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Nur P7: Ralf Schumacher erkennt "Altersstarrsinn" bei Lewis Hamilton
Der frühere Formel-1-Fahrer Ralf Schumacher hat eine Vermutung, weshalb sich Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton schwerer tut als Teamkollege George Russell
(Motorsport-Total.com) - George Russell hat den Mercedes W15 beim Sprintqualifying zum Katar-Grand-Prix 2024 als Zweiter in die erste Startreihe gestellt, geschlagen nur von McLaren-Fahrer Lando Norris. Lewis Hamilton im anderen Mercedes aber landete ganze vier Zehntelsekunden dahinter und nur auf dem siebten Platz. Und der frühere Formel-1-Fahrer Ralf Schumacher hat eine These, weshalb das so ist.
© Motorsport Images
Lewis Hamilton kommt ins Formel-1-Fahrerlager in Katar 2024 Zoom
Im Gespräch mit Sky meint Schumacher, bei Hamilton "definitiv" ein nicht optimales Set-up erkannt zu haben. "Es ist ein paar Mal aufgefallen: Er hatte immer einen kleinen Haken drin, wenn es darum ging."
Vielleicht, weil Hamilton dem Auto zu sehr seinen Willen aufzwingen wollte? "Ich sage es mal so: Ich habe es bei mir selbst immer Altersstarrsinn genannt", meint Schumacher, der in seinem letzten Formel-1-Jahr 2007 32 Jahre alt gewesen ist. Hamilton ist jetzt 39 Jahre alt.
Schumacher erklärt: "Wenn man viel Erfahrung hat, viel gefahren ist. Er hat natürlich unheimlich viele Erfolge eingefahren. Aber dann hat man so einen bestimmten Sweet-Spot, so eine bestimmte Vorstellung von einem Auto, wie es zu funktionieren hat. Dann versucht man das Auto darauf einzustellen, aber nicht den Fahrstil."
Einem jüngeren Fahrer falle es leichter, sich auf das Fahrzeug einzulassen. Ein jüngerer Fahrer "hört zu beim Ingenieur", sagt Schumacher, und ein jüngerer Fahrer nehme auch Tipps an. "Das gelingt dir im Alter eigentlich etwas weniger."
Was Toto Wolff zur Hamilton-Form sagt
Dass die Abstimmung des W15 zumindest zum Teil verantwortlich war für Hamiltons großen Rückstand auf Russell, das bestätigt Mercedes-Teamchef Toto Wolff auf Nachfrage bei Sky, wenn er sagt: "Es war eine Set-up-Geschichte, und Reifentemperatur. Es war aber auch etwas unglücklich mit dem Verkehr."
Entscheidend auf die eine schnelle Runde im Qualifying sei, "die erste Runde vor der schnellen Runde auf den Punkt zu bringen" und die Reifentemperatur optimal zu treffen, erklärt Wolff. "Da ist [Hamilton] nicht immer richtig gelegen."
Schumacher wirft ein: "Man kann sagen, es war nur das Set-up. Oder man kann sagen: Wenn es um das letzte Zehntelchen geht, ist irgendwann die Jahreszahl der Geburt ein Thema. Die heutige Formel 1 ist anders. Wir sind damals ja Sprints gefahren. Heute ist ja doch viel mehr Erfahrung dabei, oder?"
Wolff: "Ich glaube, dass es das nicht ist, ganz ehrlich. Lewis trainiert anders, er bereitet sich anders vor. Er hat ein völlig neues Umfeld, was Physio betrifft. Ich sehe da keine Defizite."
"Es ist einfach so: Diese Autos sind anders zu fahren. Ich glaube auch, dass es für Lewis nicht intuitiv ist. Er bremst spät, er lässt das Auto mit richtig Speed in die Kurve reinlaufen. Und das erzeugt das Untersteuern. Das heißt, er muss anders fahren als er das möchte."
Nur Russell glänzt für Mercedes
Und bei Russell im Schwesterauto wiederum lief es gut. Oder wie es Wolff formuliert: "Erfreulich." Denn Russell war im Sprintqualifying "immer bei den Schnellsten mit dabei" und schaffte es mit 0,063 Sekunden Rückstand auf Platz zwei hinter Norris.
Aber: Auch Russell war nicht gut ins Rennwochenende gestartet, weil Mercedes im 1. Freien Training "nicht aussortiert" gewesen ist, so erklärt es Wolff. "Wir waren eine Sekunde hinten und hatten einfach den Reifen nie im richtigen Fenster. Wir hatten auch ein falsches Set-up. Zwischen den beiden Sessions wurden aber gute Entscheidungen getroffen." Und auf einmal war Russell vorne dabei.
Russells mysteriöser "Moment" in Q3
"Das Auto war wirklich gut", sagt der Mercedes-Fahrer anerkennend im Sky-Gespräch. "Und wenn man hier mal in den Rhythmus kommt, dann ist diese Strecke eine der besten. Die Strecke ist so schnell. Ich bin erstmals voll gefahren in den schnellen Ecken, ganz zum Schluss bei meiner letzten Runde in Q3."
© Motorsport Images
George Russell im Mercedes W15 im Sprintqualifying in Katar 2024 Zoom
Doch diese harte Gangart hatte ihren Preis: Laut Russell hat sein hoher Kurvenspeed "den Antrieb ein bisschen durcheinandergebracht". Er erklärt: "Ich weiß nicht, wie viel ich verloren habe, aber ich hatte einen großen 'Recharge' am Kurvenausgang, nachdem ich Vollgas durchgefahren war."
Näher erläutert Russell sein Missgeschick nicht, sondern ergänzt nur: "Das führt für dieses Interview technisch jetzt ein bisschen zu weit in die Weite. Aber es war ein bisschen ärgerlich, weil ich die Runde eben hingekriegt hatte, und am Kurvenausgang verlor ich es wieder."
Was da wohl passiert ist: Durch Russells schnelleres Fahren hat die Mercedes-Technik eine Kurve "übersehen" und beim Herausbeschleunigen nicht die zusätzliche Energie freigegeben, die unter normalen Umständen verfügbar gewesen wäre. Der Antrieb "dachte", er befinde sich noch immer auf der vorherigen Geraden - und lud die Batterie auf statt Leistung abzugeben.
Was die Daten dazu sagen
In der Datenanalyse von F1 Tempo ist die Szene jedenfalls gut zu erkennen: Der Vergleich der beiden schnellsten Russell-Runden (1:21.286 vs. 1:21.075 Minuten) deutet auf Kurve 14 hin. Dort fährt Russell in seinem letzten Versuch um bis zu neun km/h schneller durch - aber nicht mit Vollgas, sondern mit leichtem Lupfen. Beim Herausbeschleunigen fehlen dann acht km/h. Erst bei Kurve 15 gleichen sich die Geschwindigkeitslinien wieder an.
Was sonst noch passiert ist: Russell ist bei seinem "Vollgas"-Versuch komplett im achten Gang geblieben, wo er bis dahin noch in den siebten Gang heruntergeschaltet hatte. Und im Gegensatz zu einer "normalen" Runde fiel die Drehzahl von knapp 11.000 Umdrehungen pro Minute auf nur gut 9.500 U/min herab. Zeitverlust: etwa vier Hundertstelsekunden. Das allein ergibt also nicht den Unterschied zu P1.
Lob für Russell von Teamchef Wolff
Teamchef Wolff attestiert Russell dennoch eine "sehr gute" Leistung, vor allem, wenn man bedenke, dass McLaren-Fahrer Norris "bärenstark" aufgetreten sei. "George war voll da", meint Wolff. "Und bei Lewis sehen wir: Er hat einfach so viel Untersteuern im Auto. Das müssen wir versuchen, für den Samstag besser zu machen."
Hamilton selbst äußert sich übrigens nur beiläufig zum Sprintqualifying. Es sei "nicht besonders toll" für ihn gelaufen. "Wie in jedem anderen Qualifying", so fügt er hinzu. "Ich bin einfach immer langsam, jedes Wochenende. Aber ja, das Auto fühlte sich relativ ordentlich an. Es gab keine Probleme. Sehr viel mehr habe ich nicht zu sagen."
Er gehe angesichts der Russell-Form davon aus, dass dieser ein "starkes Rennen" fahren könne. Für ihn persönlich werde es darum gehen, "weiter nach vorne zu gelangen", sagt Hamilton. Nachsatz: "Leider wird es von meinem Startplatz aus schwierig, um den Sieg zu kämpfen, wenn nicht gar unmöglich. Aber wir werden sehen. Das Positive ist, dass das Auto schnell ist. Aber ich bin nicht mehr schnell."
Russell will den Sieg im Sprint
Russell aber peilt den Sieg an: "McLaren kämpft um die WM, aber wir haben nichts zu verlieren. Wir wollen das ganz große Ergebnis einfahren. Wir werden also versuchen, einen guten Start hinzulegen."
Das ist ganz im Sinne von Wolff, der ergänzt: "Ich glaube, es geht darum, die Führung zu übernehmen. Wir haben nicht viel zu verlieren. George kann also dynamisch auftreten. Und die Rennpace sieht gut aus. Aber gerade über den Longrun sind die Autos so eng beisammen. Ich schätze, Überholen wird ziemlich schwierig."
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