Jackie Stewart: "Lewis kann fünf oder sechs Titel holen"
Ex-Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart ist nicht mehr der einzige britische Dreifach-Champion: "Aber Lewis fährt bestimmt noch mindestens sechs Jahre weiter"
(Motorsport-Total.com) - Seit dem Formel-1-Grand-Prix der USA 2015 in Austin steht fest: Jackie Stewart ist seinen Status als einziger britischer Pilot mit drei Formel-1-WM-Titeln los. Lewis Hamilton hat mit dem Schotten gleichgezogen. Stewart nimmt diese Tatsache gelassen hin. "Ich habe ihm gratulieren können, bevor ich jetzt schnell zum Flieger muss", so der Champion von von 1969, 1971 und 1973 bei 'Sky Sports F1'. "Er ist dermaßen glücklich - und das völlig zurecht."
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Jackie Stewart: Lewis Hamilton liegt nun mit drei Formel-1-WM-Titeln gleichauf Zoom
"Lewis Hamilton ist aus meiner Sicht der aktuell schnellste Fahrer in der Formel 1", stellt Stewart klar. Sein britischer Landsmann würde in der aktuellen Form auch die großen Kaliber wie Fernando Alonso oder Sebastian Vettel auf gleichem Material besiegen. "Jetzt kann er herunterfahren, einfach mal seine eigene Art ausleben. Er ist gerade mal 30 Jahre alt und kann bestimmt noch sechs Jahre auf diesem Niveau fahren", meint Stewart im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Er erwarte weitere Titelgewinne von Hamilton.
"Ich fühle mich dadurch nicht anders. Ich bin dreimaliger Weltmeister - mehr konnte ich nicht erreichen. Ich habe meine Karriere halt in jenem Jahr beendet, als ich meinen dritten Titel holte. Das war mir damals schon lange Zeit klar", erinnert sich Stewart an die Saison 1973, die seine letzte in der Königsklasse sein sollte. "Für mich war der dritte Titel vielleicht noch besonderer als jener jetzt von Lewis. Mir war damals nämlich klar, dass ich nicht weiter Rennen fahren würde."
Stewart nutzte 1973 seine letzte Chance
"Wenn ich es nicht geschafft hätte, dann wäre keine weitere Chance gekommen. Lewis wird noch weitermachen, bis er Ende 30 ist oder so. Ohnehin war es eine andere Zeit", meint der 76-Jährige. In den 1960er- und 1970er-Jahren musste Stewart seine Titel in Saisons mit maximal 15 Rennen gewinnen, in den Jahren 1969 und 1971 gab es jeweils sogar nur elf Grands Prix. "Basierend auf den Regeln und Strukturen will man jeweils das Beste zu jeder Zeit zu schaffen. Genau das habe ich gemacht."
Und genau in der aktuellen Struktur der Formel 1 mit mehr Trainingszeit und vor allem mehr Rennen pro Jahr könne ein Talent sich noch mehr entfalten und entwickeln - ein erheblicher Unterschied zur aktiven Zeit von Jackie Stewart. "Je mehr man fährt, desto mehr lernt man. Ein Fahrer kann sich dann besser auf besondere Umstände einstellen, mit denen wenig erfahrene Piloten arge Probleme haben", meint der ehemalige Tyrrell-Superstar.
"Jim Clark hat es auf diese Art gemacht und bei Alain Prost war es beispielsweise auch nicht anders. Jetzt, nach seinem dritten Titelgewinn, sollte Lewis klar sein, dass er gelassen herangehen kann. Eigentlich kann er die Siege ohne harte Kämpfe einfahren", erklärt Stewart. Dass der britische Mercedes-Pilot genau dies nicht tut, sondern in den Rennen stets aggressiv und entschlossen zu Werke geht, sei eine Eigenheit, die für Spektakel sorge - gut für die Fans.
Stewart sicher: Lewis Hamilton holt weitere Titel
"So ist er halt. Alain Prost hat seine vier Titel mit weniger Spektakel geholt, weil er immer feinfühlig und sauber unterwegs war. Das hat mir imponiert. Jim Clark war damals genauso. Ich wollte sein wie Jim. Er war mir ein Vorbild. Ich habe viel von ihm lernen können", sagt der Ex-Champion, der 2001 in den britischen Adelsstand erhoben wurde. Hamilton lerne beim Fahren, jederzeit. Und genau dies werde ihm weitere Erfolge in der Zukunft ermöglichen.
"Er kann insgesamt bestimmt fünf oder sechs Titel holen", stellt Stewart eine anhaltende Dominanz seines Landsmannes in Aussicht. "Mercedes ist dieser Tage so überlegen. Es geht nicht nur um den Antrieb, sondern auch deren Chassis ist erstklassig. Sie haben unglaublich viele talentierte Techniker. Sebastian Vettel hat bei der Red-Bull-Dominanz vier Titel in Folge geholt. So etwas ist möglich, wenn es eine klare Vorherrschaft eines Teams gibt."
"Ich sehe drei Teams, die einem Fahrer aktuell Titelgewinne ermöglichen können: Ferrari, Red Bull und natürlich Mercedes. Diese Teams haben mehr Geld, bessere Simulatoren und alle notwendigen Zutaten", so Stewart. "Die aktuelle Red-Bull-Fabrik ist die ehemalige Fabrik von Stewart Grand Prix. Aber alles ist viel, viel größer. Es ist beeindruckend das zu sehen, wenn man bedenkt, dass alles nur dafür da ist, zwei Fahrern beste Chancen zu ermöglichen. In Maranello ist es genauso, in Brackley und Brixworth auch."