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Neue Radaufhängung: Brawn befürchtet kein Wettrüsten

Die sogenannte FRIC-Radaufhängung ist der neueste technische Trend der Formel 1 - Mercedes Teamchef Ross Brawn befürchtet aber kein Wettrüsten

(Motorsport-Total.com) - 2012 war es das (aktive) Doppel-DRS, 2011 der auspuffangeströmte Diffusor, 2010 der F-Schacht: In fast jeder Saison gelingt den Ingenieuren der Formel 1 eine technische Neuentwicklung, die sich bald als adäquates Mittel zur Leistungssteigerung entpuppt und dann von anderen Teams übernommen wird. Zwar ist die Formel-1-Saison 2013 noch jung, doch es gibt bei zwei Teams bereits ein neues System, das bald Nachahmer finden könnte. Dabei handelt es sich um die sogenannten FRIC-Radaufhängung.

Titel-Bild zur News: Mercedes, Vorderradaufhängung

Unter der Haut des Mercedes soll sich eine revolutionäre Radaufhängung verbergen Zoom

FRIC ist dabei die Abkürzung des englisch Begriffs "Front-and-Rear-Interconnected" und bezeichnet ein Hydrauliksystem, welches die Aufhängungen der vier Räder miteinander verbindet, so Bewegungen um die Längs- und Querachse reduziert und damit die Effizienz der Aerodynamik steigert. Am Beispiel eines Bremsvorganges kann die Funktionsweise des Systems erläutert werden.

Bremst ein Fahrzeug ab, verlagert sich der Schwerpunkt des Fahrzeug durch das Trägheitsmoment in Richtung Vorderachse. Diese federt ein, wodurch sich die Front des Fahrzeugs senkt und das Heck anhebt. Dadurch werden die aerodynamischen Bauteile nicht mehr im gleichen Winkel von der Luft angeströmt, wodurch sie weniger Abtrieb erzeugen. Auch beim Beschleunigen und der Kurvenfahrt kommt es zu Lastverteilungen, die sich negativ auf die Aerodynamik auswirken.

Die FRIC-Aufhängung macht sich die Massenträgheit zu Nutze und befördert im Falle eines Bremsvorgangs Hydraulikflüssigkeit Richtung Vorderachse, wodurch die Aufhängung dort härter wird und das Einsinken der Fahrzeugfront reduziert wird. Dadurch arbeitet die Aerodynamik effizienter, das Auto erzeugt auch bei Lastwechseln konstanten Abtrieb. Derzeit wird davon ausgegangen, dass Lotus und Mercedes ein solches System einsetzen.

Nach Informationen unserer Kollegen von 'Autosport' arbeiten die Silberpfeile bereits seit 2011 an diesem System. Mittlerweile soll es so ausgereift sein, dass Mercedes auf die konventionellen Stoßdämpfer und Federn verzichtet. Dies ist bei Lotus offenbar nicht der Fall. Sollten sich andere Teams zum Nachbau des FRIC-Systems entschließen, würde die mit Blick auf die großen Regeländerungen des Jahres 2014, in dieser Saison wertvolle Entwicklungskapazitäten binden.

Mercedes-Teamchef Ross Brawn geht jedoch nicht davon aus, dass es zu einem erneuten Wettrüsten kommt: "Ich denke nicht", sagt Brawn gegenüber 'Autosport' und spielt - ohne konkret darauf einzugehen - die Bedeutung des Systems herunter. "Seit Formel-1-Autos erfunden und die Aerodynamik verstanden wurde, musste immer ein Kompromiss zwischen der Aufhängung und der Aerodynamik gefunden werden. Du hättest gerne ein weich gefedertes Auto, aber das ist nicht möglich, weil es die Aerodynamik zu sehr beeinflusst."

Schon immer sei in der Formel 1 versucht wurden, den von Brawn erwähnten Kompromiss zu optimieren, daran habe sich in dieser Saison nichts geändert. In der Tat gab es in der Formel 1 schon in früheren Jahren technische Lösungen, die den gleichen Effekt wie die FRIC-Aufhängung hatten. Ende der 1980er-Jahre entwickelte Lotus eine aktive Radaufhängung, die später von Williams perfektioniert wurden. Durch elektrische Stellmotoren wurden dabei Roll- und Nickbewegungen der Karosserie ausgeglichen. Das System war sehr komplex und teuer und wurde zur Saison 1994 verboten. FRIC arbeitet hingegen völlig passiv und ist daher legal.