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  • 02.09.2014 10:57

Mercedes vor Monza: Schwierige Zeiten für die Silberpfeile

Nico Rosberg geht vorbelastet in den Großen Preis von Italien - Im ersten Rennen nach dem großen Knall beginnt die heiße Phase im WM-Duell mit Lewis Hamilton

(Motorsport-Total.com/SID) - Nico Rosberg geht gebrandmarkt in das erste Rennen nach dem großen Knall. Ganz offiziell stellte Mercedes seinen WM-Spitzenreiter vor dem Auftritt in Monza ins Zentrum der Kritik, der jüngste Unfall mit Stallrivale Lewis Hamilton sei "ein absolutes No-Go" gewesen, bekräftigte Motorsportchef Toto Wolff. Und der nette Herr Rosberg ist plötzlich der Buhmann der Königsklasse.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg, Lewis Hamilton

Lewis Hamilton gegen Nico Rosberg: Wie geht es mit den beiden weiter? Zoom

Pfiffe der Fans, heftiger öffentlicher Tadel durch die Teamführung und eine wohl sechsstellige Geldstrafe waren Rosbergs zu teure Rechnung für einen vermeidbaren Rennunfall - der 29-Jährige bleibt seiner Linie der Deeskalation dennoch treu. Für seine "Fehleinschätzung" entschuldigte er sich via Facebook, betonte zudem seine "Verantwortung" gegenüber dem Team und freute sich darauf, "die Saison mit einem harten, aber fairen Wettkampf auf und neben der Strecke abzuschließen."

Mercedes hatte Rosberg zuvor in einer Pressemitteilung als Schuldigen des Unfalls in Belgien benannt. Die Silberpfeile verzichteten dabei allerdings komplett darauf, auf die jüngsten Verfehlungen des Engländers einzugehen, der Interna aus einer Teamsitzung ausgeplaudert hatte. Und das sorgt sogar in Hamiltons Heimat für Verwunderung.

Max Mosley kritisiert Mercedes-Vorgehen

Kein geringerer als Max Mosley, der frühere Chef des Automobil-Weltverbandes FIA, übte Kritik an diesem Vorgehen. "Wenn sie schon entscheiden, Rosberg zu bestrafen, dann hätten sie es nicht mitteilen sollen. Das ist eine öffentliche Beschuldigung, das sollte man nicht tun", sagte der 74-Jährige der 'Daily Mail'.

Und das nicht unbedingt der Neutralität verdächtige britische Boulevard-Blatt stellt sogar in einem Kommentar die Frage nach Hamiltons Rolle. "Was schlimmer war als Rosbergs Fehler, war Hamiltons Geschwätzigkeit nach der Teamsitzung", schreibt die 'Mail': "Rosberg hätte sich niemals auf diese Weise verhalten."

Auch aufgrund des Krisenmanagements der Silberpfeile gibt es also kaum Gewinner in dieser Geschichte. "Ob es für das Team gut ist, dass man über einen 'Krieg der Sterne' diskutiert? Mit Sicherheit nicht", sagte auch Wolff bei 'Auto Bild motorsport': "Ich glaube, dass die Zusammengehörigkeit im Team an diesem Wochenende gelitten hat. Als Mercedes hätte ich mir diese Debatte gerne erspart."

Folgen weitere Unfälle?

Dennoch hofft der Österreicher, dass man gestärkt aus der Situation hervorgehe und legt zudem Wert darauf, dass Rosberg den Unfall "nicht absichtlich herbeigeführt" hat. Ein weiterer ähnlicher Vorfall - egal welcher Fahrer ihn verursacht - werde dennoch nicht toleriert.

Das Problem dabei: Weitere Rennunfälle werden in der Endphase der Saison nicht unwahrscheinlicher. Denn sieben WM-Läufe vor Schluss bleibt den Silberpfeilen im engen Duell nur die Kampflinie, 29 Punkte trennen Rosberg mit 220 Zähler von Hamilton mit 191 Zähler. Dem Engländer helfen zweite Plätze nicht mehr weiter.

"Hamilton hat in Spa alles verloren. Das könnte diesen Zweikampf eskalieren lassen, weil sich Lewis die verlorenen Punkte zurückholen will", sagte auch Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung'. Auf der Vollgasstrecke im Königlichen Park von Monza wandelt Mercedes damit auf einem schmalen Grat: Für die Fahrer geht es bereits um alles, und Sebastian Vettels Red-Bull-Kollege Daniel Ricciardo befindet sich mittlerweile in Schlagdistanz mit 156 Punkten. Der Australier würde von weiteren Ausfällen der überlegenen Silberpfeile profitieren.


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Belgien


"Ich verstehe die relativ harte Reaktion von Wolff und Lauda", sagte daher der frühere Formel-1-Pilot Christian Danner dem 'SID': "Man stelle sich mal vor, Ricciardo wird doch noch Weltmeister. Dann würden die beiden in ihrem Job schon in Frage gestellt werden."