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Noten Baku: Marc Surer sieht Schuld auch bei Ricciardo

Marc Surers Senf zum Grand Prix von Aserbaidschan: Wer an der Red-Bull-Kollision wie viel Schuld trägt und warum er mit Räikkönen hart ins Gericht geht

(Motorsport-Total.com) - Die Kollision der beiden Red-Bull-Piloten Max Verstappen und Daniel Ricciardo beschäftigt auch am Tag nach dem Grand Prix von Aserbaidschan Formel-1-Fans auf der ganzen Welt. Und so waren wir natürlich gespannt, wie sich das auf die Vergabe unserer traditionellen Noten am Montag nach einem Rennen auswirken würde.

Das Ergebnis ist: Verstappen war laut unserem Bewertungssystem mit drei Säulen (Leser, Experte, Redaktion) der schlechteste aller 20 Fahrer des vergangenen Wochenendes. Das entspricht natürlich nicht seinem Speed, aber reflektiert die Einschätzung der Schuldfrage in der Kollision.

Experte Marc Surer war da mit einer 4 für den 20-Jährigen noch relativ gnädig, sagt aber: "Er war der Aggressivere, seine Berührung erinnerte an Ungarn im vergangenen Jahr. Wann lernt er endlich dazu?" Gleichzeitig teilt er auch an Ricciardo eine 4 aus, denn: "Wie konnte er erwarten, dass Verstappen die Tür auflässt? Dann auch noch den Bremspunkt zu verpassen. Eine 4 bekommen die beiden nur wegen dem Unterhaltungswert."

Die Redaktion ist da schon kritischer und verteilt die einzige 6 des Wochenendes an Verstappen und eine 4 an Ricciardo. Weil wir der Auffassung sind, dass Verstappens Spurwechsel beim Bremsen schwerer wiegt als Ricciardos aggressive Attacke. Und weil wir finden, dass Verstappen mit seiner viel zu harten Gegenwehr in den Situationen davor Ricciardos Angriff regelrecht provoziert hat.

Eine Einschätzung, die von den Lesern offenbar mitgetragen wird. Sie lassen Ricciardo mit einer durchschnittlichen Note von 3,0 davonkommen, bewerten Verstappen mit 4,8 deutlich schlechter. Abgestimmt haben diesmal übrigens mehr als 300 User der Desktop-Version von Motorsport-Total.com.

Wie dem auch sei: Überlegener Gesamtsieger des Baku-Wochenendes ist Sauber-Rookie Charles Leclerc, der zum ersten Mal in den Top 10 unseres Fahrer-Rankings aufscheint - und dann gleich mit der sensationellen Gesamtnote 1,2! "Endlich hat er sein Talent gezeigt!", freut sich Surer über den Erfolg für seine Schweizer Landsleute.

"Ja, die Strecke liegt ihm", spielt er auf die Formel-2-Gala 2017 an, "aber das war eine perfekte Leistung!" Eine, die wir übrigens angekündigt hatten: Bereits in unserer Longrun-Analyse am Freitag wiesen wir darauf hin, dass Leclerc im Renntrimm zur großen Überraschung des Wochenendes werden könnte.

Die zweite 1 der Redaktion gibt's für Sergio Perez. Surer bleibt beim Mexikaner hart und gibt eine 2: "Vom Resultat her hätte er eine 1 verdient. Aber er hat in der Quali gegen Ocon verloren." Trotzdem geht sich für Perez mit Gesamtnote 1,6 der zweite Platz aus.

Noch vor Valtteri Bottas (Surer: "Seine schnellen Runden auf abgefahrenen Supersofts haben ihn in Führung gebracht") und Fernando Alonso ("Was für ein Kämpfer!"). Grand-Prix-Sieger Lewis Hamilton belegt in unserem Ranking nur P5. Surer analysiert: "Ein gutes Rennen. Endlich wieder schneller als Bottas."

Hamiltons einziger Fehler im Rennen war ein kleiner Moment der Unaufmerksamkeit, als er in Kurve 1 nach einem Verbremser in den Notausgang musste. Das kostete bei ihm kaum Zeit - bei Sebastian Vettel etwas später schon: "Im entscheidenden Moment den Bremspunkt zu verpassen, darf einem so erfahrenen Mann nicht passieren", findet Surer.

Für Vettel ergibt das Platz acht. Immer noch deutlich vor Teamkollege Kimi Räikkönen, der zwar das ganze Wochenende flott unterwegs war, aber viel zu viele Fehler gemacht hat: "Drei Fehler in der Quali", zählt Surer auf, und: "Die Kollision mit Ocon war zu 90 Prozent seine Schuld. Er war nicht mal halb daneben." Die gewohnt strenge Redaktion ließ sich daher auch zu einer 5 für den "Iceman" hinreißen.

Interessant finden wir an Surers Bewertungen noch seine Milde gegenüber Romain Grosjean. Das, was wir in der Redaktion als "Brain fade" mit einer 5 kritisieren (fast mit Hang zur 6), lässt der ehemalige Formel-1-Pilot mit einer 4 auf sich beruhen: "Ist auch schon anderen passiert", meint er.

Und auch bei Sergei Sirotkin gibt's eine leichte Abweichung zwischen der Redaktionsmeinung (die in der angehängten Fotostrecke für alle Fahrer nachzulesen ist) und Surer. Der Schweizer findet: "Von Stroll geschlagen zu werden, dann eine leichte Auffahrkollision, dann die Spur wechseln, wenn ein Auto neben dir ist ... Wenn kein Platz ist, muss man eben auch mal vom Gas gehen."

Vernichtend Surers Urteil über Stoffel Vandoorne: "Alonso ist selbst mit einem kaputten Auto besser!" Und trotzdem lässt der McLaren-Fahrer in unserem Ranking mit Hülkenberg und Verstappen zwei Hochkaräter hinter sich. Übrigens: In der Saison-Gesamtwertung hat Hülkenberg die Führung nach vier von 21 Rennen an Alonso abgegeben.

Die Idee hinter unserer Notenvergabe ist, die Leistungen an einem Wochenende und besonders im Rennen mit Noten zu bewerten (1 = Sehr gut, 6 = Ungenügend). Dabei sollen externe Einflüsse, die die Fahrer nicht selbst steuern können, möglichst ausgeblendet werden. Und damit nicht nur die Redaktion subjektiv bewertet, wie das bei Fußballmagazinen der Fall ist, haben wir mit den Lesern und dem Experten insgesamt drei gleichberechtigte Säulen geschaffen.

Das ultimative Fahrer-Ranking Aserbaidschan 2018:
01. Charles Leclerc, Note 1,2 (Leser 1,7 - Surer 1 - Redaktion 1)
02. Sergio Perez, Note 1,6 (Leser 1,9 - Surer 2 - Redaktion 1)
03. Valtteri Bottas, Note 2,0 (Leser 2,0 - Surer 2 - Redaktion 2)
04. Fernando Alonso, Note 2,1 (Leser 2,4 - Surer 2 - Redaktion 2)
05. Lewis Hamilton, Note 2,2 (Leser 2,7 - Surer 2 - Redaktion 2)
06. Carlos Sainz, Note 2,5 (Leser 2,4 - Surer 2 - Redaktion 3)
07. Lance Stroll, Note 2,7 (Leser 3,0 - Surer 2 - Redaktion 3)
08. Sebastian Vettel, Note 2,9 (Leser 2,7 - Surer 3 - Redaktion 3)
09. Pierre Gasly, Note 3,2 (Leser 3,5 - Surer 3 - Redaktion 3)
10. Esteban Ocon, Note 3,2 (Leser 3,8 - Surer 3 - Redaktion 3)
11. Brendon Hartley, Note 3,5 (Leser 3,4 - Surer 3 - Redaktion 4)
12. Kimi Räikkönen, Note 3,5 (Leser 2,5 - Surer 3 - Redaktion 5)
13. Kevin Magnussen, Note 3,6 (Leser 3,9 - Surer 3 - Redaktion 4)
14. Daniel Ricciardo, Note 3,7 (Leser 3,0 - Surer 4 - Redaktion 4)
15. Stoffel Vandoorne, Note 3,8 (Leser 3,5 - Surer 4 - Redaktion 4)
16. Marcus Ericsson, Note 4,0 (Leser 4,0 - Surer 4 - Redaktion 4)
17. Nico Hülkenberg, Note 4,0 (Leser 4,0 - Surer 4 - Redaktion 4)
18. Romain Grosjean, Note 4,6 (Leser 4,9 - Surer 4 - Redaktion 5)
19. Sergei Sirotkin, Note 4,7 (Leser 4,1 - Surer 6 - Redaktion 4)
20. Max Verstappen, Note 4,9 (Leser 4,8 - Surer 4 - Redaktion 6)

Und so berechnen wir:
Aus der durchschnittlichen Benotung der Motorsport-Total.com-User, der Benotung durch Experte Marc Surer und der Benotung durch unsere Redaktion ermitteln wir den Durchschnitt. Aus diesem Durchschnittswert ergibt sich unser Fahrer-Ranking. Wir bilden nur eine Kommastelle ab, für die Berechnung ziehen wir aber alle Kommastellen heran. Aus diesen teilweise nicht sichtbaren Kommastellen ergibt sich die Reihenfolge des Rankings zweier Fahrer bei vermeintlichem Benotungs-Gleichstand.

Der Fahrernoten-WM-Stand 2018:
01. Fernando Alonso (57)
02. Nico Hülkenberg (49)
03. Daniel Ricciardo (40)
04. Sebastian Vettel (40)
05. Kevin Magnussen (31)
06. Valtteri Bottas (30)
07. Lewis Hamilton (28)
08. Pierre Gasly (27)
09. Charles Leclerc (25)
10. Sergio Perez (21)
11. Kimi Räikkönen (16)
12. Marcus Ericsson (15)
13. Carlos Sainz (8)
14. Lance Stroll (6)
15. Esteban Ocon (6)
16. Romain Grosjean (4)
17. Stoffel Vandoorne (1)
18. Max Verstappen (0)
19. Brendon Hartley (0)
20. Sergei Sirotkin (0)

Dominik Sharaf und Sebastian Vettel

Fahrernoten-Gesamtsieger 2017: Sebastian Vettel bei der Übergabe Zoom

Der punktbeste Fahrer wird nach Saisonende mit einem Award für den Fahrer des Jahres 2018 ausgezeichnet.