Niki Lauda: Wie alles begann

Der dreifache Formel-1-Weltmeister Niki Lauda erzählt von Geldsorgen, den Verhandlungen mit Ferrari 1973 und dem March-Ford 721X

(Motorsport-Total.com) - In der modernen Formel 1 gibt es immer wieder Diskussionen über die "Paydriver", die sogenannten Bezahlfahrer im Feld. Ob Pastor Maldonado, der durch venezolanische Öl-Millionen einen Sitz zuerst bei Williams und nun bei Lotus bekam, oder aber auch Fernando Alonso, der dank spanischer Millionen der Bank Santander im Ferrari-Cockpit sitzt. Doch geht es nach Niki Lauda, der selbst in seinen Anfangsjahren Bezahlfahrer war, gibt es keinen Unterschied zu den wilden Siebzigerjahren.

Titel-Bild zur News: Niki Lauda

Niki Lauda blickt zurück auf die frühen Siebzigerjahre und seine Anfänge Zoom

"Heute ist es dasselbe wie in den Siebzigerjahren. Ich musste einen Sponsor mitbringen, um für meine Unerfahrenheit im ersten Jahr zu bezahlen, um Autos und Motoren zu zerstören", erzählt Lauda bei 'F1 Racing'. "Und ich hatte einen Sponsor im Gepäck, um zu March zu gehen, aber leider hat sich mein Großvater, der Vorstand einer Bank war, eingemischt und der Deal hat am Ende nicht stattgefunden."

Also musste der Österreicher wieder Geld auftreiben. "Die einzige Möglichkeit war, einen Kredit aufzunehmen. Also war ich auf der Suche nach einem Kredit, um diese Zeit ohne Sponsor zu überbrücken - dann bin ich mit March in die Formel 1 eingestiegen." 1971 bekam Lauda die Chance, mit dem englischen Team an der Königsklasse teilzunehmen. Er fuhr allerdings nur ein Rennen - den Grand Prix von Österreich in Spielberg, wo er ausfiel.

Mit Verhandlungsgeschick in die Formel 1

Doch wie bekommt man einen Kredit ohne Kapital? "Ich musste eine Lebensversicherung abschließen, weil das Erste, was ich gefragt wurde, war: 'Was passiert, wenn Sie getötet werden?'" Lauda hat mit der Bank verhandelt und bot ihr einen Deal an: "Ich habe gesagt: 'Aber das Sponsoring auf dem Helm - dafür müsst ihr die Zinsen selbst bezahlen.' Also hat mir die Bank einen freien Kredit gegeben, der in fünf Jahren zurückzuzahlen war, ohne Zinssatz wegen der Werbung."

Hätte der Österreicher nicht solch ein Selbstbewusstsein an den Tag gelegt, wäre seine Karriere schon vor ihrem Beginn gescheitert. "Ich musste das Geld zurückzahlen. Es war ein normaler Kredit. Als ich das Ferrari-Cockpit hatte, habe ich es zurückgezahlt." Doch was, wenn dieser Deal mit der Scuderia nicht zu Stande gekommen wäre? "Ich weiß nicht. Ich hätte irgendwo anders gearbeitet, um das Geld zusammenzubekommen. Für mich war es klar, dass ich es zurückzahlen musste."

Niki Lauda

1971: Das erste Formel-1-Rennen von Lauda war der Grand Prix von Österreich Zoom

Das Risiko, das der heute 65-Jährige einging, war groß. "Ich musste das Risiko eingehen, denn fünf Minuten, bevor das Ding unterschrieben wurde, hat mein Sponsor aufgehört." Lauda musste eine neue Geldquelle finden. Dabei sieht er keinen Unterschied zu heute: "Alles wurde normal organisiert, wie heute. Du bringst deinen Sponsor mit und fährst. Dann hatte ich aber eine Krise, weil der Sponsor nicht mehr da war, also musste ich den Kredit finden, um weiterzumachen."

1972: Die erste Saison mit March

Bei March fuhr Lauda seine ersten zwei Formel-1-Saisons Doch das Team war finanziell angeschlagen: "1972 war March am Ende des Jahres pleite. Also ist es für mich umso schlimmer geworden. Weil ich das Geld gezahlt habe, und kein Auto hatte." Der Österreicher schaute sich nach anderen Optionen in der Formel 1 um. Er verhandelte mit dem BRM-Team: "Dann bin ich meinen Weg durch die Verhandlungen mit Louis Stanely im Herbst gegangen, als dritter Fahrer neben Beltoise, Regazzoni." Stanely war Teamleiter von BRM und an Lauda sehr interessiert.

Doch wieder plagten den damaligen Neuling Geldsorgen: "Ich habe wieder Sponsoren versprochen, die ich nicht hatte. Ich hatte bis April Zeit, um die erste Rate des Sponsorengeldes zu überweisen, das habe ich so verhandelt, weil ich gehofft habe, Leistung zeigen zu können." Doch Lauda war nur einer von mehreren Fahrern im Team und hätte sich das Cockpit mit anderen teilen müssen.

Niki Lauda, Ronnie Peterson

Monaco 1972: Niki Lauda im March vor Jacky Ickx im Ferrari Zoom

"Ich sagte: 'Wenn ich schon euer Fahrer bin, der Platz tauscht mit einem anderen, dann möchte ich der Erste sein, der die Saison beginnt.' Logisch. Stanley hat nicht verstanden, worauf ich aus war und ließ mich der Erste sein." Denn Lauda wusste, dass, wenn einer der arrivierten Fahrer ausfiel, er das gesamte Jahr über fahren könnte. Und so kam es auch: "Gott sei Dank hat sich Regazzoni in Johannisburg, in Kyalami, verletzt, weil er im Auto leicht verbrannt wurde. Deshalb musste ich mich nicht mit dem anderen Typen abwechseln und so habe ich meinen Weg gemacht."

Das Warten auf den Anruf aus Maranello

Lauda konnte die gesamte Saison 1973 mit dem BRM-Team an den Start gehen. Beim sechsten Rennen der Saison zeigte der Wiener im Qualifying sein Talent: "In Monaco lag ich vor den Ferraris und habe einen wirklich guten Job gemacht. An diesem Abend kam Stanely zu mir und sagte: 'Ich weiß, dass du Probleme mit deinem Sponsor hast. Ich biete dir nun ein freies Cockpit an, weil ich an deine Leistung glaube.'"

Schon bald befand sich Lauda mitten in der Saison 1973 in einem Interessenskonflikt. Er erzählt von seinem Büro in Salzburg, dass er sich mit seinem Cousin teilte: "Dort war eine Sekretärin und jedes Mal wenn ich ging, sagte ich zu ihr: 'Wenn Ferrari anruft, dann kontaktiere mich sofort.' Das war der Running Gag damals." Denn niemand rechnete wirklich mit einem Anruf aus Maranello.

Niki Lauda

Ein Jahr später: In Monaco 1973 ging Lauda mit dem BRM-Team an den Start Zoom

Lauda weiter: "Am Montag nach dem Rennen in Monaco und nachdem mir Stanely den freien Platz angeboten hatte, hat mich die Sekretärin angerufen und gesagt, dass Ferrari angerufen hätte. Ich meinte nur, dass sie mir nicht so einen Mist erzählen sollte. Aber sie sagte, ich solle di Montezemolo anrufen." Lauda hatte Enzo Ferrari mit seiner Leistung beim Grand Prix von Monaco beeindruckt.

Streitigkeiten zwischen BRM und Ferrari

"Lange Rede, kurzer Sinn: Am Dienstag bin ich nach Maranello gefahren und sie boten mir ein Cockpit an. Ich sagte: 'Scheiße.' Das ist meine ehrliche Art. Ich bin zum Commendatore gegangen und habe ihm erzählt, dass ich am Vortag einen Vertrag mit BRM unterschrieben habe." Enzo Ferrari habe ihn beruhigt und meinte, dass er dieses Problem regeln würde, so Lauda. Der Österreicher dachte, dass sich Ferrari und Stanely einigen würden. "Als ich den Vertrag unterzeichnete, habe ich noch einmal gefragt, ob sie das regeln werden. Dann habe ich bei Ferrari unterschrieben."

Das neunte Rennen der Saison 1973 wurde im Juli in Silverstone ausgetragen. BRM-Fahrer Lauda erinnert sich an ein Gerücht, das im Fahrerlager in Großbritannien die Runde machte: "Es gab plötzlich das Gerücht, dass BRM eine gerichtliche Verfügung gegen die Ferrari-Transporter in England fordert, wegen meines Vertragsbruchs. Ich bekam Panik und ging zu Bernie." Ecclestone beruhigte den Österreicher und schlichtete den Konflikt der beiden Teams.

Niki Lauda

Spanien 1974: Niki Lauda feierte mit Ferrari seinen ersten Formel-1-Sieg Zoom

"Am Ende gab es keine Verfügung. Es gab Streitigkeiten zwischen Ferrari und BRM für eine Weile. Dann ging Lewis Stanely das Geld aus und BRM hörte sowieso auf. Also war ich wirklich sehr glücklich, diesen riskanten Weg gegangen zu sein. Am Ende bin ich bei Ferrari gelandet", schildert Lauda die Ereignisse der Saison 1973.

Das erste Mal mit dem March 721X

Schon zwei Jahre zuvor machte Lauda Bekanntschaft mit einem gewissen James Hunt. Damals verband die beiden bereits eine Bekanntschaft. Niki Lauda übernachtete sogar des Öfteren in Hunts Wohnung in London: "Ich hatte keine Wohnung in London und habe ein paarmal in seiner geschlafen."

Schon zu dieser Zeit führte Hunt einen lockeren Lebensstil: "Wir hatten viel Spaß - mit Mädels und was auch immer. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Das muss 1971 gewesen sein - Formel-3-Zeiten. Dort begann unsere Bekanntschaft."

James Hunt, Niki Lauda

Lauda vs. Hunt: Das filmreife Duell der Formel-1-Saison 1976 Zoom

Seine ersten Erfahrungen in einem Formel-1-Auto hatte Andreas Nikolaus Lauda, so sein vollständiger Name, bei Testfahrten im March-Ford 721X zusammen mit Ronnie Peterson gesammelt: "Das war das erste Formel-1-Auto. Getestet in Jarama von Ronnie Peterson und mir selbst. Ronnie fuhr das Auto und sagte, es sei nicht so schlecht." Peterson fuhr bereits seit 1970 in der Formel 1, hatte daher schon etwas mehr Erfahrung als der Österreicher.

Nach dem Schweden ist Lauda selbst in das Auto eingestiegen: "Ich sagte, dass sei der größte Scheiß, den ich je gefahren bin. Robin Herd (Ingenieur bei March; Anm. d. Red.) dachte, ich sei ein Idiot - wie konnte ich so etwas sagen ohne Erfahrung." Doch Lauda sollte bald Recht behalten, denn der March-Ford 721X kam in der Saison 1972 nur bei drei Rennen zum Einsatz: "Sogar der talentierte Ronnie Peterson konnte nichts anfangen mit dem blöden Auto."