• 13.10.2012 14:14

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

Mercedes und der Silberstreif am Horizont

In Südkorea knapp in den Top 10, mit den Gedanken schon in der Saison 2013: Mercedes nutzt die letzten Formel-1-Rennen des Jahres auch zu Testzwecken

(Motorsport-Total.com) - "Sehr viel besser wäre es nicht gegangen." Was wie eine positive Feststellung klingt, ist eigentlich ein ernüchterndes Eingeständnis von Ross Brawn: Mercedes war im Qualifying zum Großen Preis von Südkorea nicht bei der Musik. Sowohl Nico Rosberg als auch Michael Schumacher schafften den Einzug in die Top 10 nur mit Mühe und kamen schließlich nicht über die Ränge neun und zehn hinaus.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Grau in Grau: Michael Schumacher und Mercedes blieben im Qualifying blass Zoom

"Rückblickend müssen wir vielleicht festhalten: Wären wir nicht gefahren, hätten wir uns die Reifen aufgespart", sagt Teamchef Brawn nach dem Zeittraining, das einmal mehr keinen Höhenflug für Silber bereithielt. In Yeongam ist dies hauptsächlich auf die Reifensituation zurückzuführen - und die ist kurios: Während die Vorderreifen am Mercedes W03 zu kühl sind, werden Hinterreifen zu heiß.

Was es den Fahrer nicht gerade einfach macht, die Leistung des Autos auf die Strecke zu bringen. "Du musst dich einfach anpassen", meint Schumacher und erklärt: "Es kann sich zwar von Runde zu Runde verändern, ist insgesamt aber nicht so extrem wie bei dem einen oder anderen Rennen wie beispielsweise Singapur. Dort haben die Hinterreifen sehr überhitzt." Wie nun auch in Südkorea.

Doch dieses Mal kämpft Mercedes gleich an zwei Fronten. Schumacher: "Jedes Auto und jede Strecke haben einen ganz eigenen Charakter. Das eine oder andere Fahrzeug passt besser. Auch die Reifen sind sehr speziell. Sie haben nur ein kleines Arbeitsfenster, in dem sie optimal funktionieren. Die Pneus dahin zu bringen und darin zu halten, ist der große Knackpunkt, ein Drahtseilakt."

Dabei fühlt sich der W03 im ersten Sektor von Yeongam eigentlich pudelwohl. "Die Bedingungen und die Strecke kommen uns etwas mehr entgegen", sagt Rosberg. "Vor allem der technische Sektor eins mit den langen Geraden und den Haarnadel-Kurven. Da liegen unsere Stärken. Und das hilft." Das große Problem sei indes der dritte und letzte Sektor. "Da verlieren wir sehr viel Zeit", meint Rosberg.

Der Grund: "An beiden Fahrzeugen trat im letzten Sektor Graining auf", erklärt Mercedes-Teamchef Brawn und merkt an: "Es betraf die rechten Vorderreifen. Die Sektoren eins und zwei sahen gut aus, doch im dritten Abschnitt gingen die Reifen einfach in die Knie. Die Temperaturen ließen nach. Das war uns natürlich keine Hilfe." Angesichts dessen habe man sich noch vergleichsweise gut verkauft.

Und vielleicht könne man sich am Renntag durch den starken ersten Sektor ja noch etwas besser in Szene setzen. "Möglicherweise kommt uns das beim Überholen entgegen", sagt Rosberg, der mit einem "ganz interessanten Grand Prix" rechnet. "In letzter Zeit waren wir in Qualifikation und Rennen ähnlich schnell unterwegs. Es wird also nicht einfach, nach vorn zu gelangen", sagt der Deutsche.


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Südkorea


"Natürlich wollen wir es aber versuchen. Mit einem guten Start und mit einer guten Strategie sind noch ein paar mehr Punkte drin. Unser Ziel sind die Top 7", meint Rosberg. "Das wäre ein gutes Ergebnis für unsere derzeitige Situation." Und eben diese soll sich bald endlich zum Besseren wenden, denn Mercedes arbeitet schon jetzt sehr intensiv am Auto für 2013. Auch vor Ort an der Rennstrecke.

"Unser Chassis-Team entwirft das neue Fahrzeug auf eine gewisse Weise und will diese Ansätze bestätigt wissen. Am Freitag haben wir daher schon einige Teile für 2013 ausprobiert", sagt Brawn und Rosberg fügt hinzu: "Wir machen weiter Druck und probieren neue Teile am Auto aus. Dabei gelingen uns gute Fortschritte." Der Haken daran sei bloß: Auch die Konkurrenz komme voran.

Davon will man sich bei Silber aber nicht aus dem Konzept bringen lassen. Rosberg zeigt sich sehr zuversichtlich: "Wir kommen dahin. Gegen Saisonende sollten wir ein bisschen näher dran sein. Hoffentlich ist das auch der Fall. Bis dahin wolle man "noch einiges" am aktuellen Fahrzeug testen, sagt Brawn. Um dann mit möglichst vielen Entwicklungsdaten in die lange Winterpause zu gehen.

Die Situation auf der Rennstrecke lasse solche Maßnahmen zu. "Checks dieser Art kann man ganz prima an einem Freitagmorgen absolvieren", meint Brawn. "Da ist die Bahn eh noch 'grün'." Eine gute Gelegenheit also, um diverse Neuentwicklungen für 2013 schon jetzt einem Praxistest zu unterziehen. Oder wie es Brawn ausdrückt: "Es dauert eine Weile, bis man ein effektives System entwickelt hat."