• 05.12.2006 17:10

Key: "Spyker verfolgt langfristige Ziele"

James Key, der Technische Direktor von Spyker F1, zieht ein Fazit der Saison 2006 und gibt einen Ausblick für 2007 mit Mike Gascoyne

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Welches Fazit der Saison 2006 würden Sie ziehen?"
James Key: "Ein Gemischtes würde ich sagen. Eigentlich war es enttäuschend, keinen WM-Punkt erobert zu haben, weil ich glaube, dass wir gegen Ende der Saison einen WM-Punkt verdient gehabt hätten. Aber der Wettbewerb war hart, die V8-Motoren sehr standfest und die Entwicklungsgeschwindigkeit der einzelnen Teams sehr hoch. Ich glaube, das zeigt, wie hoch der Wettbewerb im Starterfeld gerade ist."

Titel-Bild zur News: James Key

James Key kann sich nun mehr um technische Belange kümmern

"Gleichzeitig war es positiv, dass wir in diesem Umfeld doch einige Fortschritte im Laufe der Saison erzielen konnten, wenn man betrachtet, wo wir Anfang der Saison standen, und woher wir 2005 kamen. In Bezug auf das Umkehren eines Trends und auf das Zünden einer Aufwärtsbewegung glaube ich, dass es gut war. Und es kam alles aus unserer Fabrik, wir haben es selbst geschafft. In der Beziehung war es positiv."#w1#

Frage: "Ging der Umstrukturierungsprozess weiter?"
Key: "Wir betrachteten die Saison 2005 von vorneherein als eine Übergangsperiode von Jordan zu Midland. So kam es dann auch, und daher gab es in dieser Zeit eine Menge Umstrukturierungen in der Vorbereitung für den M16. Diese Umstrukturierungen erstreckten sich bis in die Saison 2006 hinein, sodass sich die Übergangszeit weiter ausdehnte."

"Es war das erste komplett neue Auto seit einigen Jahren, und viele Teile davon waren von neuen Mitarbeitern entwickelt worden, es handelte sich also um ein Aufbaujahr. Aber die Tatsache, dass wir in der Lage waren, einige Schritte nach vorn zu kommen, war alles in allem positiv."

Frage: "Die Gelegenheiten, das Auto unter die Top 16 im Qualifying zu bringen, müssen Highlights gewesen sein. Würden Sie dem zustimmen?"
Key: "Ja. Die erste wirklich wettbewerbsfähige Performance war in Monaco. Beim Start hatten wir zwar ein Problem, aber unsere Rundenzeiten - speziell im Rennen - waren stark, und wir befanden uns inmitten einer ganzen Reihe von Autos. Das zeigte uns, dass wir am Aufholen waren. In Silverstone konnten wir dann ein Auto unter die Top16 bringen, danach erwarteten wir dies öfter, und wir schafften das auch ziemlich regelmäßig. Das war recht gut."

"Frustrierend war unsere Startperformance, sodass wir immer Plätze verloren, und unserer Startposition nicht gerecht wurden. Unsere Rennperformance war eigentlich immer besser als erwartet, aber die am Start verlorenen Plätze warfen uns zurück. Das war sehr frustrierend."

Frage: "Das Team hat in Spyker neue Besitzer und neue Investoren. Wie ermutigend ist diese Entwicklung?
Key: "Es ist gut, diese Stabilität zu haben. Spyker hat seine Absichten klar dargestellt und sie wollen erfolgreich sein, was wir auch wollen. Sie sind sehr enthusiastisch. Langfristig haben wir gute Chancen, und genauso sehen wir das auch. Sie verstehen, dass wir keine kurzfristigen Wunder erreichen können, und uns plötzlich in den Top 5 qualifizieren."

Frage: "Sie haben mehr Ressourcen in das neue Auto gesteckt als letztes Jahr. Welchen Unterschied macht das im Hinblick auf ihre Arbeit über den Winter?"
Key: "Das macht einen großen Unterschied. Das Budget hat sich erhöht, und so können wir besser planen. Dazu kommt das Upgrade unseres Windkanals im nächsten Frühjahr, und natürlich haben wir noch weitere Pläne, die uns einiges Geld kosten werden."

Frage: "Gibt es Entwicklungen, die Sie letztes Jahr stoppen mussten? Und sind Sie nun in der Lage, diese wieder aufzunehmen?"
Key: "Uns stehen nun sicher mehr Optionen zur Verfügung. Wir müssen zwar immer noch aufpassen, was wir machen, und dass unsere Prioritäten richtig sind, aber wir haben nun mehr Möglichkeiten, als wir verfolgen können. Nochmals: wir verfolgen langfristige Ziele, und stellen gerade Dinge auf, die möglicherweise erst später einen Effekt erzielen werden."

Frage: "Wie funktioniert die neue Teamstruktur, jetzt wo Mike Gascoyne an Bord ist?"
Key: "Mike ist nun einen Monat bei uns, und das ist sehr gut. Wir arbeiten gut zusammen, und er ist in einer Position, von der aus er immer einen Schritt zurück gehen kann, und einen tieferen Blick auf die Dinge werfen kann, eben weil er neu bei uns ist. Das funktioniert bestens. Ich mache immer noch das Tagesgeschäft und er hat sozusagen den Überblick. Das ist, verglichen mit Toyota, möglicherweise eine etwas andere Situation, sodass er wahrscheinlich etwas anders arbeiten muss."

Frage: "Sind Sie jetzt von einigen Alltagsroutinen befreit, zum Beispiel von Verwaltungstätigkeiten?"
Key: "Ja. Ich hatte viel mit Planung und Papierkram zu tun - wichtige Teile des Jobs, und wenn man ein kleines Team ist, dann muss jemand diese Arbeit erledigen. Ich muss das zwar immer noch machen, aber jetzt habe ich jemanden, mit dem ich die technischen Dinge ausdiskutieren kann, und das macht das Leben wesentlich angenehmer."

"Mein Wunsch ist es, noch mehr zur technischen Seite des Tagesgeschäftes zurückzukehren, was jetzt gerade beginnt. Und viele der großen Entscheidungen, die zuvor alleine auf meinen Schultern lasteten, kann ich nun mit jemandem teilen. Mike kann mich dabei leitend unterstützen, oder - wenn notwendig - Entscheidungen auch selber treffen. Das hilft mir natürlich, aber ich bin immer noch sehr, sehr beschäftigt."

Frage: "Waren die Verhandlungen mit dem neuen Motorenpartner interessant?"
Key: "In der Tat, das waren sie. Wir waren ein paarmal in Maranello zu einigen Meetings, und sie (Ferrari; Anm. d. Red.) waren sehr entgegenkommend und flexibel. Sie verstanden, dass wir uns aufgrund des späten Vertragsabschlusses etwas in Zeitnot befanden. Sie verstanden die Situation und unterstützten uns sehr. Ferrari ist ein großes Team, das viele Weltmeisterschaften gewonnen hat, und so war ich mir nicht sicher, was mich erwarten würde, aber es war sehr gut."

Frage: "Was können Sie uns über das neue Auto sagen?"
Key: "Wir gehen zunächst sehr konservativ an den Start, und erwarten uns größere Sprünge im Verlauf der Saison. Wir erwarten nicht, dass wir ankommen, und gleich einen großen Schritt vorwärts gehen können. Nochmals: Jetzt, wo Spyker an Bord ist und Mike da ist, planen wir langfristig. Wir folgen einigen Philosophien, die wir mit dem M16 aufgestellt hatten, und die wir jetzt weiter verbessern. Dazu kommt ein neuer Motor, und damit auch eine neue Kühlung. Also wird es einige optische Änderungen geben."

Frage: "Die anderen Teams sind am Testen. Sind sie ein wenig neidisch, in Anbetracht der Tatsache, dass schon wieder gefahren wird?"
Key: "Wir werden vor dem Launch des neuen Autos nicht testen, einfach weil die Motorinstallation des Ferraris komplett anders als die des Toyotas ist. Ein Übergangsauto wäre also ein fast neues Auto gewesen, und das zu tun, während wir das neue Auto bauen, wäre zu kompliziert gewesen."

"Es wäre natürlich schön zu testen, aber wir sind zufrieden, wenn wir uns um die Dinge in der Fabrik kümmern, und uns auf das neue Auto konzentrieren können. Wir kennen die Bridgestone-Reifen, und obwohl die Reifen ziemlich unterschiedlich sein werden, ist es doch etwas anderes, als wenn man von Michelin kommen würde."

Frage: "Nimmt der späte Saisonstart ein wenig Druck?"
Key: "Ich glaube, das erlaubt uns, die Dinge etwas später zu machen. Wahrscheinlich gibt es im März Tests, Shakedowns und so weiter. Wir haben also genügend Zeit."

Frage: "In der nächsten Saison gibt es nur einen Reifenhersteller und die Motoren werden eingefroren. Glauben Sie, dass sich Ihre Chancen dadurch verbessern?"
Key: "Ich glaube, die Reifen bringen das Feld näher zusammen, und die Variabilität wird sinken. Das Qualifying wird wohl etwas repräsentativer werden, weil bislang der eine oder andere Hersteller bessere Reifen für das Qualifying oder das Rennen hatte. Jetzt ist jeder auf den gleichen Reifen unterwegs. Das gleiche gilt für die Motoren, vor allem im Hinblick auf die Limitierung bei 19.000 Umdrehungen. Ich glaube, insgesamt ist das gut für uns."