• 03.08.2002 12:29

  • von Fabian Hust

Kimi Räikkönen und der Faktor "Langzeit-Perspektive"

McLaren hatte für 2002 und 2003 mehrere Fahrer in der engeren Auswahl - man entschied sich für Kimi Räikkönen

(Motorsport-Total.com) - In seinem elften Grand Prix für McLaren-Mercedes hätte es fast mit dem ersten Formel-1-Sieg geklappt: "Die Umstände, verursacht durch den Motorschaden des Toyota und den unaufhaltsamen Druck von Michael führten dazu, dass Kimi nicht gewann", analysiert Teamchef Ron Dennis den Frankreich-Grand-Prix. "Aber sein Tag wird kommen. Er ist motiviert und lernt aus seinen Fehlern, was wir alle tun. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er in Zukunft Rennen gewinnen wird. Er hat den Speed und das zeigt, dass er sowohl David als auch allen anderen Gegnern eine harte Zeit bescheren wird."

Titel-Bild zur News: Räikkönen und Dennis

Räikkönen und Dennis: Das erinnert an die Beziehung Häkkinen-Dennis

Laut Ron Dennis sind "die meisten Fahrer für uns verfügbar, was ein großartiges Gefühl ist". Und "da wir unsere Fahrer sehr gut bezahlen, erwarten wir auch als Entgegenkommen Professionalismus." Und das ist ein Grund, warum beispielsweise ein Jacques Villeneuve nicht in Frage kommt ? weil dieser nicht bereit ist, das PR-Programm souverän, locker und gut gelaunt abzuspulen, wie es beispielsweise ein David Coulthard tut.

Die Fahrerwahl wird von den wichtigsten Teammitgliedern getroffen: Teamchef Ron Dennis, Teammanager Martin Whitmarsh, Technikdirektor Adrian Newey, Mercedes-Motorsportdirektor Norbert Haug und sogar DaimlerChrysler-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Jürgen Hubbert redet ein Wörtchen mit, "da er ein großer Motorsportfan ist", wie Dennis erklärt.

"Wir haben alle unsere Optionen angeschaut und sind dann zu einer Lösung gekommen, die die meisten Leute als logische Entscheidung bezeichnen würden. Die besten für uns verfügbaren Fahrer saßen bereits in unseren Autos", so Dennis. Somit sitzen auch David Coulthard und Kimi Räikkönen 2003 im Silberpfeil und Alexander Wurz spielt zum dritten Jahr in Folge den Edelreservisten und Testfahrer. Kimi Räikkönen kaufte das Team vergangenes Jahr aus dessen Vertrag bei Sauber heraus, angeblich für fast elf Millionen Euro ? dies zeigt, wie viel man sich von dem jungen Finnen erhofft.

Bevor man sich für Kimi Räikkönen entschied, standen aber auch einige andere Fahrer zur Wahl: "Wir dachten natürlich auch über andere Fahrer nach: Giancarlo Fisichella, Jarno Trulli, Olivier Panis und Alex Wurz beispielsweise wären ebenfalls zu haben gewesen", so Adrian Newey gegenüber der 'F1Racing'. Interessant ist, dass der Brite den Namen Nick Heidfeld nicht fallen lässt ? immerhin steht der Mönchengladbacher immer noch bei Mercedes unter Vertrag. Es ist kein Geheimnis, dass Heidfeld nicht begeistert war, als man statt ihm Teamkollege Räikkönen verpflichtete.

Auch ein anderer Fahrer war enttäuscht, eine Absage von McLaren-Mercedes erhalten zu haben: Giancarlo Fisichella. Der Italiener drückte sein Unverständnis in aller Öffentlichkeit aus, dass man ihn als erwiesen schnellen und erfahrenen Fahrer gegen den unerfahrenen Räikkönen nicht vorzog: "Vielleicht wäre Giancarlo tatsächlich eine bessere Wahl gewesen, aber das werden wir nie erfahren. Aber wir sind der Meinung, dass Räikkönen ein kommender Champion ist und wollen deshalb langfristig mit ihm zusammenarbeiten", erläutert Newey.

Kimi Räikkönen ist ein Häkkinen-Typ, ruhig, mental stark und schnell, das passt in das geradlinige Team-Konzept von Ron Dennis. Giancarlo Fisichella weiß selbst, warum er im Team keine wirklich große Chance hatte, einen Platz zu erobern. Mit italienischen Charakteren vermag das Team nicht unbedingt etwas anzufangen und da Räikkönen für das Team scheinbar mindestens genauso talentiert erschien wie Fisichella, war die Wahl logisch.

Schon jetzt vergleicht Newey Räikkönen mit Häkkinen und Schumacher, "weil ihn ein nicht so brillantes Auto weniger stört als David" und er in der Lage ist, wie die zwei Weltmeister "ein nervös einlenkendes Auto" am Kurveneingang ruhig zu stellen. "Wir alle waren von Kimis Leistungen im Sauber zu Beginn der Saison 2001 richtig begeistert. Er war gut, schnell und konnte auch gut überholen. Er war aggressiv, baute aber kaum Unfälle. Und speziell bei einem noch so jungen und unerfahrenen Fahrer hielten wir diese Eigenschaften für sehr bemerkenswert."

Für Kimi Räikkönen ist die Formel-1-Zukunft damit für die nächsten zwei Jahre erst einmal gesichert. Der junge Rennfahrer hat das geschafft, von dem viele 30-jährige Fahrer noch heute träumen: Er hat den Sprung in ein absolutes Top-Team geschafft: "Es war für mich sehr einfach, mich in das Team zu integrieren und es macht Spaß, mit allen zu arbeiten", meint Räikkönen in seiner gewohnten Bescheidenheit, denn der Sprung von Sauber zu McLaren war natürlich gewaltig. "Ich hatte von Anfang an nie Probleme und es läuft immer besser. Jeder Tag wird einfacher."