• 29.10.2008 14:23

  • von Stefan Ziegler

Klien: "Hamilton wird das cool nach Hause fahren"

BMW Sauber F1 Team Testfahrer Christian Klien blickt voraus auf den Großen Preis von Brasilien und tippt im WM-Fight auf Lewis Hamilton

(Motorsport-Total.com) - Christian Klien kennt den Kurs in Interlagos aus der Fahrerperspektive, war der Österreicher doch selbst schonmehrfach auf der schwierigen Piste in Brasilien unterwegs. Wie schon in den beiden vergangenen Jahren, so entscheidet sich das WM-Duell erneut erst im letzten Rennen des Jahres und wieder steht Lewis Hamilton im Mittelpunkt des Interesses. Klien nimmt den Kurs unter die Lupe, erklärt die wichtigsten Stellen und geht abschließend noch auf den Endspurt in der Fahrerwertung ein.

Titel-Bild zur News: Christian Klien

Christian Klien räumt Lewis Hamilton in Brasilien größere WM-Chancen ein

"Am Wochenende geht es in Sao Paulo also um den Titel. Auf dem Autodromo José Carlos Pace kann alles passieren", meinte der Vorarlberger. "Zwar wird jedes Jahr irgendein Streckenteil neu asphaltiert, aber die kleinen Buckel tauchen trotzdem immer wieder auf und sorgen für einige Vibrationen. Ältere Fahrer behaupten sogar, dass es dem einen oder anderen früher gelegentlich die Plomben aus den Zähnen rausgefetzt hat."#w1#

Der Unterboden wird schwer strapaziert

"So schlimm ist es heute nicht mehr" gab Klien zu Protokoll, denn die Bedingungen hätten sich in den vergangenen Jahren stark verbessert: "Im Vergleich zu meinem ersten Rennen dort ist die Strecke heute schon deutlich fahrerfreundlicher. Aber wir müssen ein 'weicheres' Setup fahren, um die Bodenwellen besser zu schlucken. Mehr Bodenfreiheit hilft auch, aber wenn man die Hinterachse erhöht, wird das Auto instabiler beim Bremsen, also gehen wir nur millimeterweise vor."

"Das Auto setzt normalerweise nur am vorderen Teil des Unterbodens auf, was sich dummerweise genau unter dem Sitz des Fahrers abspielt und du kriegst die Schläge praktisch ungedämpft direkt auf die Wirbelsäule. Ein gut abgestimmtes Auto sollte aber leicht aufsitzen. Am Unterboden haben wir eine Kunststoff-Leiste und Skidpods aus Metall, die beim Aufsetzen oft Funken sprühen", was vor allem beim Nachtrennen in Singapur für beeindruckende Bilder gesorgt hatte.

"Der Unterboden wird daher regelmäßig gewechselt", erläutert Klien und ging näher auf die Auswirkungen der Bodenwellen ein. "Wenn man richtig starke Vibrationen bekommt - wofür oft auch die Reifen zuständig sind - dann hat man echt Mühe, die Bremspunkte klar zu erkennen. Das Display kannst du noch lesen, aber den Rest sieht man oft doppelt und dreifach. Und am Ende eines Rennens brummt dir der Schädel."

Klien tippt auf Hamilton

"Die Doppellinks vor Start und Ziel ist extrem anstrengend. Man ist äußerst konzentriert, durch die Buckel bleiben auch gerne die Vorderräder stehen, wenn man Kurve 1 anbremst. Das Auto ist aber generell schwierig abzustimmen, weil sich die Strecke täglich ändert. Sonst finden dort ja kaum Rennen statt. Erschwerend kommt noch dazu, dass Interlagos gegen den Uhrzeigersinn gefahren wird."

"Gerade jetzt, mit den wenigen Tests zwischen den Rennen, kann da der Nacken einige Probleme bereiten. Aber nach dem Rennen haben alle sowieso genug Zeit, um sich zu erholen. Bei ein paar Kollegen wird allerdings das Kopfweh vom Feiern sicher noch erschwerend hinzukommen", spielte der Österreicher abschließend noch auf den Zweikampf zwischen Lewis Hamilton und Felipe Massa an: "Massa kann den 9.WM-Titel für Brasilien holen."

"Es wäre allerdings der erste, der auch in Brasilien fixiert wird. Theoretisch könnten auch erstmals in der Geschichte die zweiten Plätze über den Titel entscheiden", erklärte Klien - aber nur für den Fall, dass die beiden Rivalen am Ende punktgleich wären. "Wenn Hamilton Achter wird und Massa Zweiter sind sie punktgleich und haben je fünfmal gewonnen. Massa wäre aber dank dreier zweiter Ränge Weltmeister. Ich persönlich glaube allerdings, Hamilton wird das cool nach Hause fahren."