• 21.05.2011 12:44

Jordan: "Man braucht den Hunger"

Der ehemalige Formel-1-Teamchef Eddie Jordan spricht über Sebastian Vettel, die Situation bei Ferrari und die Leistungen von Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com/Sky) - Eddie Jordan beobachtet den Formel-1-Zirkus sehr genau. Der ehemalige Teameigner und heutige TV-Experte freut sich über die Leistungen von Sebastian Vettel und traut dem jungen Deutschen noch vieles zu, sieht Ferrari allerdings in einer schwierigen Situation. Dies gilt übrigens auch für Michael Schumacher, der im zweiten Jahr seines Comebacks in der Formel 1 noch immer nicht wieder in Fahrt gekommen ist. Im Interview schildert Jordan seine Eindrücke zu diesen Themengebieten.

Titel-Bild zur News: Eddie Jordan

Der frühere Teamchef Eddie Jordan lässt kein gutes Haar an Michael Schumacher

Frage: "Eddie, Sebastian Vettel hat die Formel 1 derzeit im Griff. Wie bewertest du die Saison 2011 bislang?"
Eddie Jordan: "Im vergangenen Jahr hätte man sagen können, Fernando Alonso und Ferrari hätten die WM gewinnen müssen, was sie nicht schafften. Jetzt ist Sebastian Vettel da, der meiner Meinung nach auch weiterhin Erfolg haben wird."

"Vielleicht gelingt es ihm sogar, derartig viele Erfolge einzufahren wie Michael Schumacher. Ich halte ihn für gut genug. Er ist ein außergewöhnlicher Bursche und ein toller Botschafter für unseren Sport. Einen besseren könnte man sich nicht wünschen."

Jordan: Ferrari muss sich am Riemen reißen

Frage: "Rechnest du mit einer eher langweiligen Saison, in der Sebastian Vettel die meisten Rennen gewinnt?"
Jordan: "Das will ich nicht hoffen. Ich war beeindruckt davon, dass Mark Webber im Freien Training auftrumpfen konnte. Red Bull hat klarerweise einen Vorsprung auf die anderen Teams, die nun eben aufholen müssen. Da reden wir von Mercedes, McLaren und Ferrari. All diese Rennställe sind nicht so gut, wie sie sein sollten. Sie müssen jetzt sicherstellen, dass sie Red Bull einfangen."

Frage: "Fernando Alonso bestreitet hier sein Heimrennen. Was erwartest du vom spanischen Lokalmatadoren in Barcelona?"
Jordan: "Es gibt ein paar Dinge, die mich bei Ferrari stören. Dafür mache ich aber nicht in erster Linie Fernando Alonso verantwortlich. Er ist der Teamleader und unterstrich seine Bindung an die Mannschaft durch seine Vertragsverlängerung bis 2016."

"In meinen Augen brauchen sie jemanden wie Rory Byrne." Eddie Jordan

"Das ist eine sehr langfristige Sache, die ich als Teamchef so nicht gemacht hätte. Da tritt nämlich leicht Selbstgefälligkeit auf. Man braucht den Hunger. Der Fahrer muss entschlossen sein und aggressiv zu Werke gehen. Bei einer Vertragslänge in dieser Größenordnung ist das vielleicht nicht ideal. Zurück zu Ferrari: In meinen Augen brauchen sie jemanden wie Rory Byrne."

"Sie vermissen ihn sicherlich schmerzlich. Mit ihm hätten sie das Potenzial des Doppeldiffusors erkannt und wären auch auf den F-Schacht gekommen. So war es aber nicht und Ferrari spielte stattdessen die zweite Geige hinter den neuen Teams. Sie machen eine schwierige Zeit durch, müssen aber nach vorne schauen und weitermachen."¿pbvin|512|3687|inside|0|1pb¿

Jordan: Schumacher ist doch zu alt...

Frage: "Was hältst du von Michael Schumacher? Nach dem Rennen in der Türkei steht er wieder einmal schwer in der Kritik..."
Jordan: "Seine Vorstellung in der Türkei war peinlich und schockierend. Er sagte hinterher, dass er nicht viel Spaß dabei gehabt hatte. Das ist sehr wichtig. Aus diesem Grund möchte er natürlich auf jeden Fall für Wiedergutmachung sorgen."

"Wäre Michael ein junger Fahrer und würde so für Mercedes fahren, wie er es aktuell tut, würde man ihn feuern." Eddie Jordan

"Für mich ist von großer Bedeutung: Wäre Michael ein junger Fahrer und würde so für Mercedes fahren, wie er es aktuell tut, würde man ihn feuern. Die ganze Welt mag ihn aber - und das ist vielleicht auch der Grund, weshalb er noch fährt. Vielleicht muss er aber selbst über seine persönliche Zukunft nachdenken."

Frage: "Was meinst du damit? Sollte Michael Schumacher zurücktreten?"
Jordan: "Meiner Meinung nach hat er etwas verloren. Er liegt immer nur im Mittelfeld und qualifiziert sich auf den Rängen elf, zwölf oder 13. Wenn ich Kobayashi im gleichen Auto an den Start bringen würde, auf wen würde ich dann mein Geld setzen? Im Augenblick wäre Kobayashi ganz klar meine Wahl."

"Einfach, weil er dazu in der Lage ist, sich nach vorne zu arbeiten. Michael macht noch immer einige Fehler dabei. In der Türkei leistete er sich einen schrecklichen Fehler gegen Petrow. So etwas sollte nicht vorkommen. An der Spitze war er ein brillanter Fahrer, doch im Mittelfeld muss er erst noch lernen, wie man sich durchschlägt. Aus diesem Grund ist er in meinen Augen zu alt für so etwas."

Frage: "Als Teamchef würdest du ihn demnach nicht für ein weiteres Jahr unter Vertrag nehmen?"
Jordan: "Nun, es gibt natürlich auch viele Vorteile. Michael Schumacher ist der Fahrer mit den meisten Erfolgen in diesem Sport. Du kannst nie von dir behaupten, dass du ihn nicht unter Vertrag nehmen würdest. Natürlich würde ich das tun! Ich denke aber, ich würde mich eher für einen jungen Piloten entscheiden."