirft Verstappen ein, "musst du wieder über die Laufleistung der Motoren nachdenken. Es gibt viele Faktoren, die da zu bedenken sind. Nächstes Jahr fahren wir sechs Sprints. Ich bin schon gespannt, wie die bei allen ankommen."
"Wir sollten es einfach beim Hauptrennen belassen", sagt der Red-Bull-Fahrer. "Ich verstehe nicht, was damit das Problem ist. Wir brauchen nicht ein Drittel einer Renndistanz extra. Fahren eh alle so vorsichtig, dass sie nur ja nicht im Kampf um Platz 3 eine Berührung haben und auf den letzten Platz zurückfallen. Du riskierst da nichts. Und das ist dann kein echtes Rennen."
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