Key: "Vielleicht entstehen bald neue Abteilungen"

Der neue Toro-Rosso-Technikchef James Key über seine Pläne, das Team nach vorn zu bringen, eine Kooperation mit Adrian Newey und die Unterschiede zu Sauber

(Motorsport-Total.com) - Der ehemalige Sauber-Technikchef James Key hat an diesem Wochenende in Monza seinen ersten Auftritt in neuer Arbeitskleidung. Ab sofort ist der Brite als Technikchef bei Toro Rosso tätig und tritt die Nachfolge von Giorgio Ascanelli an.

Titel-Bild zur News: James Key

James Key ist der neue Technikchef bei Toro Rosso und hat große Pläne Zoom

Im Interview spricht Key über seine Pläne, Toro Rosso nach vorn zu bringen, über eine mögliche Kooperation mit Adrian Newey und über die Unterschiede zwischen Sauber und Toro Rosso.

Frage: "James, es gibt wohl keinen besseren Tag, die Arbeit bei einem italienischen Team zu beginnen, als an einem sonnigen Donnerstag vor dem Grand Prix von Italien. Wie fühlst du dich?"
James Key: "Ich stimme hundertprozentig zu. Das ist ein großartiger Beginn. Toro Rosso als italienisches Team genießt hier natürlich große Unterstützung. Auch der Aspekt, dass wir uns hier an dem Ort befinden, wo Sebastian Vettel den ersten Sieg für das Team eingefahren hat, ist etwas ganz Besonderes. Ich freue mich sehr, für dieses Team zu arbeiten. Ich bin jetzt seit drei Tagen dabei und es lässt sich gut an."

Frage: "Wann wurdest du erstmalig von Red Bull angesprochen und wer war es, der dich zuerst ansprach?"
Key: "Ich wurde erstmals Anfang August von Red Bull angesprochen. Ich kam dann schnell mit Franz Tost in Kontakt und hatte mit ihm Gespräche. Dann ging alles sehr schnell und es war im Grunde nur eine Frage von Wochen, bis wir uns einig waren."

Frage: "Nach deinem Abschied von Sauber wurdest du mit verschieden Teams in Verbindung gebracht. Warum hast du dich für Toro Rosso entschieden?"
Key: "Das ist eine gute Frage. Ich war in der Tat ziemlich beschäftigt. Der ursprüngliche Plan sah vor, für Lotus Cars in Großbritannien zu arbeiten. Tatsächlich waren wir uns schon einig, doch dann gab es dort Veränderungen, die sich nicht mit meinen Plänen in Einklang bringen ließen. Ich war also wieder verfügbar. Toro Rosso ist meiner Meinung nach ein Team, das bereit ist für eine neue Sicht auf die Dinge. Es ist zwar kein besonders großes Team, aber doch größer als ich dachte. Das ist eine Herausforderung, der ich mich in der Vergangenheit schon mehrfach gegenübergestellt sah. Unterm Strich gibt es einige Aspekte, die ich an diesem Team anziehend finde."

Frage: "Als Technikchef von Toro Rosso wirst du nach Italien umziehen müssen. Ist das ein Umstand, mit dem du gut leben kannst oder hättest du es vorgezogen, in Großbritannien zu bleiben?"
Key: "Ich freue mich darauf, nach Italien zu ziehen. Mir gefällt es hier sehr gut."

Umstrukturierng als erster Schritt

Frage: "Welche konkreten Pläne hast du, um Toro Rosso nach vorn zu bringen?"
Key: "Es ist noch zu früh, diese Frage beantworten zu können. Ich muss mir die Abläufe im Team noch eine gewisse Zeit lang anschauen, bevor ich etwas Genaues dazu sagen kann. Natürlich habe ich gewisse Ideen im Hinterkopf. Die Frage wird jetzt sein, wie diese umgesetzt werden können. Das ist in jedem Team das Gleiche. Was ich aber schon sagen kann, ist, dass es einer gewissen Umstrukturierung bedarf. Die Bereiche, die für die Performance am entscheidendsten sind, müssen gestärkt werden. Wer weiß, vielleicht entstehen bald neue Abteilungen innerhalb des Teams. Darüber unterhalten wir uns gerade. Darüber hinaus schaue ich mir genau an, wo wir mit dem aktuellen Auto stehen und wie die Konzepte für das nächstjährige Auto aussehen. Ein Großteil der Konzeptarbeit für das nächstjährige Fahrzeug ist natürlich schon getan. Ich muss jetzt schauen, wie die Entwicklungsarbeit am sinnvollsten gesteuert werden kann. Bis zum Beginn der nächsten Saison steht uns noch eine Menge Arbeit bevor."

Frage: "Welche Entwicklungsschritte planst du überhaupt noch vor dem Hintergrund der Regeländerungen für die Saison 2014?"
Key: "Das ist in der Tat eine schwierige Geschichte. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen, dass drei Jahre Kontinuität ein guter Zeitraum sind, um Dinge wirklich verändern zu können. Nach dem unmittelbar bevorstehenden Auto wird sich die Entwicklungsrichtung komplett verändern. Man wird dann kaum etwas übernehmen können. Da wir insgesamt eines der kleineren Teams sind, müssen wir sehr genau abwägen, wie der Kompromiss bei uns aussehen soll. Einerseits wollen wir im kommenden Jahr einen Schritt nach vorn machen, andererseits wollen wir uns dadurch nicht die Saison 2014 verbauen. Ich betrachte die Änderungen für 2014 in gewisser Weise als Chance für einen Sprung nach vorn, ähnlich wie es 2009 der Fall war."

Frage: "Toro Rosso wurde ursprünglich als Juniorteam für das Red-Bull-Team aufgebaut. Inwiefern spielte dieser Aspekt bei denen Überlegungen, zum Team zu stoßen, eine Rolle?"
Key: "Toro Rosso ist zunächst einmal ein eigenständiges Team. Als ich mir in diesen Tagen zusammen mit Franz Tost alles angesehen habe, war ich überrascht, wie groß das Team doch ist. Während der zurückliegenden drei Jahre wurden hier beeindruckende Anlagen errichtet. Hinsichtlich der Fahrer trifft die Bezeichnung 'Juniorteam' sicherlich zu. Was die technischen Bereiche betrifft, arbeitet Toro Rosso aber eigenständig."

Kooperation mit Adrian Newey nicht auszuschließen

Frage: "Wird es in irgendeiner Form eine Kooperation mit Adrian Newey geben?"
Key: "Wir sind natürlich eine große Familie bei Red Bull. Andererseits ist Toro Rosso ein eigenständiges Team. Angesichts der Regeln ist eine Kooperation ohnehin nur in sehr begrenztem Maße möglich. Wir müssen abwarten. Ich bin gerade einmal drei Tage dabei und habe noch kein umfassendes Bild von der Gesamtsituation."

Frage: "Sieht du angesichts der Konstellation zwischen Toro Rosso und Red Bull die Chance, früher oder später zu einem Topteam zu wechseln?"
Key: "Ich weiß nicht. Die Priorität liegt jetzt für mich ganz klar bei Toro Rosso. Über die Zukunft denke ich nicht allzu viel nach. Die Zukunft bedeutet für mich Melbourne im nächsten Jahr und meine Aufgabe sehe ich darin, Toro Rosso auf die nächste Stufe zu heben."

Frage: "Dein Vorgänger Giorgio Ascanelli war stets sehr ehrlich, wenn es darum ging, was mit Toro Rosso im Vergleich zu den anderen Teams möglich ist. Wenn du von der nächsthöheren Stufe sprichst, meinst du dann die ersten fünf, sechs Teams und wenn ja, ist es angesichts der Größe der Fabrik und der Anzahl der Mitarbeiter überhaupt möglich, diese Teams einzuholen?"
Key: "Grundsätzlich ist es absolut richtig, die eigenen Chancen realistisch einzuschätzen. Andererseits muss man sich auch Ziele setzen. Was die Anzahl der Mitarbeiter betrifft, mache ich mir keine Sorgen. Es bedarf höchstens hier und da einer gewissen Verschiebung, um die Performance des Teams zu verbessern. Hinsichtlich der Fabrik haben wir sicher Defizite im Vergleich zur Konkurrenz. Langfristig gesehen sieht mein Plan vor, nach und nach die Bereiche hinzuzufügen, die derzeit noch fehlen."

Frage: "Eine der Aufgaben des Technikchefs ist es, die technischen Ressourcen richtig zu kanalisieren. Wie genau willst du diese Aufgabe bei Toro Rosso angehen?"
Key: "Wie schon gesagt, bin ich von der Arbeit im Team wirklich beeindruckt. Die Investitionen, die während der zurückliegenden drei Jahre getätigt wurden, sind vielversprechend. Das Team hat sich in sehr kurzer Zeit von einer denkbar kleinen Basis zu einem echten Konstrukteur entwickelt. Natürlich würde ich gern noch ein paar Dinge mehr ins Team bringen. Es gibt einen Business-Plan und ich werde mich jetzt daran setzen, Pläne für die nächsten drei Jahre zu schmieden. Dann werden wir uns zusammensetzen und festlegen, was davon mit dem uns zur Verfügung stehenden Budget umsetzbar ist."

Sauber und Toro Rosso schwer vergleichbar

Frage: "Der diesjährige Sauber überrascht nicht zuletzt durch seine ausgeklügelte Auspufführung. Welchen Einfluss genau hattest du auf den C31?"
Key: "Nun, ich entschied mich bei Sauber zum Abschied kurz bevor das Auto vorgestellt wurde. Das war eine sehr schwierige Entscheidung für mich, denn ich habe es sehr genossen, mit den Leuten dort zusammenzuarbeiten. Wir wussten schon im Winter, dass wir speziell beim Auspuff im Vergleich zum Vorjahr einen großen Schritt getan haben. Es war zwar anfangs nicht klar abzusehen, wo wir damit stehen, aber wir waren immer zuversichtlich. Ich war bei den Wintertests noch teilweise involviert. Das Barcelona-Update im Februar kam dann aber schon nach meinem Abschied. Unterm Strich gab es verschiedene Gründe, warum ich mich für einen Abschied entschieden habe. Jetzt freut es mich, dass es bei Sauber gut läuft."

Frage: "Worin besteht der Unterschied zwischen dem aktuellen Sauber und dem aktuellen Toro Rosso? Wo liegen Stärken und Schwächen der beiden Autos im Vergleich?"
Key: "Wie ich schon sagte, funktioniert der Sauber richtig gut. Man sieht, dass sich die Arbeit der zurückliegenden zwei Jahre ausgezahlt hat. Was den Toro Rosso betrifft, so sehe ich vor allem im Bereich der Balance noch Potenzial im Hinblick auf das nächste Jahr. Auch bei den Aerodynamik-Werten gibt es noch Luft nach oben, wenn auch nicht sehr viel. Die Stärken des Autos sehe ich vor allem in der Effizienz. Der Wagen ist makellos zusammengesetzt, davon konnte ich mich heute überzeugen. Grundsätzlich fällt es mir schwer, einen direkten Vergleich anzustellen. Die Charakteristika der beiden Autos gehen ziemlich auseinander."

Frage: "Im Jahr 2005 warst du Technikchef beim Midland-Team (einem der Vorgänger des heutigen Force-India-Teams; Anm. d. Red.), später bei Sauber, jetzt bei Toro Rosso. Woher nimmst du die Zuversicht für deine Arbeit. In einem kleinen Team besteht schließlich immer ein gewisses Risiko, nicht wahr?"
Key: "Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen einem großen und einem kleinen Team. In den großen Teams sind ganz einfach mehr Ressourcen vorhanden. Zuversicht ist aber immer die Grundvoraussetzung. In meiner Vergangenheit bei den kleineren Teams hatte ich stets das Glück, ein sehr angenehmes und effizientes Arbeitsklima vorzufinden. Es gibt nicht diese Bürokratie und du kannst mit jedem einzelnen Mitarbeiter direkt sprechen. Das sind die Vorteile in einem kleinen Team und diese will ich auch bei Toro Rosso nutzen. Gerade in der heutigen Zeit ist das Kräfteverhältnis sehr schwer auszumachen. Es besteht auch für ein kleines Team die Chance, etwas auszurichten."

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