• 17.04.2010 14:05

  • von Dieter Rencken

Liuzzi: "Es hat nicht geklappt..."

Force-India-Pilot Vitantonio Liuzzi im Interview mit 'Motorsport-Total.com' über die Qualifikation von China und das Comeback von "Schumi"

(Motorsport-Total.com) - Für Vitantonio Liuzzi begann das vierte Rennwochenende des Jahres mit einer negativen Überraschung: Der italienische Rennfahrer musste in der Qualifikation bereits nach der ersten Teilsession die Segel streichen und seinen Force India VJM03 in der Boxengasse abstellen. Entsprechend schwierig ist die Ausgangslage von Liuzzi, der im exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com' ausführlich Stellung nimmt zu seinem Abschneiden und weiteren aktuellen Themen.

Titel-Bild zur News: Vitantonio Liuzzi

Das ging schief: Vitantonio Liuzzi startet in China nur von Position 18 ins Rennen

Frage: "Vitantonio, du hattest in Schanghai wieder ein sehr schwieriges Qualifying..."
Vitantonio Liuzzi: "Das war ein weiteres unglückliches Qualifying für mich. Jetzt bin ich schon das dritte Mal bei vier Grands Prix im Verkehr hängen geblieben. Ich muss mich wirklich mit meinem Team hinsetzen und schauen, weshalb das immer wieder passiert - in Bahrain, in Australien und auch hier in China. Es sind eigentlich immer die gleichen Autos."#w1#

"Einmal hing ich hinter einem HRT-Fahrzeug, aber das kann man ja nachvollziehen, denn diese Jungs haben es echt schwer. Auf meiner letzten Runde hatte ich schließlich einen Virgin vor mir. Das ist sehr schade, denn am Morgen hatten wir noch eine sehr gute Leistung gezeigt. Wir waren uns daher sicher, den Einzug in die dritte Teilsession zu schaffen. Aber so ist es nun einmal."

"Es hat nicht geklappt. Jetzt geht es darum, die Gründe dafür herauszufinden." Vitantonio Liuzzi

"Zunächst sind wir auf harten Reifen hinausgefahren und wir waren uns eigentlich ziemlich sicher, dass es für die Teilnahme an Session zwei reichen würde. Es hat aber nicht geklappt. Jetzt geht es darum, die Gründe dafür herauszufinden. Nächstes Mal muss es besser funktionieren."

Frage: "Wir groß sind die Unterschiede zwischen den beiden Reifenmischungen?"
Liuzzi: "Recht groß. Am Freitag waren die Unterschiede vielleicht noch etwas größer. Da sprechen wir von etwa drei bis vier Zehnteln."

"Am Samstag war es einen Tick wärmer und das kam den weichen Reifen etwas mehr entgegen. Am Samstagmorgen fand ich alleine dadurch sechs Zehntel. Ich denke aber nicht, dass das bei allen Fahrzeugen gleich ist. Ich konnte allerdings aus den weichen Reifen viel mehr Vorteile für mich gewinnen."

Die Bodenwellen sind schlimmer denn je

Frage: "Was sagst du zu den zahlreichen Bodenwellen in Schanghai?"
Liuzzi: "Es ist tatsächlich sehr holprig da draußen. In der Vergangenheit hat man nicht allzu viel an dieser Strecke gearbeitet."

"Wir hoffen natürlich darauf, dass da künftig etwas dagegen unternommen wird." Vitantonio Liuzzi

"In Kurve eins gibt es eine heftige Bodenwelle in der Bremszone, in der Mitte von Kurve acht ist es recht uneben und es gibt noch einige weitere Ecken, wo es recht holprig zugeht. Wir hoffen natürlich darauf, dass da künftig etwas dagegen unternommen wird."

Frage: "Habt ihr das in der Fahrergewerkschaft (GPDA) oder im Fahrerbriefing mit Charly Whiting besprochen?"
Liuzzi: "Wir haben die Situation erläutert und die Leute wissen Bescheid. Ich bin mir sicher: Bis zum kommenden Jahr wird da sicherlich etwas passieren."

"Es wird wohl ein schwieriger Grand Prix, denn es sieht nach Regen aus." Vitantonio Liuzzi

Frage: "Was rechnest du dir für das Rennen aus? Was kannst du leisten von deinem Startplatz aus?"
Liuzzi: "Es wird wohl ein schwieriger Grand Prix, denn es sieht wieder einmal nach Regen aus. Das Wetter ist jedenfalls das große Fragezeichen. Sollte es trocken bleiben, dann haben wir vielleicht die Chance, ein paar Positionen gutzumachen und in die Nähe der Punktplätze zu fahren. Im Trockenen sollten wir jedenfalls eine gute Geschwindigkeit haben. Überholen müsste also möglich sein."


Fotos: Force India, Großer Preis von China


"Im Nassen sieht es wiederum ganz anders aus - vor allem, weil die meisten Autos auf trockene Bedingungen abgestimmt sind. Im Regen kommt es auf den Fahrer an und darauf, im richtigen Augenblick genau das Richtige zu tun. Das ist immer eine Art Lotterie. Wir müssen es dieses Mal halt richtig machen."

Liuzzi bestätigt: Die Regeln sind klar

Frage: "Wie stehst du zum Schlangenlinien-Fahren, das wir beim vergangenen Rennen beobachten konnten?"
Liuzzi: "Darum muss sich die Rennleitung kümmern. Die Regeln sind diesbezüglich allerdings recht klar. Ich denke, das wird künftig nicht mehr vorfallen."

"Das kann sehr gefährlich sein. Künftig sollte das aber nicht mehr geschehen." Vitantonio Liuzzi

"Das haben wir klargestellt. Wir wollten einfach, dass sich die Fahrer dessen bewusst sind. Das kann sehr gefährlich sein. Okay, jetzt ist es zum ersten Mal passiert und es ist auch noch gut gegangen. Künftig sollte das aber nicht mehr geschehen."

Frage: "Welche Maßnahme sollte die Rennleitung in so einem Fall ergreifen? Wäre eine Stop-and-Go-Strafe das Richtige?"
Liuzzi: "Eine solche Bestrafung könnte den betreffenden Piloten sicherlich von seiner Schuld überzeugen. Dann würdest du das in den folgenden Rennen gewiss nicht mehr tun wollen - eine Stop-and-Go-Strafe macht dein Rennen schließlich zunichte."

"Es geht nur darum, die richtige Balance zu finden." Vitantonio Liuzzi

Frage: "Was hältst du von den neuen Regeln? Funktionieren sie in deinen Augen?"
Liuzzi: "Ich mag die neuen Regeln. Dass wir nun schmalere Vorderreifen haben, ist meiner Meinung nach kein großes Problem. Es geht nur darum, die richtige Balance zu finden. Der Benzintank ist nun so groß, dass sich zwischen Qualifikation und Rennen einiges verändert."

"Ich habe aber auch die Tankstopps sehr gemocht. Insgesamt geht aber alles in die richtige Richtung und ich habe keinerlei Schwierigkeiten damit. Bis jetzt haben wir schließlich auch tollen Rennsport gesehen. Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir auch im weiteren Saisonverlauf noch einige aufregende Rennen sehen werden."

Welche Rolle spielt der Regen in der Formel 1?

Frage: "Könnte es sein, dass in den vergangenen zwei Rennen eher der Regen beziehungsweise das Wetter geholfen hat, als die neuen Regeln?"
Liuzzi: "Na klar. Wenn du während des Rennens einen Wetterwechsel hast, dann wir die ganze Geschichte natürlich noch einmal etwas spektakulärer."

"Das verändert die Arbeitsweise im Team, denn dann musst du die Bedingungen vorausahnen. Das war sicherlich eine Hilfe, aber so war es ja auch schon in der Vergangenheit. Ich denke allerdings dennoch, dass wir künftig noch gute Rennen sehen werden."

"Bahrain war etwas Spezielles, denn dort waren die Rennen schon immer recht langweilig." Vitantonio Liuzzi

"Bahrain war etwas Spezielles, denn dort waren die Rennen schon immer recht langweilig. In Bahrain wird grundsätzlich wenig überholt und der neue Streckenabschnitt hat dieses Problem quasi noch verschärft. Ich sehe da jedenfalls kein Problem. Vielleicht stellen die neuen Vorderreifen manche Teams vor Schwierigkeiten bei der Suche nach einer guten Balance."

"Es könnte manchen Leuten schwerfallen, richtig aggressiv zu sein, denn diese Reifen sind recht träge. Findest du aber eine gute Balance, dann kannst du genau das Niveau an Aggressivität an den Tag legen, das du dir vorstellst. In Malaysia haben wir selbst im Trockenen einige schöne Überholmanöver gesehen. Das Rennen war nicht schlecht."¿pbvin|512|2650|inside|0|1pb¿

Liuzzi traut Schumacher noch einiges zu

Frage: "Aus unterschiedlichen Gründen hatten du und Michael Schumacher Unterbrechungen in euren Rennkarrieren. Du scheinst in etwa auf dem Niveau zurückgekommen zu sein, auf dem du die Formel 1 verlassen hattest. Michael scheint das hingegen nicht zu gelingen. Wie siehst du diese Situation und wie würdest du das erklären?"
Liuzzi: "Ich habe viel Respekt vor Michael. Er ist sicherlich einer der größten Fahrer in der Geschichte dieses Sports."

"Die Fahrzeuge haben sich sehr verändert und auch der Fahrstil ist nun anders." Vitantonio Liuzzi

"In gewisser Weise haben sich die Regeln in den vergangenen drei Jahren aber sehr verändert. Die Fahrzeuge haben sich sehr verändert und auch der Fahrstil ist nun anders. Es ist eigentlich etwas schade, denn in Australien war er ja gut dabei."

"Er lag in der Spitzengruppe, hatte aber einen Unfall in Kurve eins. Er braucht meiner Meinung nach einfach noch etwas Zeit, um wieder vollkommen zurückzukommen. Er ist noch immer ein Champion. Außerdem kam ich in einem etwas jüngeren Alter zurück."

"Ich gehe jedenfalls davon aus, dass er in ein paar Rennen wieder der Alte sein wird. Nico hat bislang eine richtig gute Saison. Vielleicht kommt er etwas besser mit dem Auto zurecht. Das könnte auch etwas sein, was Michael nicht gerade hilft."

Frage: "Bist du im Kartsport gegen Nico angetreten?"
Liuzzi: "Ja. Ein oder zwei Jahre lang waren wir gemeinsam im Kartsport unterwegs."

"Nico hat auch schon bei Williams einige sehr gute Rennen gezeigt." Vitantonio Liuzzi

Frage: "Bist du überrascht davon, wie stark er sich in diesem Jahr präsentiert?"
Liuzzi: "Insgesamt bin ich schon überrascht, ja. Nico hat aber auch schon bei Williams einige sehr gute Rennen gezeigt. Er hat sich sehr verändert, ist gewachsen."

"Vielleicht auch deswegen, weil er bei Williams nie einen Teamkollegen hatte, der es mit ihm aufnehmen konnte. An der Seite von Michael kann er seine Geschwindigkeit nun endlich unter Beweis stellen. Das ist seine große Chance. Diese muss er ergreifen."