Malaysia: Spielt Tropenhitze Lotus in die Karten?

Nach dem Sieg in Australien mahnt Kimi Räikkönen sein Team an, nicht in Euphorie zu verfallen, Romain Grosjean will es in Malaysia seinem Teamkollegen nachmachen

(Motorsport-Total.com) - Das hätte vermutlich selbst bei Lotus kaum jemand für möglich gehalten: Nachdem man 2012 bis ans Saisonende warten musste, ehe der erste Saisonsieg gelingt, trumpfte Kimi Räikkönen diesmal gleich beim ersten Grand Prix des Jahres voll auf und sicherte sich die heißbegehrten 25 WM-Punkte. Das weckt Erinnerungen an die Saison 2007, als der Finne ebenfalls das Auftaktrennen für sich entschied und dann seinen einzigen WM-Titel holte.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen ist nach dem tollen Saisonstart auch für Sepang zuversichtlich Zoom

Bleibt die Frage: War Räikkönens starke Rennperformance ein Ausreißer, oder ist Lotus dieses Jahr tatsächlich in Titelform? Eine Ahnung könnte man bereits beim kommenden Grand Prix von Malaysia gewinnen, denn das Tropenrennen in Sepang gilt als reifenmordend. Es ist nicht auszuschließen, dass der Bolide aus der Feder von James Allison ein weiteres Mal brilliert, denn gerade bei Hitzerennen erwies man sich im Vorjahr als besonders konkurrenzfähig. Für Räikkönen bedeutet das kommende Rennwochenende auf jeden Fall die Rückkehr zu seiner ersten Triumphstätte, schließlich feierte er in Sepang 2003 den ersten seiner 20 Grand-Prix-Siege.

Rückkehr zu ersten Triumphstätte

"Malaysia war in der Vergangenheit gut und schlecht zu mir", erinnert er sich. "Ich hatte ein paar schlechte Rennen, aber ich habe auch drei Mal gewonnen, darunter mein erster Grand-Prix-Sieg. Es ist also schön, dorthin zurückzukehren, wo alles begonnen hat. Natürlich werde ich meinen ersten Sieg beim Grand Prix von Malaysia für immer in Erinnerung haben."

Kimi Räikkönen

Geburtsstunde eines Champions: Räikkönen siegt 2003 erstmals in der Formel 1 Zoom

Dennoch sei der Kurs für Räikkönen "nicht wichtiger als andere Kurse, er ist für mich nicht so speziell. Es handelt es sich aber um einen schönen Ort, um Rennen zu fahren. Ich mag die Strecke und die Herausforderung durch die Hitze gleich zu Beginn des Jahres. Zudem handelt es sich um einen der Kurse, wo es normalerweise irgendwann am Wochenende regnet. Man muss also auch diese Möglichkeit in sein Programm einbeziehen."

Räikkönen bremst die Erwartungen

Den Auftaktsieg will Räikkönen nicht überbewerten: "Natürlich fühlt es sich gut an, aber wir haben erst ein Rennen hinter uns. Das ändert unsere Ziele und die Herangehensweise an dieses Jahr nicht. Der Sieg macht uns klarerweise sehr glücklich, aber es steht noch eine enorme Menge an Arbeit vor uns, wollen wir die Weltmeisterschaft gewinnen. Das Auto hat im Albert Park einen guten Eindruck gemacht, also hoffe ich, dass es auch bei den kommenden Rennen gut läuft."

"Unser Auto hat in Australien gut funktioniert, und zumindest im Vorjahr lief es für uns bei Hitze gut." Kimi Räikkönen

Zumal er laut eigenen Angaben "nicht immer Vollgas geben musste. Das ist ein gutes Zeichen, es war ein gutes Rennen. Aber Malaysia kann schon wieder eine ganz andere Geschichte sein, es gibt also keinen Grund, auf und ab zu springen und in Euphorie zu verfallen. Die Saison ist lang, und am Ende wollen wir ganz oben stehen, daher wird es eine harte Saison. In Australien hat alles funktioniert, wir hatten keine Probleme mit dem Auto, das Auto war gut, und das Team hat gut gearbeitet. Nach den Wintertests, wo ich wahrscheinlich die wenigsten Runden von allen gefahren bin, ist das besonders schön, denn diesbezüglich hatten wir keinen besonders schönen Winter."

Räikkönen ist nach wie vor der Meinung, dass sich das Kräfteverhältnis noch nicht abschätzen lässt: "Ich denke, wir müssen zwei oder drei Rennen abwarten, bevor wir wissen, was wirklich Sache ist. Wahrscheinlich wird es in Malaysia wieder irgendwann regnen, es ist ein anderer Kurs, andere Bedingungen. Unser Auto hat in Australien gut funktioniert, und zumindest im Vorjahr lief es für uns bei Hitze gut. Ich hoffe also auf ein gutes Wochenende."

Budget als Fragezeichen

Im Gegensatz zu den anderen Topteams hat Lotus weniger Budget - ein Faktor im Entwicklungsrennen? "Schon im Vorjahr stellte sich die Frage, ob unser Team bei der Entwicklung mit den größeren Teams mithalten kann, und ich finde, dass wir keine schlechte Arbeit geleistet haben", sagt der Finne. "Natürlich wird es nicht leicht für uns. Ich bin aber sicher, dass wir die Werkzeuge und das Personal dafür haben. Das Budget ist immer ein Faktor, und es ist kein Geheimnis, dass wir nicht so viel Geld wie Ferrari, Red Bull oder Mercedes haben. Wenn wir mehr Sponsoren hätten, dann bin ich sicher, dass wir gegen diese Teams bessere Chancen hätten."


Fotos: Kimi Räikkönen, Großer Preis von Australien


Der Weltmeister 2007 hofft, dass der Sieg eine positive Dynamik auslöst: "Die Saison ist lang. Wenn man es richtig macht, dann läuft es gut, aber eine Kleinigkeit kann sich auf das ganze Jahr auswirken. Man greift bei ein paar Dinge ein bisschen daneben, und es kann sich alles umdrehen und danach bergab gehen. Wir müssen also ganz normal weitermachen, wie im Vorjahr, und uns bei den neuen Teilen Mühe geben. Wenn wir glücklich sind, dann verwenden wir sie, wenn nicht, dann müssen wir noch genauer daran arbeiten. Bis jetzt läuft es aber gut, also sehe ich keinen Grund, warum wir nicht mithalten können sollten."

Auf und ab für Grosjean

So hervorragend der Grand Prix von Australien für Räikkönen verlaufen ist, so enttäuschend lief es für Romain Grosjean. Der Franzose sicherte sich als Zehnter bloß einen mickrigen WM-Punkt. "Schade, denn nach dem Qualifying sah alles so gut aus, aber im Rennen passte was mit dem Auto nicht", gibt er zu Protokoll. "Ich habe mich mit meinen Ingenieuren zusammengesetzt, um den Ursprung des Problems zu analysieren, und hoffentlich können wir in Zukunft eine bessere Leistung bringen."

"Es war sehr frustrierend." Romain Grosjean

"Zu gewissen Zeitpunkten an diesem Wochenende fühlte sich das Auto so gut an, aber dann war ich wieder nicht dort, wo ich sein wollte", beschreibt er das Auf und Ab. "Das Rennen war lang und ziemlich schwierig. Wir wissen, dass es knifflig sein kann, den Kurs im Albert Park zu verstehen - und das Wetter hat sicher nicht geholfen. Es war sehr frustrierend, und es tut mir für mich und für das Team Leid, denn ich wollte die Saison mit einem starken Ergebnis beginnen. Jetzt werde ich mich mit den Ingenieuren zusammensetzen, um herauszufinden, wie ich mich für das bevorstehende Rennen bestmöglich verbessern kann. Jetzt werden wir wie immer hart arbeiten, um das Maximum zu erreichen. Wenn das Auto für Podestplätze gut ist, dann will ich oben stehen."

Grosjeans Lieblingsstrecke

Jetzt will er einfach den "Reset-Knopf" drücken: "Natürlich will man alles nutzen, was man gelernt hat, dennoch ist die beste Herangehensweise, dein Bestes geben zu wollen und dich nicht von einem Ergebnis, das nicht nach deinem Geschmack war, aus der Bahn werfen zu lassen. Ich werde zwischen Australien und Malaysia meine Batterien neu aufladen, damit ich in Sepang frisch ankomme und auf der Strecke das Maximum abliefern kann."

Zumal der Sepang International Circuit ein Ort ist, mit dem Grosjean Gutes verbindet: "Es ist wahrscheinlich meine Lieblingsstrecke in der gesamten Saison. Ich fuhr hier 2008 in der GP2 Asia mein erstes Rennen, und ich habe es wirklich geliebt. Der Kurs ist schön und breit, es gibt schnelle und flüssige Kurven, es ist etwas hügelig, wodurch die Strecke viel Spaß macht. Die letzte Kurve ist knifflig, aber mir gefällt hier eigentlich alles. Okay, vielleicht nicht die Hitze und die Feuchtigkeit, aber am Ende ist das bloß eine weitere Herausforderung für die Fahrer. Ich freue mich wirklich."

Sieg als Ziel

Das Australien-Wochenende gibt ihm zusätzliche Zuversicht, auch wenn es für ihn nicht nach Plan lief: "Kimis Auto hat offensichtlich sehr gut funktioniert, und die Tatsache, dass meines auch immer wieder an diesem Wochenende einen guten Eindruck hinterlassen hat, vermittelt uns ein klares Ziel, wozu das Auto im Stande ist und wo wir mit dem Setup hinwollen. Ich will für das Team 25 Punkte holen. Da ist es sehr ermutigend, dass ich weiß, dass nicht mehr viel fehlt, um das Auto so hinzukriegen, wie ich es will."

"Ich will für das Team 25 Punkte holen." Romain Grosjean

Ein Fragezeichen sind die Bedingungen in Malaysia: Bei Nässe war der Lotus im vergangenen Jahr nicht das schnellste Auto. Grosjean ist dennoch zuversichtlich: "Im Vorjahr war es wirklich schwierig, aber wir haben bei Nässe Fortschritte gemacht - das haben wir bei schwierigen Bedingungen in Australien bewiesen. Daher glaube ich, dass wir eine gute Show zeigen können, ganz egal, wie das Wetter wird."

Auch der Stress zweier aufeinanderfolgender Rennwochenenden beunruhigt den Franzosen nicht: "Es gibt ein paar Dinge, die einem in diesen Situationen helfen. Erstens ist es wichtig, das Training aufrecht zu erhalten, ganz egal, wieviel man schlafen will. Außerdem muss man den Körper auf den Zeitunterschied und das Klima einstellen, was vor allem in Malaysia gilt, wo die Hitze und die Luftfeuchtigkeit aus physischer Sicht für eines der schwierigsten Rennen sorgen."