• 14.12.2005 14:13

Juan-Pablo Montoya beantwortet die Fragen seiner Fans

Im Rahmen einer Aktion des McLaren-Mercedes-Teams beantwortete Juan-Pablo Montoya zahlreiche Fragen seiner treuesten Anhänger

(Motorsport-Total.com/McLaren.com) - Das McLaren-Mercedes-Team rief seine Fans kürzlich dazu auf, Fragen an Juan-Pablo Montoya einzuschicken, von denen die besten ausgewählt und dem kolumbianischen Formel-1-Fahrer gestellt wurden. Auf der Internetseite des Rennstalls wurden diese samt seinen Antworten veröffentlicht - nachzulesen nun auch auf 'F1Total.com'.

Titel-Bild zur News: Juan-Pablo Montoya

Juan-Pablo Montoya ist einer, dem seine kolumbianische Heimat am Herzen liegt

Frage: "Juan-Pablo, wie bist du zum Rennsport gekommen?"
Juan-Pablo Montoya: "Mein Vater ist Rennen gefahren - und seit ich denken kann auch ich selbst. Das gehört zu meinem Leben. Mein Vater hat mich nach seinen Kartrennen in der Auslaufrunde immer auf den Schoss genommen, als ich erst sechs Monate alt war! Mein Onkel Diego ist ebenfalls Rennen gefahren. Er fuhr für Sauber bei den 24 Stunden von Le Mans und wurde Neunter. Er bestritt echte Autorennen, während meinem Vater die Karts lieber waren. Daher kümmerte ich mich nicht weiter um Diego, denn mich interessierten auch nur die Karts. Wenn man aus Kolumbien kommt, schaut man sich die Formel 1 an, weil man den Motorsport liebt, aber man glaubt realistisch gesehen nicht daran, dass man es selbst eines Tages so weit bringen könnte."#w1#

Physik war Montoyas Stärke, Spanisch seine Schwäche

Frage: "Was war in der Schule dein Lieblingsfach?"
Montoya: "Ich war in Physik erstaunlich gut. Ich war ein sehr fauler Schüler, aber Physik schnallte ich einfach. Ich weiß nicht warum, aber es war eben so. Am wenigsten mochte ich Spanisch. Weißt du, wo man die kleinen Akzente über den Wörtern setzt? Ich jedenfalls nicht! Das werde ich nie begreifen. Ich schloss die Schule 1994 ab, als ich gerade in der Skip-Barber-Meisterschaft fuhr. Die Schule hat mir geholfen, weil ich viel in Amerika war, und es störte sie auch nicht weiter, dass ich nebenbei Motorsport betreiben wollte. Die Direktorin liebte den Rennsport, tut es immer noch. Ich war schon ein paar Mal dort, um Hallo zu sagen."

Frage: "Ist es dir schwer gefallen, von Kolumbien nach Europa umzuziehen?"
Montoya: "Zuerst einmal musste ich ja in die Staaten ziehen. Das war schwierig, weil ich kein Englisch sprach. Mein erstes Jahr in Großbritannien war 1995 in der Formel Vauxhall. Ich war damals 19 - und es war ein tolles Jahr. Die Rennen waren gut, und ich gewann die letzten vier davon. In Amerika hat mein Vater immer für mich gedolmetscht, aber er war ja nicht mehr dabei. Ich lebte in Milton Keynes. Meine Schwester zog für ein halbes Jahr bei mir ein, aber dabei hätten wir uns fast umgebracht! Irgendwie kamen wir aber doch klar, und ich lernte sogar zu kochen und aufzuräumen. Ich bin ja auch nur ein Mensch - wahrscheinlich mehr, als die meisten Leute annehmen..."

Frage: "Ist es schwierig, Formel-1-Fahrer zu sein? Sei ehrlich!"
Montoya: "Es dauert ewig, in die Formel 1 zu kommen. Formel-1-Fahrer ist ein Full-Time-Job. Viele glauben, dass wir am Sonntag unser Rennen fahren und dann mit dem Privatjet nach Hause nach Monaco fliegen, aber es gibt viel Arbeit zu erledigen, viele Tests, viel PR-Arbeit. Es macht aber Spaß, ich genieße es sehr. Das Beste ist das Fahren selbst."

Als Kind war Montoya ein glühender Senna-Fan

Juan-Pablo Montoya

Juan-Pablo Montoya beantwortete auf 'McLaren.com' die Fragen seiner Fans Zoom

Frage: "Wer ist dein Vorbild?"
Montoya: "Ich denke ehrlich gesagt nicht, dass ich ein Vorbild habe. Ich war als Kind ein großer Fan von Ayrton Senna, aber das ist etwas anderes als ein Vorbild. Ich habe oft zu meinem Vater aufgeschaut, denn er war im Kartsport mein Vorbild. Ich habe ihm alles nachgemacht - zumindest damals, jetzt natürlich nicht mehr."

Frage: "Ist dir der Einstieg bei McLaren-Mercedes schwieriger oder einfacher als erwartet gefallen?"
Montoya: "Einerseits einfacher, andererseits schwieriger. Die Arbeit mit den neuen Ingenieuren und Mechanikern war auf Anhieb ziemlich gut. Die Arbeitsweise des Teams ist aber ganz anders als das, was ich gewöhnt war. Dinge, die ich als unproblematisch erwartet hätte, waren problematisch, und andere Dinge, die ich schwieriger erwartet hätte, stellten sich als ganz einfach heraus."

Frage: "Was war der schwierigste Aspekt in der Anpassung an den MP4-20?"
Montoya: "Es kommt darauf an, eine gute Balance zu bekommen, was mir am Saisonbeginn schwer gefallen ist. Wir haben aber viele Dinge am Auto verändert, und jetzt geht es mir wesentlich besser. Zuerst fiel es mir aber schwer, nach so vielen Jahren wieder ein anderes Auto zu fahren."

Frage: "Oft wird in der Formel 1 von Turn-in-Oversteer oder Turn-in-Understeer gesprochen. Was bedeutet das und wie beeinträchtigt es dich als Fahrer?"
Montoya: "Die einfachste Möglichkeit, sich Untersteuern vorzustellen, ist ein Kreisverkehr: Man lenkt ein, aber das Auto reagiert nicht schnell genug mit dem Richtungswechsel. PKW-Fahrer können an Übersteuern leiden, wenn die Straße des Kreisverkehrs nass ist und das Heck plötzlich ins Rutschen kommt. Dagegen kann man nichts machen, bis man stehen bleibt. Mir ist ein ausbalanciertes Auto am liebsten. Untersteuern hasse ich ganz besonders, gerade mit neuen Reifen, während mich Übersteuern weniger stört."

Keine strategischen Gedanken während der Aufwärmrunde

Frage: "Wie fühlst du dich während der Aufwärmrunde vor einem Rennen?"
Montoya: "Da denkt man an nichts. Man wärmt einfach die Vorderreifen auf, geht alle Gänge durch, um zu sehen, ob alles funktioniert, und man wärmt die Bremsen an. In allerletzter Sekunde bringt man die Reifen für den Start auf Temperatur - und dann geht es los! Man kann sich da keinen echten Plan zurechtlegen, weil man nicht weiß, wie man den Start hinbekommen wird."

Frage: "Hast du einen Lieblingszeichentrick?"
Montoya: "Der letzte Cartoon, den ich gesehen habe, hieß 'Julio'. Das ist eine TV-Serie, in der sie mit Monstern Karten spielen und so weiter. Das habe ich viel geguckt. Der letzte Cartoon-Film, den ich gesehen habe, war 'Die Unglaublichen', aber ich fand das Ende nicht gut."

Frage: "Möchtest du gerne auf dem Mond leben?"
Montoya: "Auf dem Mond leben? Nein. Ich bin hier ehrlich gesagt ganz glücklich. Ich wollte als Kind nie Astronaut werden, sondern schon eher Superman oder Spiderman. Der Mond wäre nichts für mich."

Frage: "Wünschst du dir ein Formel-1-Rennen in Kolumbien?"
Montoya: "Natürlich würde ich das lieben, aber es ist höchst unwahrscheinlich, denke ich. Wir haben zwar Strecken, aber es ist nicht genug Geld da, um sie auf FIA-Standard zu bringen."

An den Hockenheimring hat Montoya schöne Erinnerungen

Frage: "Was war das bisher beste Rennen deiner Karriere und warum?"
Montoya: "Eines der besten Rennen war das letzte auf dem alten Hockenheimring (2002; Anm. d. Red.). Ich habe alle geschlagen, war aber umso mehr frustriert, dass ich nicht gewinnen konnte. Wir hatten ein Problem mit der Tankanlage, durch das der Motor überhitzte und abstarb. Die lange Strecke dort habe ich geliebt, sie hat großen Spaß gemacht. Ich mag schnelle Strecken und Kurven. Zwei Jahre später, auf dem neuen Hockenheimring, war es auch toll, als ich gewann und beinahe das gesamte Feld überrundet hätte! Das Auto hat sich wie bei allen anderen Rennen angefühlt, aber mir kamen die anderen Fahrer so viel langsamer vor."

"Es ist zwar nett, die Flagge am Helm zu haben, aber es muss nicht unbedingt sein." Juan-Pablo Montoya

Frage: "Wofür steht dein Helmdesign?"
Montoya: "Es besteht aus den kolumbianischen Farben, aber ich werde es bald ändern. Es ist zwar nett, die Flagge am Helm zu haben, aber es muss nicht unbedingt sein. Es hat mir eben gefallen. Ich verwende seit 1996 dasselbe Design. Davor war es ein weißer Helm. Die Version aus Chrom verwendete ich erstmals beim ChampCar-Rennen in Cleveland 1999, weil sie mir so gefiel - und ich gewann prompt das Rennen. Von da an lief es mit Chrom meistens gut und mit dem weißen Helm weniger gut. Das war so ein Running-Gag mit meinem Crew-Chef, und wir machten uns einen Spaß daraus. Ist heute ein Chrom- oder ein Weiß-Tag? Das war witzig."

Frage: "Wenn du drei Fahrer wählen könntest, gegen die du antreten darfst, wer wäre das?"
Montoya: "Senna, Jackie Stewart und vielleicht Fangio oder Jim Clark. Senna war wie ein Gott für mich. Die Leute lieben ihn in Kolumbien. Ich würde es lieben, gegen Stewart zu fahren. Wir sind einmal in Oulton Park in Großbritannien mit Straßenautos gegeneinander angetreten. Es war erstaunlich, mit wie wenig Mühe er fuhr. Das ging mir auf die Nerven! Er setzte sich ins Auto, schaltete ganz langsam, bremste ganz langsam - und man dachte, er würde auch langsam fahren. Aber dann schaute man auf die Zeiten. Er fuhr uns allen um die Ohren!"

Monaco-Sieg bedeutet Montoya mehr als das Indy 500

Frage: "Welcher Sieg war aufregender: der beim Indy 500 oder beim Grand Prix von Monaco?"
Montoya: "Monaco. Ich war schon immer einer, der in Europa fahren wollte, immer schon in der Formel 1. Das Indy 500 war nicht mein Traum, sondern der Monaco-Grand-Prix. Die Auslaufrunde in Monaco war wirklich schön - ich schrie am Funk vor lauter Freude. Indy war aber auch großartig. Es kommt einem vor, als würde man einen ganzen Monat dort verbringen, immer wieder um den Kurs fahren. Da muss man wirklich geduldig sein."

Frage: "Wie fühlt es sich an, Vater zu sein und so viele schlaflose Nächte mitmachen zu müssen?"
Montoya: "Das muss ich nicht, denn Connie (Montoyas Ehefrau; Anm. d. Red.) ist wirklich gutmütig. Sie füttert das Baby in der Nacht - und ich übernehme dann ab ungefähr 06:00 Uhr. Es macht mir nichts aus, früh aufzustehen. Sebastian ist wirklich klasse. Man füttert ihn, und dann geht er schon um 10:00 Uhr morgens wieder ins Bett! Vater zu sein ist ein erstaunliches Gefühl, aber man muss es selbst erleben, um das verstehen zu können."

Frage: "Wie wichtig ist es dir, deinen kolumbianischen Landsleuten zu zeigen, dass Träume wahr werden können?"
Montoya: "Die Formel 1 ist nicht nur für jemanden aus Kolumbien ein Traum, sondern für jeden. Es ist immer schwierig, in die Formel 1 zu kommen - da spielt die Nationalität kaum eine Rolle. Wenn man in Kolumbien lebt, glaubt man, dass die Europäer im Vorteil sind, aber sie haben es genauso schwer. Diese Jungs müssen genauso Sponsoren finden und ihren Job machen."

Frage: "Wo siehst du dich in 30 Jahren? Und kannst du dir vorstellen, nach deiner aktiven Karriere vielleicht ein kolumbianisches Formel-1-Team aufzubauen?"
Montoya: "In 30 Jahren habe ich mit dem Rennsport wahrscheinlich nichts mehr zu tun. Das wäre doch verrückt, oder nicht? Keine Chance, dass ich je ein Team leiten werde. Man arbeitet hart für sein Geld, also warum sollte man es aufs Spiel setzen? Ich weiß nicht genau, was ich in 30 Jahren tun werde, aber ich kann garantieren, dass ich nach meiner Fahrerkarriere erst einmal Urlaub machen werde. Vielleicht komme ich zurück, wenn mein Sohn auch Gefallen daran findet, denn dann würde ich ihm sicher helfen. Vielleicht habe ich aber auch viele Spielzeuge, um die ich mich dann in Kolumbien oder Miami kümmern kann."