• 13.09.2006 17:53

Kolles: Wollen keinen "Bezahlfahrer"

Nach der Übernahme von MF1 Racing durch Spyker spricht Teamchef Colin Kolles über die Verhandlungen und über die Zukunftspläne des Rennstalls

(Motorsport-Total.com) - Am vergangenen Wochenende wurde der Kauf von Midland durch den niederländischen Sportwagenhersteller Spyker offiziell bekannt gegeben. MF1 Racing-Teamchef Colin Kolles war in den vorangegangenen Verhandlungen mit dem M-Konsortium, dem neben Spyker noch Michiel Mol und eine Investmentfirma aus Abu Dhabi angehören, eine Schlüsselfigur. In einem Interview auf der Internetseite des Teams äußerte er sich jetzt zu den jüngsten - und zu noch anstehenden - Veränderungen.

Titel-Bild zur News: Colin Kolles

Spielte bei den Verkaufsverhandlungen eine wichtige Rolle: Colin Kolles

Frage: "Kannst du dich jetzt, nach dem Abschluss der Verhandlungen, wieder etwas entspannen?"
Colin Kolles: "Das wäre nicht meine Art, ich bin noch motivierter als zuvor. Ich hatte seit zwei Jahren keinen Urlaub mehr. In Monza habe ich am Donnerstag gar nicht geschlafen, am Freitag waren es dann zweieinhalb Stunden und am Samstag waren es immerhin fünf Stunden. Aber weil ich so motiviert bin, habe ich mich nicht müde gefühlt."#w1#

"Angenehme Menschen, die den Motorsport mögen"

Frage: "Gab es Überlegungen, dich nach der Übernahme nicht wieder als Teamchef einzusetzen?"
Kolles: "Von Anfang an war deren Bedingung, dass ich bleiben müsse. Das werde ich natürlich gerne tun."

Frage: "Wie hat alles angefangen?"
Kolles: "Ich habe Michiel Mol nach dem Bahrain-Grand-Prix zuerst kontaktiert, nachdem ich erfahren habe, dass er schon immer ein Formel-1-Team haben wollte."

Frage: "Auf welchem Weg kam Spyker ins Spiel?"
Kolles: "Diese Idee kam einfach auf, und ich halte sie für brillant. Jeder spricht über Herstellerfirmen, und jetzt haben wir auch eine, die uns den Rücken stärkt. Für uns sind das gute Neuigkeiten. Ich kannte Spyker vorher schon aus der Presse und habe ihr Fabrikat schon in Monaco auf der Strecke gesehen. Das Auto war für mich sehr ansprechend. Das Design war etwas retro, mit Anleihen großer Sportwagen der Vergangenheit, und alles war Handarbeit. Das sind angenehme und ernsthafte Menschen, die den Motorsport mögen."

Frage: "Seit Bahrain sind schon sechs Monate vergangen. War es schwierig, die Gespräche abzuschließen?"
Kolles: "Ja, das war es, sonst hätte es nicht so lange gedauert. Aber man muss am Ball bleiben, denn nichts ist unmöglich. Es gab sehr viele Hürden."

Kein leichter Verkauf

Frage: "Spyker ist börsennotiert. Hat das den Vorgang verkompliziert?"
Kolles: "Wenn man eine Aktiengesellschaft hat, muss alles auf sehr klare und ausführliche Art ausgehandelt werden. Das ist etwas anderes, als wenn man an einen Privatmann verkauft. Ich denke, wir haben ganze Arbeit geleistet."

Frage: "Ist das Resultat der beste Kompromiss für alle Beteiligten?"
Kolles: "Auch für Michiel Mol und für Spyker. Das zu gewährleisten, war meine Aufgabe."

Frage: "Welchen Vorteil zieht Spyker aus seiner neuen Rolle in der Formel 1?"
Kolles: "Sie sind ein kleiner Hersteller, der Qualitätsautos produziert. Die Formel 1 wird den Namen Spyker bekannt machen. Sie sind klein, aber sie sind wachstumsfähig, das ist der Grund, warum wir das durchziehen. Sie wollen nicht so groß wie BMW werden, aber sie wollen Präsenz zeigen."

"Wollen unsere Leistung steigern"

Frage: "Das Team hat dieses Jahr Fortschritte gemacht. Braucht ihr jetzt weitere Unterstützung?"
Kolles: "Wir haben gewisse Pläne und wir haben eine Strategie. Wir werden Mike Gascoyne bekommen, eine Investition in die Zukunft. Außerdem verbessern wir unseren Windkanal und wir wollen unsere Leistung steigern. Dafür werden wir die richtigen Schritte durchführen."

Frage: "Was bringt Gascoyne in das Team?"
Kolles: "Erfahrung. James Key bleibt unser Technischer Direktor. Mike und James sollen unser Team voranbringen, so lautet die Abmachung. Sie kennen sich schon aus den Tagen, als Mike noch bei Jordan war."

Frage: "Der Personalbestand ist mittlerweile kleiner. Wird das Team wieder expandieren?"
Kolles: "Wir haben schon neue Mitarbeiter eingestellt, werden uns aber noch zurückhalten. Mehr Leute einzustellen bringt nicht automatisch Erfolge. Unsere Vorstellungen unterscheiden sich von denen der großen Teams. Wir müssen bei einer Expansion vorsichtig und sehr effektiv sein."

Frage: "Welchen Motor werdet ihr wählen?"
Kolles: "Es gibt immer noch zwei oder drei Optionen."

Ferrari als ernsthafte Option im Motorenpoker

Frage: "Wäre Ferrari noch eine dieser Möglichkeiten?"
Kolles: "Es gibt Personen, die Anteile bei Ferrari und bei Spyker haben. Es gibt also eine Verbindung und wir sind immer mit Ferrari in Kontakt."

Frage: "Wird Christijan Albers, der ja bekanntlich Niederländer ist, nächstes Jahr bei euch fahren?"
Kolles: "Er wird seine Pläne in naher Zukunft bekannt geben."

Frage: "Müssen potenzielle Fahrer ein eigenes Budget mitbringen?"
Kolles: "Für mich ist Christijan kein 'Bezahlfahrer'. In der Vergangenheit war er erfolgreicher als Mark Webber. Ist Michael Schumacher ein solcher Fahrer, wenn Vodafone Ferrari mit 40 Millionen Dollar unterstützt, weil sie ihn unter Vertrag haben? Unsere Fahrer bekommen Gehälter. Dass sie Sponsoren mitbringen, ist etwas anderes. Wir werden den besten Weg finden. Wir werden den schnellsten Fahrer bekommen. Wenn wir durch diesen dann einen Sponsoren bekommen, ist es natürlich noch besser, da das dem Team hilft."

Frage: "Bist du enttäuscht, dass du, trotz des russischen Teameigners, keinen Unterstützer in Russland finden konntest?"
Kolles: "Bin ich nicht. Dabei ging es um Marketing, ob das eine gute oder eine schlechte Idee war, steht auf einem anderen Blatt. Wenn wir fünf Jahre mehr gehabt hätten, hätte es funktioniert. Aber im Moment war es nicht möglich. Wir mussten das Team verbessern und Alex Shnaider hat dazu das Geld beigesteuert. Das ist eine gute Sache, denn wir haben uns definitiv verbessert."