• 20.04.2014 05:39

  • von Christian Nimmervoll & Roman Wittemeier

Newey: Lieber bei der WEC in Silverstone als in China

Lasst die Gerüchte beginnen: Anstatt bei der Formel 1 in Schanghai zu sein, besuchte Adrian Newey lieber seinen alten Freund Mark Webber bei der WEC in Silverstone

(Motorsport-Total.com) - Mit den Startplätzen zwei und drei sicherte sich Red Bull gestern im Qualifying in Schanghai die bisher beste Ausgangsposition der laufenden Formel-1-Saison. Einer war aber nicht dabei: Adrian Newey. Statt am Kommandostand zu sitzen und Daniel Ricciardo und Sebastian Vettel genau zu beobachten, war der Stardesigner lieber beim Lauf zur Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) im heimischen Silverstone.

Titel-Bild zur News: Adrian Newey

Red Bulls Adrian Newey stattete Porsche gestern in Silverstone einen Besuch ab Zoom

"Er rennt hier halt entspannt herum. Er hat neuerdings Zeit, weil es bei Red Bull eigentlich gut läuft", erklärt Toyota-WEC-Pilot Anthony Davidson, in Silverstone Fünfter der Startaufstellung. Hauptgrund für Neweys Besuch war offenbar Mark Webber: "Adrian ist seit langer Zeit ein Freund von Mark", erklärt Porsche-LMP1-Teamchef Andreas Seidl gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Mark hat ihn eingeladen und er hat sich alles genau angeschaut. Bei der Komplexität unseres Autos hat er natürlich gestaunt."

Vielleicht hat bei der Entscheidung gegen die Reise nach Schanghai mitgespielt, dass Formel-1-Personal mit dem Visum für China immer wieder Probleme hat, vielleicht wollte Newey aber auch einfach nicht so viel wertvolle Zeit im Flieger vergeuden. Oder hat er etwa gar Ambitionen, eines Tages wieder einen Sportwagen zu bauen? Immerhin war eines seiner ersten Projekte vor der Formel 1 der erfolgreiche March GTP.

"Ich werde nichts Schlechtes über die Formel 1 sagen, denn ich habe einen Job dort. Aber ich stimme zu: Die Le-Mans-Szene hat unwahrscheinlich großes Potenzial", versteht Davidson den Reiz der WEC, insbesondere in diesem Jahr, da drei Hersteller (Audi, Porsche, Toyota) praktisch auf Augenhöhe gegeneinander antreten. Aber: "In der Formel 1 sind die besten Gehirne der Welt am Werk. Was dort in der Entwicklung passiert, finde ich unfassbar beeindruckend."

"Die Le-Mans-Szene hat unwahrscheinlich großes Potenzial." Anthony Davidson

Daher sei sie auch weiterhin die Königsklasse: "Wenn es um die reine Rundenzeit geht, dann ist es die Formel 1. Wenn es darum geht, zu schauen, wie man mit allen Teilen über eine kurze Distanz so wirklich an die Grenzen geht, dann ist es die Formel 1. Wenn es um Technologie geht, dann ist es vielleicht eher die WEC. Aber bitte erwarte nicht von mir, dass ich etwas Schlechtes über die Formel 1 sage, denn ich bin immerhin im TV als Fachmann für diese Serie unterwegs."

"Wenn es um Marketing oder die Größe der Fangemeinde geht, dann ist die Formel 1 an der Spitze", unterstreicht der Brite, der immerhin 21 Grands Prix selbst bestritten hat. "Aber: Wir haben allein drei große Hersteller in der LMP1-Klasse. Hinzu kommen noch die Werke in der GTE-Szene. Wenn wir also nur über den schieren Speed reden, dann ist die Formel 1 noch vorn. Wenn wir über Technologie sprechen, dann sieht es anders aus."


Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) 2014

"Ganz ehrlich: Wenn du reinen Rennsport mit offenen Duellen ohne Vorbehalte willst, dann musst du dir Kartsport anschauen. Es gibt keinen ehrlicheren und offeneren Wettbewerb als dort", ergänzt Davidson. Aber das würde Technik-Genie Newey nicht reizen. Sollte er die Formel 1 einmal an den Nagel hängen, dann am ehesten für ein Segelboot für den America's Cup - ein Lebenstraum des Briten. Oder eben ein Le-Mans-Fahrzeug...