• 21.12.2001 17:38

  • von Fabian Hust

Nick Heidfeld im Interview

Heidfeld über seine tolle Saison, die Enttäuschung, von Mercedes hängen gelassen worden zu sein, und seine Saisonprognose

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - Nach einer enttäuschenden Debütsaison bei Prost wusste Nick Heidfeld in seiner zweiten Formel-1-Saison im Sauber-Team die Experten zu überzeugen. Der Mönchengladbacher kam in Brasilien auf den dritten Platz und sammelte eine Menge WM-Punkte. Aber dennoch stand er ein wenig im Schatten von Teamneuling Kimi Räikkönen, der für viele Leute der bessere Fahrer zu sein scheint, da er bereits in seinem ersten Jahr auf dem Niveau von Nick Heidfeld lag. Dieser Meinung war wohl auch das McLaren-Mercedes-Team, das lieber den Finnen verpflichtete, obwohl man einen Vertrag mit Heidfeld besitzt. Doch der Mönchengladbacher ist erst 24 Jahre alt und hat damit alle Möglichkeiten der Welt, einen Aufstieg in ein Top-Team zu schaffen.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Heidfeld ist enttäuscht, dass er von Mercedes nicht verpflichtet wurde

"Es konnte einfach nicht schlimmer werden!"

Frage: "Deine Saison ist besser verlaufen als jeder erwartet hatte. Was waren nach einer so miserablen Zeit bei Prost deine Ziele bei Sauber gewesen?"
Nick Heidfeld: "Ich war mir sicher, dass diese Saison besser werden würde als die letzte, da wir 2000 das schlechteste Team waren und es einfach nicht schlimmer werden konnte. Ich hoffte, einige Punkte zu holen, aber es ist immer schwierig einzuschätzen, wo man stehen wird und ich denke, dass es zum Schluss wirklich gut gelaufen ist. Wir waren Vierter der Konstrukteure, ich war aus diesem Grund überrascht wie gut es lief."

"Es sah alles zu gut aus?"

Frage: "Hattest du schon beim Testen gemerkt, dass ihr ein gutes Paket habt?"
Heidfeld: "Ich war mir nach den Testfahrten sicher, dass wir ein gutes Auto hatten aber ich war mir nicht sicher, wie gut es bei den ersten Rennen und während der Saison sein würde. Manchmal hat man ein Auto, das nur unter kühlen Bedingungen schnell ist, wie bei den Wintertestfahrten, und dann bist du während der Saison nicht mehr schnell. Aus diesem Grund war ich mir nicht sicher, weil alles irgendwie zu gut aussah. Aus diesem Grund war es sehr schön zu sehen, dass das Auto sogar an Rennwochenenden gut war."

Frage: "Du kamst im ersten Rennen in die Punkte. War das ein Traumstart?"
Heidfeld: "Definitiv. Mein Ziel für die erste Saison bei Sauber war es gewesen, Punkte zu holen, da ich im vergangenen Jahr keine einfahren konnte. Ich hatte in Australien ein richtig gutes Qualifying und setzte mich selbst unter viel Druck, denn ich wusste, dass ich in einer Position war, in der ich ein paar Punkte einfahren konnte. Und mir gelang es, aus diesem Grund war es dann auch ein brillanter Start."

Frage: "Du bist in Brasilien Dritter geworden. War das das Highlight des Jahres?"
Heidfeld: "Brasilien war definitiv der Höhepunkt, meine erste und bisher einzige Podiumsplatzierung. Es war ein gutes Rennen und ich machte keine Fehler. Klar hatte ich Glück, dass ein paar Leute abgeflogen sind, aber ich denke, dass das Team gut gearbeitet hat."

Frage: "Aber du musstest das Auto auch auf der Strecke halten und die richtigen Reifen anfordern?"
Heidfeld: "Exakt. Man kann zwar sagen, dass andere Leute abgeflogen sind aber man muss selbst noch auf der Strecke bleiben. Das gelang mir zum Beispiel in Malaysia nicht ? leider! Budapest war auch gut. Alle Autos der Top 6 kamen ins Ziel und ich holte dennoch einen Punkt."

"Von der Saisonmitte an kämpften wir ein wenig"

Frage: "War die Zuverlässigkeit eine Stärke des Autos?"
Heidfeld: "Besonders zu Saisonbeginn war es die Zuverlässigkeit, aber auch der Speed war da. Von Saisonmitte an kämpften wir ein wenig. Ich konnte in Österreich nicht starten, was meine beste Startposition gewesen war. In Budapest hatte Kimi ein Problem mit der Kraftübertragung und in Monza hatten wir eine Menge Probleme, wir waren im Vergleich zu den anderen Teams aber immer noch gut. Aber am Ende hatten wir einfach von Beginn der Saison an ein schnelles Auto und machten sehr gute Fortschritte."

Frage: "War es auf jedem Streckentyp gut?"
Heidfeld: "Monaco war ein wenig ein Desaster, das Auto war dort überhaupt nicht gut, wir waren uns aus diesem Grund nicht sicher, wie es in Budapest sein würde. Aber es war sehr gut, weil wir mit dem Auto eine Menge Fortschritte machten."

"Wir haben weniger Geld als andere Teams"

Frage: "Du hast den Fortschritt angesprochen. Die Leute haben immer gesagt, dass Sauber gute Autos auf die Beine stellt, diese dann aber nicht ausreichend genug weiterentwickelt. Bist du überrascht, dass das Auto konkurrenzfähig blieb?"
Heidfeld: "Ja, es war ein wenig eine Überraschung, weil ich von den anderen gehört hatte, wie es in der Vergangenheit gewesen ist. Natürlich hatte ich keine Vergleiche zu den Jahren zuvor und aus diesem Grund kann ich auch gar nicht sagen, ob in irgendeiner Form anders gearbeitet wurde. Aber ich denke, dass Willy Rampf hervorragend gearbeitet hat. Wir haben definitiv weniger Geld als andere Teams, aber alles, das wir in Angriff nahmen, oder jede Richtung, die wir einschlugen, wirkte sich positiv aus. Ich denke, dass das Team sehr gut gearbeitet hat."

Frage: "Du warst ziemlich angeschlagen, als dich Eddie Irvine in Montreal abschoss. War das der Tiefpunkt der Saison?"
Heidfeld: "Das war ein Tiefpunkt, der hat mich aber nicht wirklich beeinflusst. Ich hatte danach bei den Tests ein wenig Kopfschmerzen aber es war gut, dass ich drei Wochen lang nicht testen und Rennen fahren musste und danach war wieder alles in Ordnung. Der Crash in Hockenheim mit de la Rosa war ebenfalls übel. Das Auto war dort großartig und ich denke, dass ich gute Zeiten hätte fahren können. Es war sehr enttäuschend, denn vor und hinter mir war so viel Platz gewesen. Ich war mehr oder weniger alleine unterwegs. Ich bremste ziemlich spät und kam den Autos vor mir sehr nahe, aus diesem Grund dachte ich, dass ich sicher bin. Und dann gab es einen heftigen Schlag. Pedro sagte mir, dass es ihm Leid tut."

Frage: "Wie arbeitet einen Deutsch-sprechendes Team im Vergleich zu den anderen Teams, die du gewohnt bist?"
Heidfeld: "Sie sind alle ähnlich, aber nicht gleich. Man kann an der Organisation erkennen, welches Team das Beste ist. Ich kann Englisch und Deutsch sprechen, es war also ein wenig schwieriger, in einem französischen Team zu sein, aber nicht sehr viel schwieriger, weil auch hier alle Besprechungen in Englisch abgehalten werden. In diesem Jahr war es sehr einfach und es war im Team immer eine sehr gute Atmosphäre."

"Eine große Enttäuschung"

Frage: "Wie enttäuscht warst Du, als du nicht das McLaren-Cockpit erhalten hast?"
Heidfeld: "Es war eine große Enttäuschung. Natürlich war ich darüber nicht sehr glücklich, aber es kam nicht plötzlich, denn es kündigte sich über Wochen und Monate offensichtlich an, ich war also darauf vorbereitet. Aber zu Beginn war ich ein wenig überrascht."

Frage: "Du standest McLaren und Mercedes nahe, hast du dich also gefragt, ob du vielleicht etwas falsch gemacht hast?"
Heidfeld: "Ich denke nicht, dass ich etwas falsch gemacht habe und ich bin glücklich mit dem, was ich in diesem Jahr erreicht habe. Ich denke, dass ich eine gute Saison hatte. Leider hat mit mir niemand aus dem McLaren-Lager über den Deal mit Kimi gesprochen und ich denke, dass dies nicht sehr nett war. Natürlich wäre ich dort gerne hingegangen. Gut, jetzt ist Kimi dort und das ist kein großes Problem. Sie hätten mir aber zumindest davon erzählen sollen."

Frage: "Hast du dir überlegt, warum sie dich nicht ausgewählt haben?"
Heidfeld: "Ich habe wirklich keine Ahnung. Da musst du sie fragen. Er ist ein Neuling und hat gut gearbeitet, das ist dann auch das einzige."

Frage: "Wie war in diesem Jahr deine Beziehung zu ihm?"
Heidfeld: "Ich denke, dass es eine normale Beziehung zwischen Teamkollegen war, nicht besonders gut aber auch nicht besonders schlecht."

Frage: "Du hast 2002 erneut einen jungen Teamkollegen, aber du wirst in deinem dritten Jahr sein. Glaubst du, dass du noch Fortschritte machen kannst?"
Heidfeld: "Das hoffe ich. Ich werde versuchen, so viel Druck wie möglich zu machen und wenn wir in die gleiche Richtung tendieren, wie wir das bereits geschafft haben, dann wäre ich zufrieden:"

"Das nächstjährige Auto wird besser"

Frage: "Aber wäre es nicht schwierig, mit einem Auto zu fahren, was nicht besser ist als das letztjährige?"
Heidfeld: "Ich bin mir sicher, dass das nächstjährige Auto besser sein wird. Das einzige Problem werden die anderen Teams sein, die sich zu verbessern haben wie zum Beispiel Jaguar, wo ein großer Automobilhersteller dahinter steckt. Sie sollten zumindest die Teams schlagen, die keinen Werkspartner haben. Ich bin zuversichtlich, dass wir Fortschritte machen werden, aber ich mache mir ein wenig Sorgen, dass die anderen Teams sogar noch größere Schritte nach vorne machen werden."

Frage: "Bist du der Meinung, dass du in diesem Jahr den Deutschen mitgeteilt hast, dass sie auch einen vierten Fahrer in der Formel 1 haben?"
Heidfeld: "Ich bin jetzt angesehener und es kennen mich ein paar Leute mehr aber das ist nicht so wichtig."

Frage: "Aber zumindest siehst du jetzt mehr deiner Kappen?"
Heidfeld: "Das ist dann aber auch das einzige!"