Marmorini: "Mussten mit dem V8 Lehrgeld bezahlen"
Dem Motoren-Chef von Toyota, Luca Marmorini, hat der Wechsel auf V8-Motoren und die Homologierung viel Arbeit beschert, jetzt freut er sich auf 2007
(Motorsport-Total.com) - Toyota hat heute in Köln den neuen TF107 vorgestellt - das Auto mit dem die Japaner in dieser Saison den ersten Sieg holen wollen. Motorenchef Luca Marmorini äußerte sich im Interview zu den V8-Motoren, zur Homologierung und zur Partnerschaft mit Williams.

© Toyota
Toyota-Motorenchef Luca Marmorini war über die Homologierung nicht glücklich
Frage: "Wie groß war die Herausforderung, zum ersten Mal einen V8-Motor zu bauen?"
Luca Marmorini: "Das war wirklich eine große Herausforderung! Obwohl die FIA versucht hat, uns zu ermöglichen, so viele Details wie möglich vom alten V10 zu übernehmen, ist es doch ein völlig neuer Motor geworden. Deswegen hatte wir bei Toyota schon recht früh einen Motor auf dem Prüfstand und auch auf der Strecke. Auf dem Prüfstand hatten wir einen Motor zum ersten Mal am 21. März, der erste Motorenstest auf der Strecke war Ende Juli. Es gab aber während des Jahres noch Probleme im Zusammenwirken von Motor und Auto. Aus diesen Problemen hat das ganze Team viel gelernt und das hat gezeigt, was für eine große Herausforderung ein V8-Motor ist."#w1#
Frage: "Waren Sie dann mit dem Ergebnis zufrieden?"
Marmorini: "Wenn man den Motor für sich allein betrachtet, dann würde ich schon sagen, dass wir mit seiner Leistung zufrieden sind. Aber wenn man sieht, welche Probleme das Team in Sachen Zuverlässigkeit hatte, also das Gesamtpaket betrachtet, dann sind wir natürlich nicht glücklich."
Frage: "Worauf kam es beim Wechsel von V10 zu V8-Motoren vor allem an?"
Marmorini: "Wir haben herausgefunden, dass - warum auch immer - viele Kleinigkeiten, die zur Zeit der V10 vernachlässigbar waren, plötzlich wieder große Bedeutung hatten. Das waren kleine Dinge wie ein Pumpenantriebsschaft oder die Befestigung der Lüftung. Über dieser Details musste sich in den letzten zwei, drei Jahren der V10 keiner Gedanken machen, aber spielen sie bei den V8 eine ganz andere Rolle. Das war das Lehrgeld, das wir im ersten Jahr V8 zahlen mussten. Ich hoffe nur, dass wir so etwas in diesem Jahr nicht mehr erleben müssen."
Frage: "Wie hat die Einfrierung der Motoren Ihre Planung im vergangenen Jahr beeinflusst?"
Marmorini: "Vor allem die vielen Unsicherheiten haben uns stark beeinträchtigt. Lange Zeit war ja nicht klar, was überhaupt geplant ist. Das hat für uns bedeutet, dass wir mehrere Projekte nebeneinander laufen lassen mussten, um für alles vorbereitet zu sein. Das war das Eine. Zweitens gab es die Idee, einen Drehzahlbegrenzer einzuführen. Auch wenn man vorher schon darüber gesprochen hatte, hatte niemand damit gerechnet, dass die Begrenzung bei 19.000 Touren liegt. Wir wollten während der vergangenen Saison einen neuen Motor herausbringen, der wesentlich höher gedreht hätte. Mit diesem Motor wollten wir die Saison beenden und ihn dann in der Endversion 2007 einsetzen. Als klar war, dass wir 2006 einen Motor für 2007 homologieren müssen, mussten wir die Entwicklung stoppen. Das war also eine große Verschwendung von Ressourcen und Zeit."
Frage: "Ab wann haben Sie sich wirklich auf den homologierten Motor konzentriert?"
Marmorini: "Nach dem Nürburgring haben wir begonnen, über unsere Entwicklungen für die Saison 2007 nachzudenken und spätestens in den letzten vier oder fünf Rennen, ab Monza, haben wir uns wirklich nur noch auf dieses Jahr konzentriert. Ich denke, dass das bei anderen Teams genauso war."
Frage: "Beim Saisonende in Brasilien haben Sie der FIA den Referenzmotor übergeben. Ist er eine gute Basis für die nächsten Jahre?"
Marmorini: "Wir denken schon, dass er eine gute Basis ist. Aber als Rennteam sind wir nicht glücklich über die Beschränkungen, die wir in der Entwicklung haben. Denn wir haben noch viele Ideen. Die FIA hat die Möglichkeiten da aber stark beschränkt, das heißt, dass viel Entwicklungsarbeit am Motor gestoppt werden musste. Als Ingenieur mag man so was natürlich gar nicht!"
Frage: "Was erhoffen Sie sich von der neuen Partnerschaft mit Williams?"
Marmorini: "Was den Motor angeht, so können wir nun doppelt so gut wie bisher an der Zuverlässigkeit arbeiten. Sie können uns gute Anhaltspunkte geben und wir können doppelt so viele Daten sammeln wie bisher. Aus Motorensicht ist das für uns natürlich wichtig. Ich denke aber auch dass unsere Kollegen aus der Chassis-Abteilung von Williams noch ein bisschen was lernen können, und wir können besser beurteilen, was an unserem Auto gut ist. Beide Teams, Williams und Toyota, haben damit Anhaltspunkte."
Frage: "Wie schätzen sie das Gesamtpaket für 2007 ein?"
Marmorini: "Wir haben hart gearbeitet, und das Team hat sich verbessert. Wir sind zuversichtlich, dass wir besser sind, als wir vergangenes Jahr gezeigt haben. Wenn das Paket langsam ist, bist du immer langsam. Wir hatten ein paar Highlights, die uns gezeigt haben, dass wir sehr konkurrenzfähig sind, wenn alles zur richtigen Zeit richtig ineinander greift. Ich denke, wir gehören schon zu dem Teams, die hinter Renault und Ferrari um Platz drei kämpfen können. Wir sind also sehr zuversichtlich, dass das Auto in diesem Jahr sehr schnell sein wird. Es gibt einige starke Mitbewerber und es wird eine herausfordernde Saison. Wir haben unsere Hausaufgaben gut gemacht - aber wie immer werden wir erst im März sehen, wie gut die anderen das getan haben."

