• 09.06.2012 00:07

  • von Stefan Ziegler

McLaren: Nur Hamilton mit einem problemlosen Auftakt

Lewis Hamilton markierte im Freien Training die Bestzeit, doch Jenson Button kam aufgrund von technischen Defekten nur begrenzt zum Fahren

(Motorsport-Total.com) - Unterschiedlicher hätte der Kanada-Freitag für das McLaren-Duo kaum verlaufen können: Lewis Hamilton erwischte einen sehr guten Auftakt in das siebte Formel-1-Wochenende des Jahres, aber bei Jenson Button ging dafür richtig viel schief. Der britische McLaren-Fahrer wurde im Tagesverlauf gleich zweimal von technischen Defekten heimgesucht, sodass er nur wenige Runden fahren konnte.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton hatte einen problemlosen Freitag, Jenson Button dagegen nicht

Hamilton, mit 73 Umläufen fast dreimal länger auf der Strecke als Button, absolvierte indes ein sehr ordentliches Training und klassierte sich nach zwei Sessions als Tagesschnellster. Der Weltmeister von 2008 brauchte 1:15.259 Minuten für seinen besten Versuch auf dem Circuit Gilles Villeneuve in Montreal. Button reihte sich nach nur 26 Runden mit 1:15.812 Minuten auf dem zehnten Platz ein.

Und wie 'BBC'-Experte Gary Anderson feststellt, geschah all dies ohne nennenswerte Updates am McLaren-Fahrzeug. Dem früheren Formel-1-Designer fiel aber sehr wohl auf, dass McLaren seine Autos mit einer sehr steifen Abstimmung auf die Strecke schickte. "Damit kriegst du mehr Energie in die Reifen", erklärt Anderson. "Das könnte erklären, weshalb McLaren im Qualifying so stark ist."

Hamilton fährt zur Bestzeit in Kanada

Die Bestzeit von Hamilton scheint dies zu bestätigen. Überhaupt fühlte sich der McLaren-Pilot am ersten Tag sehr wohl im Auto: "Ich bin zufrieden mit meinem Start in dieses Wochenende und bin froh, dass der Regen bis nach beiden Trainings auf sich warten ließ. Prima ist auch, dass wir viele gute Setupänderungen durchführen könnten", sagt der zweimalige Kanada-Sieger nach dem Training.

"Hier brauchst du eine hundertprozentige Entschlossenheit." Lewis Hamilton

"Montreal ist eine klasse Strecke. Hier brauchst du eine hundertprozentige Entschlossenheit, denn als Fahrer kannst du hier noch einen Unterschied ausmachen. Auf diesem Kurs werden die Unterschiede zwischen den Piloten sichtbar", meint Hamilton und spricht die Pneusituation an: "Obwohl die weicheren Reifen etwas schneller waren, fuhr ich am Freitag lieber auf der härteren Mischung."

"Jenson hatte einen unglücklichen Tag", fährt Hamilton fort. "Es gab ein paar Probleme im Heckbereich seines Autos. Es war aber gut, dass er zumindest zum Ende der Einheit noch einige Runden zurücklegen konnte. Auf dieser Strecke ist es wichtig, viel zu fahren. Die Mauern stehen nämlich sehr eng und du musst dich langsam herantasten. Der Freitag war insgesamt also positiv."

Button von Getriebeproblemen geplagt

"Es dürfte an diesem Wochenende aber ziemlich eng werden. Und das nicht nur im Qualifying, sondern auch im Rennen", meint Hamilton und übergibt das Wort an seinen leidgeprüften McLaren-Teamkollegen, der von "ein paar Schwierigkeiten" spricht. "Am Morgen trat an meinem Auto ein Ölleck auf. Die Mechaniker nahmen daraufhin das Getriebe ab und bauten es dann wieder an."

"Wir hatten keine Abstimmung, die sich richtig anfühlte." Jenson Button

"Danach bemerkten wir ein weiteres Problem. Sie mussten das Getriebe also erneut ausbauen und es später erneut einbauen. Sie leisteten gute Arbeit, doch die Verzögerungen hatten zur Folge, dass wir keine Runden mit viel Sprit absolvieren und auch keine Setuparbeit durchführen konnten. Wir mussten einfach auf die Strecke und fahren. Wir hatten daher keine Abstimmung, die sich richtig anfühlte."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Kanada


"Ich möchte mich dennoch bei den Jungs bedanken", sagt Button. "Sie haben mit Nachdruck daran gearbeitet, alles zu reparieren. Sie waren fantastisch. Ich mache mir nicht zu viele Sorgen. Das Auto funktionierte gut und Lewis war den gesamten Tag über sehr schnell. Wir haben also viele gute Daten, die wir uns vor dem Samstag anschauen können. Und ich mag es, hier zu fahren", erklärt Button.

Wie gut hat McLaren wirklich gearbeitet?

"Hoffentlich haben wir am Samstag etwas mehr Glück." Das würde sich auch McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh für seinen Fahrer wünschen. "Jenson hatte einen schwierigen Tag, was aber nicht seine Schuld war. Am Vormittag hatte er ein Ölleck am Auto, weshalb es erforderlich war, das Getriebe an seinem Fahrzeug abzunehmen und neu zu fixieren", berichtet Whitmarsh in Montreal.

"Wir müssen den Hut vor den Mechanikern ziehen." Martin Whitmarsh

"Vor dem zweiten Freien Training bemerkten wir dann ein weiteres Problem und mussten das Gleiche noch einmal tun. Deshalb verlor Jenson viel Streckenzeit. Als er dann, 18 Minuten vor dem Ende der zweiten Einheit, auf die Strecke gehen konnte, fand er sich im Verkehr wieder. In den wenigen Runden, die ihm zur Verfügung standen, brachte er daher kaum eine gute Zeit zustande."

"Trotzdem müssen wir den Hut vor den Mechanikern ziehen. Sie leisteten klasse Arbeit darin, das Heck seines Autos zu entfernen und wieder anzufügen - und das gleich zweimal", sagt Whitmarsh. Anderson sieht das aber anders und findet deutliche Worte: "Ein Getriebewechsel sollte eigentlich in einer halben Stunde passiert sein. Das war nicht gut genug", findet der frühere Formel-1-Designer.

Whitmarsh ist sehr zuversichtlich

Anderson macht dies auch an der Leistung einer gegnerischen Garage fest und verweist auf die Situation bei Caterham, wo der Unfallwagen von Heikki Kovalainen in der gleichen Zeit "komplett neu aufgebaut" wurde, wie es Anderson formuliert. Der 'BBC'-Experte kommt für sich zu einem eindeutigen Schluss: "Wer versucht, die WM zu gewinnen, dem darf so etwas nicht passieren."

"Wer versucht, die WM zu gewinnen, dem darf so etwas nicht passieren." Gary Anderson

Whitmarsh sieht dennoch viel Positives: "Lewis zeigte eine sehr gute Leistung. Auf einer schnellen Runde war er stark, auf die Distanz war er schlicht exzellent. Er ist hier sehr konkurrenzfähig. Er hat dieses Rennen sowohl 2007 als auch 2010 gewonnen. Ich denke, er wird am Samstag mit der ihm in diesem Jahr eigenen Zuversicht angehen." Und auch von Button verspricht sich Whitmarsh einiges.

"Für das dritte Freie Training wollen wir Jenson ein gutes Paket hinstellen, mit dem er sich auch entsprechend qualifizieren kann. Wir alle wissen, wie brillant er auf dieser Strecke sein kann. 2011 war er hier einfach spitze, doch daran brauche ich die Millionen TV-Zuschauer sicher nicht erinnern", sagt Whitmarsh. Button hatte das Rennen 2011 spektakulär für sich entschieden - in der letzten Runde.