• 12.12.2014 14:14

  • von Jonathan Noble (Haymarket)

Murray: Darum sollten die Fahrer über der Technik stehen

Design-Legende Gordon Murray erinnert daran, dass es die Piloten und nicht die Autos sind, die die Massen begeistern

(Motorsport-Total.com) - Der tosende Applaus, den Lewis Hamilton erhielt, als er bei den Autosport-Awards die Treppen des Grosvenor House Ballsaals herunter schritt, sagt alles über die Identität der wahren Helden des Formel 1 aus. In einem Jahr, in dem die Technologie auf die Spitze getrieben wurde und die Hersteller von der Relevanz ihrer Hybrid-Aggregate und den benzinsparenden Regeln schwärmten, gibt es eine einfache Wahrheit, die auch sie akzeptieren müssen: Die Stars sind nicht die Autos - sondern die Fahrer.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton bekam mehr Applaus als der Mercedes, mit dem er zum Titel fuhr Zoom

Die komplexe Beziehung zwischen dem Mensch und der Technologie wurde zum Thema, als der legendäre Formel-1-Designer Gordon Murray seine Meinung zum modernen Rennsport äußerte. Murray kann sich auch 40 Jahre nachdem sein Brabham BT44 Rennen gewinnen konnte noch für die gleichen Dinge begeistern, die ihn einst in die Formel 1 gebracht haben: Ingenieurskunst, Innovation und einfach coole Technologien.

Sein Fokus liegt mittlerweile jedoch nicht mehr auf dem Finden einiger Zehntelsekunden über eine Runde, sondern auf seinem möglicherweise weltverändernden iStream-Projekt - ein Herstellungsprozess, der den Personenwagen-Markt revolutionieren könnte. "Ich habe die Formel 1 vermisst, als ich aufhörte, aber was wir jetzt tun, ist noch viel aufregender", sagt er über sein Weniger-Gewicht-Weniger-Energie-Vorhaben.

Murray: "Die Fans feuern die Fahrer an, weniger die Teams"

"Wir nutzen dabei erstmals Formel-1-Technologien auf eine Art, von der jeder Autofahrer profitieren kann. Dadurch erhält auch die Formel 1 eine völlig neue Bedeutung. Es soll so weit gehen, dass es unser aller Leben verändert, und das ist noch aufregender, als seinen ersten Grand Prix oder die erste Weltmeisterschaft zu gewinnen."

Seine Liebe zur Formel 1 hat Murray nicht verloren ("Im Herzen bin ich noch immer ein Racer: Ich will noch immer jeden Tag Rennen fahren."), einige Aspekte schrecken ihn heutzutage jedoch ab. "Ich bin da vielleicht altmodisch, aber in der Formel 1 ging es schon immer um die Fahrer-Weltmeisterschaft. Es ist toll, den Konstrukteurstitel zu holen, aber es ist ein Wettbewerb für Fahrer, das sollten wir nicht vergessen."

"Die Fans feuern die Fahrer an und weniger die Teams. Und ich denke, sobald man die falschen oder zu künstliche Regeln einführt, vor allem, wenn sie mit Benzinverbrauch zu tun haben, dann fängt man an, etwas davon einzubüßen. Wir müssen vorsichtig sein, die Grundlage der Formel 1 nicht zu verlieren."

Zu künstlich: Technik gegen Talent

Es sind aber nicht nur spezifische Regeln, die Murray nicht gefallen. Seiner Meinung nach sollten einige Technologien und Konstruktionen, die als normal angesehen werden, überdacht werden. "Das Erste, was ich verbannen würde, ist die Telemetrie. Das ist lächerlich", erklärt er. "Als ich groß geworden bin, musste man noch selbst fahren und über Motor, Getriebe und Reifen nachdenken. Jetzt wird einem gesagt, was man zu tun hat."

Murray glaubt auch eine gewisse Frustration auf Ingenieursseite zu erkennen, was er darauf zurückführt, dass die Teams zu groß geworden sind: "Als Ingenieur wirst du zurückgehalten. Ich kenne Anfänger, die seit acht Jahren in der Abteilung für Vorderradaufhängungen arbeiten und wahrscheinlich nie ein Verständnis für das Design eines kompletten Autos entwickeln werden."

"So sieht es nun einmal heute aus und man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Aber es ist lange nicht so befriedigend wie beispielweise damals, als ich lediglich sieben Leute bei Brabham hatte und jeder alles wusste. Wir waren ein echtes Team und eine echte Familie. Das ist ein wenig verloren gegangen."


Fotos: Autosport-Awards in London


Wie weit darf Innovation gehen?

Die Welt hat sich sicherlich weiter gedreht und es ist nicht mehr realistisch, dass weniger als ein Dutzend Teammitglieder an einem modernen Formel-1-Auto arbeiten. Gleichzeitig haben wir aber auch einen Wendepunkt erreicht, in dem die Technologie auf Bereiche übergreift, die der Fahrer eigentlich aus dem Bauch heraus entscheiden sollte. Daraus entstand auch das Funkverbots-Theater.

Die Technologie hat immer noch ihren Reiz und die Formel 1 sollte sich auch weiterhin darum drehen, die schnellsten und technologisch am fortgeschrittensten Autos einzusetzen. Diese technischen Errungenschaften sollten jedoch nie auf Kosten der besten Fahrer gehen, die uns da draußen zeigen sollen, warum sie so herausragend sind. Da würden Gordon Murray und Lewis Hamilton sicherlich zustimmen.

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