• 20.01.2009 10:57

Klien-Interview: Senna als Auslöser

Christian Klien im Teaminterview über seinen Weg in die Formel 1, die Ängste als Pilot, die Begegnung mit Ayrton Senna und ein Looping über der Donau

(Motorsport-Total.com) - Mit einem neuen Auto, neuen Zielen und bekannten Piloten präsentierte sich das BMW Sauber F1 Team heute Vormittag in Valencia. Mit dem neuen BMW Sauber F1.09 will man den letzten Schritt an die Spitze zurücklegen und 2009 um Siege und Titel kämpfen. Robert Kubica und Nick Heidfeld gehen auch in diesem Jahr auf die entscheidende Punktejagd, Christian Klien beim Test- und Ersatzfahrer. Der Österreicher beschrieb im Teaminterview seinen Weg in die Formel 1.

Titel-Bild zur News:

Christian Klien wird im Juni an Peugeot ausgeliehen: Start in Le Mans

Frage: "War die Formel 1 Ihr Kindheitstraum?"
Klien: "Als Kind war ich sportlich sehr vielseitig. Egal ob Fußball oder Ski fahren, ich habe so ziemlich jeden Sport betrieben, den man in Vorarlberg machen kann. Der Funke ist übergesprungen, als ich etwa acht Jahre alt war. 1991 habe ich in Hockenheim mein großes Vorbild Ayrton Senna getroffen. Mein Vater und ich haben uns durch ein Loch im Zaun ins Fahrerlager geschlichen. Kaum drinnen, lief ich Senna direkt in die Arme."#w1#

"Ich trug ein T-Shirt von Harley Davidson und eine Salzburgring-Kappe. Ayrton kam spontan auf mich zu und forderte meinen Vater auf, doch ein Foto von uns beiden zu schießen. Er war sehr geduldig und konnte anscheinend Gedanken lesen, denn wir hatten uns nicht getraut, ihn um ein gemeinsames Foto zu bitten. Das hat damals viel in mir ausgelöst. Ich war von da an ein echter Motorsport-Fan und begann bald mit dem Kart fahren. Das Foto von Ayrton Senna und mir hängt übrigens immer noch groß bei mir zuhause."

Rennsport als Familienausflug

Frage: "Wie war Ihr Weg in die Formel 1?"
Klien: "Wir waren am Anfang völlig unbedarft, also keine richtige Motorsportfamilie. Es war auch alles eher als Zeitvertreib gedacht. Die ganze Familie war im Wohnwagen immer dabei. Wir sind quer durch Mitteleuropa gefahren. Meine Mutter hat gekocht, meine Schwester mit anderen Mädchen gespielt, mein Vater war anfangs Mechaniker und Rennstallbesitzer in einer Person. Überall anders sind die Profis mit ihren Motorhomes und ihrem sauteuren Equipment aufgekreuzt."

"Am anderen Ende stand meine kleine Bastlertruppe. Es war alles eher ein Spiel für mich. Aber als ich den anderen die Pokale weggeschnappt habe, wurden manche ziemlich ernst. Von da an wusste ich: Jetzt habe ich etwas gefunden, was ich anscheinend wirklich kann und was mir unendlich viel Spaß macht. Robert Kubica und seine Familie standen übrigens auch immer bei den belächelten Bastlern wie wir."

BMW Sauber F1.09

Der BMW Sauber F1.09 soll in der neuen Saison zum Siegrfahrzeug werden Zoom

Frage: "Kann man Formel-1-Fahrer heutzutage züchten?"
Klien: "Jeder Fahrer braucht zum einen Talent und zum anderen die richtige Förderung zum richtigen Zeitpunkt. Wenn kein Talent da ist, dann ist jede Förderung sinnlos. Aber viele starke Konkurrenten von früher sind nie auch nur in die Nähe der Formel 1 gekommen, weil sie falsch oder gar nicht unterstützt wurden. Ich war einige Jahre Teil des Nachwuchsprogramms von Red Bull, wo unglaublicher Leistungsdruck herrschte."

"Am Ende war ich der erste Fahrer, der durch dieses Programm in die Formel 1 befördert wurde. Dafür werde ich Red Bull immer dankbar sein. Auch wenn sich unsere Wege später getrennt haben, habe ich zu den zentralen Personen bei Red Bull nach wie vor ein ausgezeichnetes Verhältnis. Jetzt ist meine neue Familie das BMW Sauber F1 Team. Ich fühle mich hier voll integriert und kann meine Erfahrung einbringen."

Auch Formel-1-Fahrer haben Angst

Frage: "Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihren Teamkollegen?"
Klien: "Robert kenne ich, wie gesagt, schon seit unseren gemeinsamen Kart-Tagen. Wir sind viel gegeneinander gefahren. Auch später in der Formel Renault und Formel 3. Er war immer sehr schnell. Wir haben füreinander viel Respekt. Anders als unser Poker-König bin ich in der Freizeit doch eher für richtigen Sport, wie zum Beispiel Ski fahren am Arlberg. Nick ist schon viel länger dabei. Er war schon Formel-1-Testfahrer, als Robert und ich noch im Kart saßen. Aber wir arbeiten auch sehr professionell zusammen, und er hat wirklich eine Menge Erfahrung."

Frage: "Hat die Formel 1 Ihr Leben verändert?"
Klien: "Ich versuche immer, beide Beine am Boden zu behalten. Uns Vorarlbergern sagt man nach, sehr bodenständig und fleißig zu sein. Daher hatte ich nie ein Problem mit dem so genannten Ruhm. Als ich in die Formel 1 kam, war es zunächst ein kleiner Schock, dass wildfremde Menschen mich plötzlich erkannten und ansprachen."

"Ich hatte wegen der Formel 1 erst wenige Wochen zuvor meine Arbeitsstelle als Blechschlosser aufgegeben. Das kam alles ziemlich abrupt. Im Wesentlichen verändert sich der Lebensstil: Statt mit dem Mofa zur Arbeit zu fahren, sitze ich seitdem halt hunderte Stunden in Flugzeugen, um woanders zu arbeiten. Das Wichtigste ist nur, dass du als Mensch derselbe bleibst. Ich hoffe, das ist mir gelungen."


Fotos: Präsentation des BMW Sauber F1.09


Frage: "Haben Sie auch manchmal Angst?"
Klien: "Im Cockpit eigentlich nicht. Sonst könnte ich diesen Job nicht machen. Ich habe nur manchmal ein ungutes Gefühl, wenn ich etwas nicht selbst kontrollieren kann. Als Kind schon hatte ich Riesenangst vor Achterbahnen. Da kriegt man mich auch heute noch nicht rein. Als hilfloser Passagier in so einem Ding - nein danke!"

Frage: "Was war das Verrückteste, das Sie je gemacht haben?"
Klien: "Das geht in dieselbe Richtung. Ich habe mich mal als Passagier in einen Kunstflieger schnallen lassen. Hannes Arch hat mich damals in Budapest dazu überredet, mit seinem Doppelsitzer mit zu fliegen. Das war hart an der Grenze. An G-Kräfte sind wir ja an sich gewöhnt. Aber mit dem Kopf nach unten ein paar Meter über der Donau einen Außen-Looping zu fliegen, das ist schon eine andere Kategorie. Das Wichtigste war, dass das Frühstück drin geblieben ist. Das war nicht immer bei allen Formel-1-Piloten der Fall."