• 18.09.2004 09:50

  • von Marco Helgert

Jaguar, das Sparen und die Formel 1

Fords Strategie von einer Formel-1-Operation mit geringen Zuschüssen ging nicht auf - Naivität oder ein Fehler im System?

(Motorsport-Total.com) - Man hätte es ahnen können, dass sich Jaguar aus der Formel 1 verabschiedet. Der Rückzug kam daher auch nicht überraschend, vielmehr plötzlich. Dabei stand die Unternehmung "Königsklasse" nie unter einem guten Stern. Natürlich war Ford fast immer in der Formel 1 präsent, der Startschuss für das eigene Team fiel aber erst Mitte 1996. Jackie Stewart baute sein Team für die Formel 1 um - mit tatkräftiger Unterstützung aus Detroit.

Titel-Bild zur News: The Leaping Cat

The leaping cat: Jaguar verabschieded sich zahnlos aus der Formel 1

1998 kaufte das Unternehmen mit dem blauen Oval die Motorenschmiede Cosworth ein, ab dem Jahr 2000 lief das Stewart-Team unter dem Namen Jaguar - und die Probleme begannen bereits. Die Geschäftszahlen von Jaguar ließen ein groß angelegtes Engagement quasi nie zu - eine ständig wechselnde Teamführung sorgte zudem immer wieder für Aufsehen.#w1#

Der Niedergang war abzusehen, und niemand tat etwas dagegen. Ford gehörte wie gesagt fast immer zum Formel-1-Tross, in welcher Art auch immer. Der Schritt des Rückzuges muss schwer gefallen sein. Angesichts von tausenden Stellen, die bei Jaguar in England abgebaut werden, ist der Rückzug aus der Geldvernichtungsmaschine Formel 1 aber nicht nur verständlich sonder moralisch nahezu notwendig.

Hausgemachte Probleme?

"Es ist nicht das langfristige Interesse von Jaguar, in der Formel 1 teilzunehmen und am hinteren Ende des Feldes platziert zu sein"; erklärte Richard Perry-Jones, Ford-Vizepräsident. "Damit sich die Formel 1 für Jaguar wirklich bezahlt macht, müssten wir gewinnen können, denn einen Jaguar möchte man doch nur dann besitzen, wenn wir gewinnen können, eine Teilnahme reicht nicht aus." Doch genau darin liegt die Crux: "Jaguar kann sich die eskalierenden Kosten, um in der Formel 1 zu gewinnen, nicht leisten."

Die Misere wird besonders deutlich, wenn man sich die Budgetsituation bei Jaguar vor Augen führt. Ford wollte offenbar sparen - um jeden Preis. Niki Lauda bekam das zu spüren. Noch vor der Saison 2003 musste er gehen. Auch deshalb, weil er mit dem massiven Kürzungen der Budgetzuschüsse von Ford nicht einverstanden war. Schlimmer noch, die neue Jaguar-Führung glaubte offenbar, sich auch mit wenig Geld an die Spitze heranarbeiten zu können.

"Teamchef Purnell jammert über das geringe Budget, aber da ist er selbst schuld", erklärte Niki Lauda im Juli der 'Rennsport News Formel1-F1 Racing'. "Der hat ja den Kürzungen zugestimmt und behauptet, man kann mit dem Budget auskommen. Deshalb hat er ja meinen Job bekommen. Purnell machte es mit einem Budget, das unter hundert Millionen Dollar liegt, und er gewann keinen einzigen neuen Sponsor dazu. Er ist Techniker, aber kein Marketingmann."

Ford pokerte - und verlor

War man im Jaguar-Lager zu blauäugig? "Unser Erfolgsvision für Jaguar Racing bestand aus einer Kombination vom Profit Jaguars, einem hocheffizienten Team, einer Kostenreduzierung durch Regeländerungen und einer gerechteren Verteilung der Einnahmen des Sports", erklärte Perry-Jones. Doch bei Jaguar stehen tausende Autos auf Halde, sehr viel günstiger ist auch die Formel 1 nicht geworden, und mit Bernie Ecclestone verhandelt man noch immer über eine andere Gelderverteilung.

"Jaguar hätte in der Formel 1 nur eine Siegchance, wenn ein größere Teil der Einnahmen an die Teams verteilt werden würde, und wenn die Kosten für alle Teilnehmenden gesenkt werden würde", fuhr er fort. Passiert ist das nicht, aber: "Daher hat sich Ford in den vergangenen 18 Monaten so an der GPWC beteiligt. Leider sind die Reformen zu langsam, um die Entscheidung wieder umzustoßen."

Forderte der Kampf um die kommerzielle Macht in der Formel 1 nun das erste wirkliche Opfer? Bisher verließen vornehmlich Privatteams die Bühne - nun musste ein Hersteller dran glauben. Die verbliebenen Hersteller planten von vornherein mehr Geld für die Formel 1 ein, dies heißt aber nicht, dass sie sorglos hunderte Millionen pro Jahr investieren können. Natürlich hat Jaguar darauf gesetzt, dass ihnen die Entwicklung der Formel 1 in die Hände spielt. Dieser Poker ging nicht auf, doch das muss nicht heißen, dass alle anderen ein besseres Blatt in der Hand halten. Der Ford-Ausstieg zeigt deutlich, dass in der Formel 1 Reformen, gerade im Hinblick auf die Kosten, schnellstmöglich stattfinden müssen.

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