• 19.05.2008 19:59

Newey: "Haben noch Probleme mit der Traktion"

Red-Bull-Designer Adrian Newey beschreibt im Interview die Stärken und Schwächen des aktuellen RB4 und blickt voraus auf den Monaco-Grand-Prix

(Motorsport-Total.com) - Er hat bei March die ersten Skizzen gemacht, war später bei Williams und McLaren der Stardesigner der Formel 1 und sollte dem neuen Red-Bull-Team innerhalb kürzester Zeit Flügel verleihen: Mit dem Namen Adrian Newey sind viele Hoffnungen verbunden. Der technische Vordenker spricht im Teaminterview über die Stärken und Schwächen seiner aktuellen Kreation RB4. Außerdem beschreibt der Brite die Auswirkungen des Verbots der Fahrhilfen anschaulich.

Titel-Bild zur News: Adrian Newey

Adrian Newey sieht bei Red Bull deutlich Fortschritte beim aktuellen RB4

Frage: "Adrian, wie beurteilst du eure Fortschritte nach den ersten fünf Rennen?"
Adrian Newey: "Wir können nach dem ersten Viertel der Saison wirklich zufrieden sein. Das Feld ist enger zusammengerückt und wir sind näher an den Topteams als im vergangenen Jahr, wenn man unsere Rundenzeit mit denen des Rennsiegers und Polesetters vergleicht. Das Paket hinter den drei Topteams ist deutlich näher zusammen und im Q2 liegen gerade einmal wenige Zehntelsekunden zwischen Rang acht und Platz 14. Ein kleinster Ausrutscher kann den ganzen Sonntagnachmittag beeinflussen."#w1#

Wichtige Baustelle am RB4: Traktion

Frage: "Gibt es am RB irgendwelche Stellen, wo ihr noch mehr Entwicklungsarbeit investieren müsst?"
Newey: "Allgemein sind wir mit dem Auto sehr zufrieden, weil es unsere Erwartungen erfüllt hat. Leichte Probleme haben wir allerdings im Bereich der Traktion und wir müssen noch herausfinden, woran das liegt. Der Rest des Pakets funktioniert genau so, wie wir uns das erhofft hatten. Auch im Bereich der Aerodynamik sind wir voll auf Kurs. Im vergangenen Jahr hatten wir das Problem, dass sich unsere Windkanal-Ergebnisse nicht mit der Realität auf der Strecke deckte. Da sind wir in diesem Jahr deutlich besser dran. Es treten dabei immer noch kleine Differenzen auf, aber es funktioniert schon viel besser als im Jahr zuvor."

"Leichte Probleme haben wir allerdings im Bereich der Traktion." Adrian Newey

Frage: "Die beiden kommenden Rennen in Monaco und Montréal sind zwei völlig unterschiedliche Herausforderungen. Was habt ihr am Auto geändert?"
Newey: "Monaco ist eine Strecke für viel Abtrieb. Wir werden einen neuen Frontflügel am Auto haben, der die Balance mit unserem Heckflügel für viel Downforce ausgleicht, den wir schon am Auto hatten. Wir hatten bisher keinen Grund, dieses Paket einzusetzen. In Kanada werden wir den geringsten Abtrieb der bisherigen Saison brauchen. Dort werden wir dann wieder den Flügel von Istanbul verwenden, allerdings mit leicht verändertem Profil. Das sind zunächst einmal die ganz normalen Veränderungen, die man von Rennen zu Rennen am Auto vornimmt. Hinzu kommen bei uns aber auch noch ein paar neue Aerodynamik- und Mechanikteile für Monaco, inklusive einer verbesserten Aufhängung, die wir in Paul Ricard in der vergangenen Woche getestet haben."

"Einige der Teile werden den Bereich Traktion betreffen, den ich ja bereits angesprochen hatte. Monaco ist auch in Bezug auf Bremsen-Kühlung echt hart. Es ist ein komischer Kurs, weil die Bremsen-Kühlung an sich sonst kein großes Problem darstellt, aber dort wird der Bremssattel immer sehr heiß. Ein anderer wichtiger Faktor liegt in der Natur der Strecke begründet. Wir müssen sehr auf unser mechanisches Setup achten."

Wichtiger Faktor beim Fahren: Wegfall der Fahrhilfen

Frage: "Der Kurs verzeiht wegen der nahen Leitplanken ohnehin keine Fehler. Nun kann am Wochenende sogar Regen kommen und dann wird ohne Traktionskontrolle gefahren. Was könnt ihr tun, um den Piloten bei solchen Voraussetzungen zu helfen?"
Newey: "Man teilt die Entwicklung nach dem Wegfall der Traktionskontrolle in verschiedene Bereiche. Zunächst einmal kann man mit dem Engine-Mapping den Motor so fahrbar wie möglich machen. Da betreiben alle Motorenhersteller konstante Entwicklung, die uns ganz direkt betrifft. Denn das Verhalten eines Fahrzeuges wird maßgeblich davon beeinflusst, wie der Motor seine Kraft entfaltet. Die zweite Sache ist, das Fahrzeug für die Piloten insgesamt leichter beherrschbar zu machen. Das geht über Aerodynamik und Mechanik."

"Monaco ist auch in Bezug auf Bremsen-Kühlung echt hart." Adrian Newey

"Die Leute sprechen immer nur vom Verlust der Traktionskontrolle, aber es müsste Verlust der elektronischen Fahrhilfen heißen. Das auffälligste Element ist sicher das kontrollieren der Motorenleistung beim Beschleunigen am Kurvenausgang, aber nicht weniger wichtig ist, dass wir alle die Motorensteuerung zur Stabilisierung am Kurveneingang benutzt haben. Das war so eine Art ABS an den Hinterrädern. Sobald die Räder blockiert haben, hat der Motor kurz Gas gemacht, damit die Räder wieder Grip finden. Ohne diese Dinge muss man im Chassisbereich einige Dinge finden, die den Wegfall solcher elektronischen Hilfen wieder ausgleichen."

Frage: "Freust du dich auf das Monaco-Wochenende?"
Newey: "Ich denke, jeder freut sich auf Monaco. Ein ganz eigenwilliger Ort ist das. Aber allein die Tatsache, dass es ganz anders ist als alle anderen Orte im Kalender sorgt dafür, dass man sich darauf freut."