• 03.08.2003 17:49

Montoya: "Müssen fleißig Punkte sammeln!"

Der Hockenheim-Sieger im Interview: Wie er trotz fehlendem Top-Speed davonziehen konnte und was er vom Titelkampf hält

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Juan, das sah nach einem perfekten Tag für dich aus, nicht wahr?"
Juan-Pablo Montoya: "Ja. Es ist sehr gut gelaufen, gleich von Freitag an. Ralf hatte am Freitag eine andere Reifenwahl, aber das hat sich für den Rest des Wochenendes gelohnt. Gestern haben wir viel gearbeitet und heute war das Auto fantastisch. Der Start war großartig und von da an ist es wie von selbst gelaufen. Ich habe keine Ahnung, was mit Ralf am Start passiert ist, wahrscheinlich hat er jemanden berührt. Anfangs hat es mich überrascht, dass ich mich nicht weiter absetzen konnte, denn ich habe attackiert, aber ich hielt dann die Pace und die Anderen büßten ein. So konnte ich dann mehr aus dem Auto rausholen."

Titel-Bild zur News: Juan-Pablo Montoya

So sehen Sieger aus: Juan-Pablo Montoya bei der Pressekonferenz

Frage: "War mit dem Auto mechanisch alles klar?"
Montoya: "Naja, in der 15. Runde oder so habe ich ein wenig Top-Speed verloren, aber das war kein großes Thema. Es ist so geblieben, aber wir hatten trotzdem eine Pace, die gut genug war, um davon zu fahren."

Frage: "Jarno Trulli ist völlig kaputt, kann nicht hier sein. Es war heute sehr heiß. Wie waren die Bedingungen aus deiner Sicht?"
Montoya: "Ich fand es nicht so schlimm. Körperlich ist es mir ganzen Tag gut ergangen. Für mich war es ein ganz anderes Rennen als für Jarno. Ich durfte einfach keinen Fehler machen, die Pace halten, aber Jarno stand ganzen Tag unter Druck."

Frage: "Du warst auf einer Drei-Stopp-Strategie, die Fahrer hinter dir haben nur zweimal gestoppt. Bist du überrascht, wie das ausgegangen ist?"
Montoya: "Ja und nein. Aus unserer Sicht waren drei Stopps die bessere Variante und ich bin ja auch eine Minute vor dem nächsten Kerl, also hat es funktioniert."

Über die WM-Chancen: "Alles kann passieren!"

Frage: "In der Weltmeisterschaft ist jetzt alles möglich. Du bist Zweiter und hast Michael in Reichweite."
Montoya: "Seit Monaco ist viel Zeit vergangen, es sind aber noch vier Rennen zu fahren und alles kann passieren. Jedenfalls sind wir in einer besseren Ausgangsposition als zu Beginn des Jahres und es ist ganz wichtig, immer Punkte zu sammeln, auch wenn man nicht gewinnen kann. Man muss versuchen, in allen Rennen auch einmal Zweiter zu werden, denn es kann immer jemand ausscheiden. Michael ist es heute so gegangen. Er sah fünf Runden vor Schluss wie ein sicherer Zweiter aus und wurde aber nur Siebenter. Alles kann für alle komplett schief gehen."

Frage: "Es war eine fantastische Leistung, du hast das Rennen dominiert."
Montoya: "Ja, aber wenn Ralf nicht in der ersten Kurve rausgeflogen wäre, wäre es ein schwierigeres Rennen geworden. Ich glaube aber, dass das Team das Rennen so oder so dominiert hätte. Es ist einfach alles perfekt gelaufen. Da war ein geringfügiges Problem mit dem Speed-Limiter, aber ansonsten hätte es nicht besser sein können."

Frage: "Am Anfang konntest du dich nur langsam absetzen, aber dann warst du um eine Sekunde schneller..."
Montoya: "Ich konnte es gar nicht glauben! Sie haben mir am Funk gesagt, ich solle langsamer fahren, aber ich war noch immer schneller! Mit einer aggressiven Runde konnte ich eine niedrige 1:15 fahren, ohne Risiko eine 1:15.8 oder so. Die Anderen sind 1:17 oder so gefahren. Das war unglaublich."

Harte Arbeit mit Trainer hat sich gelohnt

Frage: "Du siehst überhaupt nicht erschöpft aus. Was hast du für eine Kühlung im Auto?"
Montoya: "Ich habe seit den letzten Rennen mit einem Trainer hart gearbeitet und das scheint sich zu lohnen."

Frage: "Aber hattest du eine Kühlung oder ist das ohnehin nur Wetter wie in Kolumbien?"
Montoya: "Nein, Bogota ist nicht so heiß, da hat es vielleicht 18 Grad. Ich weiß nicht. Ich lebe ja schon seit vielen Jahren außerhalb von Kolumbien. In Monaco war es auch nicht anders, da war es auch danach ganz kühl."

Frage: "Hattest du so alleine nicht Probleme mit der Konzentration?"
Montoya: "Nicht wirklich, ich bin einfach mein Tempo gegangen. Ich wusste immer, was für Zeiten ich in den Sektoren zu fahren hatte. Die Zeiten kamen, bang, bang, bang, ich sah es auf dem Display, kein Problem. Ich wollte so konstant wie möglich sein und wenn ich einmal im ersten Sektor zu langsam war, habe ich eben ein wenig zugelegt. Wenn ich zu schnell war, habe ich nachgelassen. So habe ich das durchgezogen."

"Müssen fleißig Punkte sammeln!"

Frage: "Genehmigst du es dir, auch einmal an die Weltmeisterschaft zu denken?"
Montoya: "Nein. Ich denke, alles entwickelt sich momentan sehr positiv. Noch sind vier Rennen zu fahren. Gestern habe ich schon gesagt, dass Michael irgendetwas passieren kann, auch jemand anders, die Weltmeisterschaft kann sich drehen. Ich bin nur sechs Punkte hinten und da ist alles möglich. In den nächsten vier Rennen müssen wir fleißig Punkte sammeln!"

Frage: "Man hört, dass die Beziehung zwischen dir und dem Team ein wenig abgekühlt sein soll. Stimmt das und ändert dieser Sieg daran etwas?"
Montoya: "Naja, vor ein paar Rennen hatten wir einige Schwierigkeiten, aber seither laufen die Dinge recht gut. Beim letzten Rennen bin ich Zweiter geworden, jetzt habe ich gewonnen ? ich denke nicht, dass es Probleme gibt."

Frage: "Was schoss dir durch den Kopf, als dich das Team über Michaels Reifenschaden informiert hat?"
Montoya: "Sie haben mir gesagt, Michael hat ein Reifenproblem, ich soll auf rote Autoteile aufpassen. Ich habe mich umgesehen, denn Michael war schon sehr nahe. Als ich aus der Haarnadel kam, fuhren sie gerade ins Motodrom ein, also wusste ich, dass er nicht weit vor mir sein kann. Ich habe ihn überrundet, aber es gab keinerlei Schwierigkeiten. Bisher habe ich immer gedacht, er hat so viel Glück, wird immer Zweiter, auch wenn er aus dem Nichts kommt, aber heute hat ihn sein Glück im Stich gelassen und das ist gut."

Zwischenzeitlich Angst vor erneutem Ausfall

Frage: "Kommen wir noch einmal auf den Problem mit dem Top-Speed zurück. Was genau ist das passiert?"
Montoya: "Es ist nicht mehr weggegangen. Zum ersten Mal ist es passiert, als ich ins Motodrom eingefahren bin. Ich habe beschleunigt, aber das Auto reagierte nicht und da dachte ich mir schon, nicht schon wieder hier! Das Team hat mir dann zugefunkt, ich soll weiterfahren und dann sehen wir schon, was passiert. Ich konnte mich trotzdem weiter absetzen. Mir haben ungefähr zehn km/h Top-Speed gefehlt, aber es war trotzdem noch genug, um locker wegzufahren."

Frage: "Heute hast du fast das ganze Feld überrundet. Kannst du eure Performance in den verbleibenden vier Rennen einschätzen?"
Montoya: "Ich glaube, wir sollten eine gute Performance haben. Die nächsten paar Rennen werden sicher interessant. Wir waren überall ziemlich stark. Man muss abwarten, wie es jetzt weitergeht, aber Michelin ist weit gekommen und Williams ist auch sehr stark. Das nächste Rennen wird eine große Herausforderung für mich, in den letzten Jahren hatte ich dort immer meine Schwierigkeiten, aber hoffentlich bekomme ich es diesmal besser hin. Die Strecke wurde ein wenig umgebaut, das ist eine andere Geschichte. Wenn ich nicht gewinnen kann, will ich wenigstens Zweiter werden und die Punkte nach Hause holen."