• 27.02.2006 09:50

Kovalainen: "Atmosphäre im Team ist sehr gut"

Renault-Testfahrer Heikki Kovalainen im Interview über seinen Arbeitsalltag, die Zusammenarbeit mit seinen Teamkollegen und die letzten Testtage vor Bahrain

(Motorsport-Total.com) - Heikki Kovalainen ist um nicht einmal drei Monate jünger als Fernando Alonso, soll den Spanier aber beerben, sobald es diesen 2007 zu McLaren-Mercedes zieht. Derzeit wird Kovalainen von Teamchef Flavio Briatore als Renaults neue Zukunftsaktie aufgebaut. Vergangene Woche in Barcelona nahm er sich Zeit, um einige Fragen seiner Fans zu beantworten.

Titel-Bild zur News: Heikki Kovalainen

Ihm ist das Testen für Renault noch lange nicht zu langweilig: Heikki Kovalainen

Frage: "Heikki, du hattest vergangene Woche in Barcelona nicht allzu viel zu tun. Welches Buch hast du gelesen?"
Heikki Kovalainen: "Es war wirklich eine ruhige Woche für mich. Die Rennfahrer machten die Testarbeit, also war ich nur an der Strecke, schaute zu, sprach mit den Ingenieuren und trainierte im Hotel. Das Buch ist von einem sehr berühmten finnischen Autor, Mika Waltari, und es heißt 'Der Ägypter'. Es ist in Finnland ein sehr berühmtes Buch, und ein Freund hat mir gesagt, dass ich es lesen sollte. Also habe ich es gekauft. Es gefällt mir sehr! So konnte ich an den Abenden gut entspannen, als ich von der Strecke zurückkam."#w1#

Kovalainen hält nicht viel von Krafttraining

Frage: "Wie trainierst du am liebsten?"
Kovalainen: "Ich bin in letzter Zeit viel gelaufen. Im Winter gehe ich auch viel Langlaufen, wenn ich zu Hause bin, aber das war dieses Jahr nicht allzu oft der Fall - und in Großbritannien gibt es keine Langlaufloipen. Also habe ich mich für das Laufen entschieden. Ich bin kein großer Fan davon, Gewichte zu stemmen oder im Fitnessstudio abzuhängen, aber wenn mir mein Trainer sagt, dass ich das auch tun muss, dann werde ich solche Dinge meinem Programm hinzufügen."

"Für mich ist es eine fantastische Gelegenheit, mit zwei Fahrern wie ihnen zusammenzuarbeiten." Heikki Kovalainen

Frage: "Wie kommst du mit Fernando Alonso und Giancarlo Fisichella aus?"
Kovalainen: "Für mich ist es eine fantastische Gelegenheit, mit zwei Fahrern wie ihnen zusammenzuarbeiten. Sie sind sehr schnell und ich kann mir bei ihnen abschauen, wie sie arbeiten, wie sie das Auto abstimmen - und ich kann andere Dinge von ihnen lernen. Zu sehen, auf welche Bereiche des Autos sie sich konzentrieren, ist sehr interessant. Es gab einige Dinge, die ich für wichtig hielt, die es aber in Wahrheit gar nicht sind, und es gibt auch andere Dinge, deren Bedeutung mir nicht ganz klar war und die große Auswirkungen auf das Fahrverhalten haben."

"Mit den Ingenieuren sind wir alle sehr offen. Da gibt es keinen Wettkampf, sondern wir legen alle Daten offen. Wenn ich zu langsam bin, kann ich meine Daten mit ihren Vergleichen, um zu verstehen, wie ich mehr Performance herausholen kann. Natürlich sind unsere Tage meistens sehr hektisch, weshalb wir nicht viel Zeit haben, um Witze zu machen, aber wir sprechen oft an den Abenden. Fernando und 'Fisi' gehen sehr offen mit mir um. Die Atmosphäre im Team ist sehr gut."

Frage: "Wie viel Zeit verbringst du täglich in Briefings und Besprechungen?"
Kovalainen: "Die Briefings muss man in zwei Abschnitte unterteilen. Zuerst einmal gibt es immer eine Besprechung mit meinen Ingenieuren, sobald ich aus dem Auto steige. Da gehen wir einen Standardbogen mit Fragen über das Chassis und den Motor durch und ich gebe auch Auskunft über andere Probleme wie zum Beispiel die Sitzposition oder die Pedalstellung. Dann gibt es ein Streckenbriefing, in dem wir jede Kurve einzeln durchgehen und ich meine Gefühle der einzelnen Kurven schildere - hinsichtlich des Bremsverhaltens am Eingang, am Scheitelpunkt, am Ausgang. Auch Traktion ist da ein Thema. Das machen wir meistens am Abend, denn es wäre tagsüber zu stressig."

Um etwa 18:15 Uhr ist jeder Testtag vorbei

"Wenn ich Zeit habe, um mehr über das Fahren nachzudenken, kann ich verschiedene Details und Informationen in meinem Gehirn abspeichern. Das dauert am Ende eines jeden Tages ungefähr eine halbe Stunde, ehe es dann um 18:00 Uhr ein großes Meeting mit allen Ingenieuren und Fahrern gibt, um den Tag zusammenzufassen und zu diskutieren, was wir erreicht haben. Das dauert weitere 15 Minuten. Um 8:00 Uhr geht es am nächsten Morgen schon wieder los."

"Wenn ich mir das jetzt schon denken würde, hätte ich mir den falschen Job ausgesucht!" Heikki Kovalainen

Frage: "Findest du es manchmal langweilig, die ganze Zeit nur zu testen?"
Kovalainen: "Wenn ich mir das jetzt schon denken würde, hätte ich mir den falschen Job ausgesucht! Die Antwort ist: Nein, überhaupt nicht! Natürlich würde ich am liebsten Rennen fahren, aber gemeinsam mit meinem Management habe ich entschieden, dass das für meine Karriere die beste Option sein müsste. Die Tage im Auto sind manchmal schon ziemlich lang, aber ich stehe nie am Morgen auf und denke mir: 'Mann, das wird heute aber ein langer Tag!'"

"Es gibt verschiedene Programme, die unterschiedlich viel Spaß machen: Reifentests, wenn man viele verschiedene Reifen ausprobieren und voll attackieren muss, sind beispielsweise eine ganz andere Herausforderung als Rennsimulationen, denn da muss man die Reifen schonen. Es gibt aber immer ein Ziel: die Zeiten mit jedem Run zu verbessern, bis zur letzten Runde in einem Long-Run alles zu geben, immer etwas zu lernen. Ich verbessere mich im Moment mit jedem Tag, was ich jetzt schon sehr aufregend finde - und ich weiß, dass es für meine Zukunft ganz wichtig ist."

Frage: "Was steht nun noch auf dem Programm, bevor du mit dem Team als Ersatzfahrer nach Bahrain fliegst?"
Kovalainen: "Diese Woche teste ich zwei Tage in Valencia. Das ist unser letzter Wintertest. Wir haben nur ein Auto dort, weil die anderen schon nach England zurückgeschickt wurden, damit sie nach Bahrain verfrachtet werden können. Ich absolviere alle Programme, es gibt also viel zu tun. Außerdem habe ich mir gerade eine neue Wohnung in Oxford gesucht. Momentan habe ich auf und abseits der Rennstrecke alle Hände voll zu tun!"