• 10.03.2015 10:52

  • von Dominik Sharaf

"Milchmann" Bernie Ecclestone: "Dann höre ich einfach auf..."

Der Formel-1-Boss klebt nicht an seinem Posten, sollte er eines Tages nicht mehr in der Lage sein, ihn auszufüllen - Gerüchte und Ruhestand lassen Ecclestone kalt

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 ohne Bernie Ecclestone ist nicht nur für jüngere Fans ein undenkbares Szenario. Es steht jedoch fest: Es wird der Tag kommen, an dem der Zampano auf die eine oder andere Weise abtritt. Der 84-Jährige hat dieses Naturgesetz akzeptiert und klebt nicht an seinem Stuhl. "Ich sehe mich als eine Art Milchmann", philosophiert Ecclestone im Gespräch mit der 'Welt' und zeigt sich demonstrativ gelassen: "Man gibt mir Milch, und ich liefere sie aus. Wenn ich das nicht mehr kann, höre ich einfach auf."

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone will noch eine Weile über sein Reich herrschen Zoom

Obwohl Ecclestone nach eigenem Bekunden nicht über Rücktritt nachdenkt, könne es "jedem aus nachvollziehbaren Gründen passieren, dass er sich irgendwann, irgendwie, gefragt oder ungefragt, verabschieden" muss. Dauergerüchte bezüglich seines Abgangs und eines möglichen Nachfolgers, bevorzugt Red-Bull-Teamchef Christian Horner, nehme er überhaupt nicht mehr zur Kenntnis: "Wenn ich eines Tages das Gefühl habe, dass ich meiner Aufgabe nicht mehr gewachsen bin, werde ich aus eigener Initiative aufhören. Ich werde nicht nutzlos herumsitzen", so Ecclestone.

Doch an diesem Punkt scheint der Mann, der in seiner seit über sechs Jahrzehnten währenden Motorsport-Karriere von Rennfahrer über Gebrauchtwagen-Händler, Fahrermanager und Teamchef beinahe jeden Job gemacht hat, nicht angelangt: "Kürzlich wurde ich wieder danach gefragt, von jemandem, der mehr als 20 Jahre jünger ist als ich", berichtet Ecclestone. "Ich habe ihm vorgeschlagen, einen 100-Meter-Wettlauf zu machen. Um 10.000 Dollar. Ich habe gesagt, lass' uns das Geld jetzt hier auf den Tisch legen und dann laufen wir. Der Lauf hat nicht stattgefunden."

Ruhestand auf den Bahamas? "Könnte ich nicht"

Nach einer Bypass-Operation vor einigen Jahren scheint der Brite wieder topfit. Er steht jeden Tag um 6:30 Uhr auf, liest Zeitung und fährt in sein Londoner Büro, das sogar an den rennfreien Wochenenden. "Keine Ahnung, was passiert, wenn ich aufhöre", grübelt Ecclestone im Gespräch mit der 'Mail on Sunday'. In ihm schlummert noch immer der Tausendsassa und Workaholic von einst: "Ich lebe kein gestresstes Leben, aber ich bin immer am Limit. Schluss machen, mich dann für die Bahamas entscheiden und jeden Morgen nichts mehr tun, das könnte ich nicht."

Er betrachtet Routine als Gefahr. "Die Leute nehmen immer den gleichen Zug, den gleichen Bus oder reisen auf die gleiche Art und Weise. Sie setzen sich ins Auto und fahren die gleiche Route", wundert sich Ecclestone. Seinen berühmten "Teflon-Status", der ihn Skandale und Skandälchen hat überleben lassen, möchte er indes nicht missen. "Ich habe nicht bemerkt, dass mir das geschadet hätte", spielt er auf den Münchener Bestechungsprozess im vergangenen Jahr an, ärgert sich aber.


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Der Ausgang des Verfahrens und der 100 Millionen US-Dollar teure Freikauf bereiten dem Perfektionisten Magenschmerzen. "Ich dachte immer, ich sei ein vernünftiger Geschäftsmann und mir ist klar geworden, dass ich das in diesem Fall vielleicht nicht gewesen bin", meint Ecclestone, der seine Unschuld in der Causa Gerhard Gribkowsky immer beteuert hat und noch immer darauf beharrt. "Nachdem ich mich mit den Anklägern geeinigt hatte, resümierte der Richter, dass es nie einen Fall gegeben hätte. Da denkst du dir: 'Oh mein Gott!'"