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Kolumne: Servus, Spielberg, danke, Didi!

Chefredakteur Christian Nimmervoll aus Österreich erklärt, warum die Formel-1-Rückkehr eigentlich keinen Sinn ergibt, sie aber trotzdem 2014 stattfindet

Titel-Bild zur News: Christian Nimmervoll

Chefredakteur Christian Nimmervoll freut sich auf die Rückkehr nach Österreich

Liebe Leser,

als österreichischer Motorsport-Journalist lässt es sich nicht vermeiden, dass ich immer wieder auf eine mögliche Rückkehr der Formel 1 in meine Heimat angesprochen werde. Meistens von Freunden oder zufälligen Bekanntschaften in irgendwelchen Kneipen, eher selten von schreibenden Kollegen aus dem Ausland. Denn jeder, der sich halbwegs ernsthaft mit dem Geschäft auseinandersetzt, muss wissen, dass die Königsklasse des Motorsports in Spielberg keine Zukunft hat. Eigentlich.

Ich habe mich also geirrt, und das freut mich! Trotzdem sind einige Fragen zu klären. Wer zum Beispiel soll die jährliche Grand-Prix-Gebühr bezahlen, die in anderen Ländern bis zu 45 Millionen Euro beträgt? Dass sich die Regierung von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kurz vor den Nationalratswahlen im Herbst zu einer finanziellen Subvention für einen Milliardensport wie der Formel 1 bekennen wird, gilt als ausgeschlossen - ebenso gut könnte die rot-schwarze Koalition auch gleich der rechtspopulistischen FPÖ den Wahlsieg überlassen.

Unbezahlbare Österreich-Werbung auf der ganzen Welt

Dabei könnte man Otto Normalverbraucher so etwas gut erklären: "Schau her, der liebe Herr Mateschitz hat die Strecke umgebaut und wird alles bezahlen und sich um alles kümmern. Uns kostet der Spaß nur 20 Millionen Euro im Jahr - und dafür bekommen wir eine weltweite Tourismuswerbung für unser wunderschönes Land, die man sonst mit Geld nicht bezahlen könnte."

Worauf Otto Normalverbraucher vielleicht entgegnen wird: "Warum zahlt Herr Mateschitz dann nicht auch noch die 20 Millionen? Er hat's ja." Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko hat in der Vergangenheit nämlich bereits klargestellt, dass das für den Energydrink-Hersteller nicht in Frage kommt. Nur: Meinungen ändern sich.

Klar ist, dass der österreichische Markt für die Formel 1 und die involvierten Blue-Chip-Konzerne zero Bedeutung hat. Klar ist auch, dass Dietrich Mateschitz im politischen Spiel hinter den Kulissen einer der wichtigsten Ecclestone-Verbündeten ist, und dass Ecclestone Argumente braucht, mit denen er die Grand-Prix-Gebühren anderer Länder in die Höhe treiben kann. "Wenn ihr nicht mehr zahlen wollt, gehe ich halt nach Russland, Mexiko oder New York. Die zahlen, was ich fordere." Jetzt (anscheinend) auch Österreich.


Österreich 1987, 1. Start

Gut möglich also, dass für den Red-Bull-Ring ein finanziell attraktiver Deal ausgehandelt wurde, basierend auf dem engen Verhältnis Mateschitz-Ecclestone. Letzterer ließ es sich nicht nehmen, 2011 zur Eröffnung des neuen Red-Bull-Rings zu kommen, und von Mateschitz weiß man, dass er besorgt ist, wie es mit der Formel 1 weitergeht, wenn Bernie einmal nicht mehr ist. Wenn die Formel 1 nicht mehr nach seinen Vorstellungen geführt wird, könnte er jederzeit den Stecker ziehen, munkelt man in Fuschl - und zwar gleich bei zwei Teams. Man kennt sich also, man mag sich und man hilft sich.

Mateschitz: Ein Wohltäter für die Steiermark?

Ich persönlich kann mir auch gut vorstellen, dass Mateschitz den Grand Prix als Geschenk an seine österreichische Heimat betrachtet. Der Geschäftsmann ist ein bodenständiger und medienscheuer Mensch, der sich nie groß ins Rampenlicht gedrängt und stets internationalisiert, in Wahrheit seine Wurzeln aber nie vergessen hat. Vielleicht sagt er sich: "Das ist mein Vermächtnis für den alten Österreichring." Immerhin hat er dort in den 1980er-Jahren Gerhard Berger als ersten Red-Bull-Sportler für sich gewonnen.

Wer schon einmal in Spielberg war, der weiß, dass der alte A1-Ring eine der idyllischsten Rennstrecken der damaligen Zeit war. Ein paar Meter neben dem heißen Asphalt weideten Kühe entlang der Schönberg-Geraden, im Hintergrund türmten sich Berge zu einer atemberaubenden Kulisse auf, die Gridgirls kamen im Dirndl und ich selbst habe einmal in einem der angrenzenden Weizenfelder übernachtet. Das muss 1998 oder 1999 gewesen sein - jedenfalls wurde ich in einer Nacht ganz schön nass!

Doch diese Idylle geht natürlich auf Kosten der Infrastruktur. Schwer vorstellbar, wie Bernie für seinen Zirkus tausende Hotelbetten in der Nähe finden will - von den Zuschauern ganz zu schweigen. Die werden natürlich in Scharen in die Steiermark kommen, und zu den 40.000 derzeitigen Plätzen wird man sicher weitere errichten. Das ist Stand jetzt aus behördlichen Gründen nicht möglich, aber Red Bull wäre sicher nicht an die Öffentlichkeit gegangen, wenn Mateschitz dafür nicht längst alle nötigen Schritte in die Wege geleitet hätte.


Österreich 1987, 2. Start

Anrainer haben sich gegen Rennstrecke gewehrt

Die Anrainerproteste wegen Lärmbelästigung habe ich sowieso nie verstanden. Natürlich ist es nicht schön, wenn man die nachbarschaftliche Ruhe gestört wird, aber dafür kann man doch Lösungen finden. Und wenn ein paar Kilometer weiter auf dem Militärflughafen Zeltweg die in Österreich extrem umstrittenen Eurofighter starten und landen, hat auch noch nie jemand öffentlich gejammert. Die Menschen in und um Spielberg sollten sich lieber darüber freuen, dass nun ein Projekt von globaler Bedeutung angegangen wird, das zwangsläufig auch Arbeitsplätze und Infrastruktur schafft und Geld in die Region bringt.

Für mich selbst ist die Rückkehr nach Österreich natürlich auch etwas Besonderes. 1997 habe ich meine letzten Schillinge zusammengekratzt, um endlich, endlich einen Grand Prix live sehen zu können - und 17 Jahre später darf ich auch professionell von einem Rennen in meiner Heimat berichten.


Fotos: Ricciardo fährt Formel 1 in Spielberg


Es wird toll. Daran habe ich nicht den Funken eines Zweifels, wenn Dietrich Mateschitz und Red Bull federführend involviert sind.

Christian Nimmervoll

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