• 01.02.2010 11:11

  • von Dieter Rencken

Interview: So will López mit Renault Geld verdienen

Genii-Boss Gerard López, der neue starke Mann bei Renault, erklärt im Interview sein Geschäftsmodell für das Renault-Formel-1-Team

(Motorsport-Total.com) - Gerard López trat in der Formel 1 im Dezember erstmals in Erscheinung: Erst kamen Gerüchte auf, wonach er mit seinen Investmentfirmen Genii Capital und Mangrove Capital Partners das Renault-Team übernehmen könnte, dann hatte er einen großen Auftritt beim Motorsport-Business-Forum in Monte Carlo und am 16. wurde der Einstieg bei Renault schließlich offiziell bekannt gegeben.

Titel-Bild zur News: Gerard López

Gerard López gibt gar nicht erst vor, nur des Sports wegen in der Formel 1 zu sein

In Formel-1-Kreisen war der hochintelligente Spanier zunächst noch ein unbeschriebenes Blatt, doch recht schnell lernte man in der Szene, mit seinem Namen etwas anzufangen: Mit Mangrove Capital Partners war er Investor beim Internet-Telefondienst Skype - ein 3,1 Milliarden US-Dollar schwerer Deal. Nun sieht er das Renault-Team als Zentrum einer neuen Geschäftsplattform. Wie diese Geld einbringen soll, erklärt er im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.#w1#

Keine Werbeagentur, aber auch kein Rennteam

Frage: "Gerard, es hat in der Formel 1 schon Werksteams und private Geschäftsmodelle gegeben, aber noch nie beides kombiniert. Wie unterscheidet sich euer Modell von anderen?"
Gerard López: "Das ist alles, was wir tun. Wir sind keine Werbeagentur und wir sind auch kein Rennteam. Renault schon, aber unsere Firmen nicht."

"Nehmen wir mal Mangrove Capital Partners. Alles, was wir dort tun, ist, Firmen so ziemlich aus dem Nichts aufzubauen und ihr Wachstum zu unterstützen, indem wir Beziehungen zu größeren Firmen herstellen. Das ist alles, was wir tun. Wenn wir mit diesem Modell also in einem Umfeld Erfolg haben, das nicht in der Öffentlichkeit steht, dann glauben wir in einem Umfeld wie der Formel 1, das sehr in der Öffentlichkeit steht, umso mehr daran."


Fotos: Präsentation des Renault R30


"Hier kommt als zusätzlicher Anreiz zu einem Deal, dass Image mitschwingt, möglicherweise auch geografische Überlegungen. Nehmen wir unsere Fahrerwahl. Ich möchte betonen, dass wir die anhand von Leistungen getroffen haben. Aber wenn man jemanden bekommen kann, der GP2-Vizemeister ist und gleichzeitig einen riesigen Markt wie Russland hinter sich hat, dann ist das ein super Anfang."

Frage: "Du hast den Kommunikationsdienst Skype für viel Geld verkauft. Sagen wir, du würdest Skype morgen verkaufen, wie würde deine B2B-Plattform aussehen?"
López: "Ich gebe dir ein anderes Beispiel: Wir haben eine Firma namens Nimbuzz, die durchaus mit Skype vergleichbar ist, aber für mobile Geräte entwickelt wurde. Das ist die größte derartige Firma, die es gibt. Wir haben ungefähr 15 Millionen User."

"Nimbuzz wird Deals mit Telekommunikationsfirmen machen, mit Mobiltelefonfirmen und so weiter. Wir werden die auswählen, denn wir können die User bringen. Wenn wir Gespräche mit potenziellen Partnern führen, was wir gerade tun, dann bringen wir ihnen 15 Millionen User ein, sie bringen die Handys ein - und gemeinsam können wir etwas Größeres machen. Das ist ein sehr praktikabler Ansatz für einen Deal und es ist ein typisches Beispiel für unser Vorgehen."

Nicht nur Sticker auf dem Formel-1-Auto

"Dabei ist Nimbuzz noch eine sehr junge Firma, erst drei Jahre alt. Es ist noch kein großer Name, trotz der 15 Millionen User. Unser Ansatz ist, dass diese Firma indirekt Partnerschaften gewinnen wird, aber die Partner, die in die Formel 1 kommen, werden am meisten profitieren. Es geht uns nicht nur darum, dass sie einen Sticker auf dem Auto bekommen. Das ist nicht das Ziel."

Frage: "Das Mangrove-Portfolio besteht aus vielen Firmen, die sich mit neuer Technologie befassen. Neue Technologien werden auch in der Automobilindustrie zunehmen. Das passt doch hervorragend mit dem Renault-Team zusammen, oder?"
López: "Genau. Wir reden da von Bereichen wie Entertainment im Auto, zum Beispiel Filmdownloads und Games für die mitfahrenden Kinder, GPS-Services, Kommunikationsdienste - da gibt es viele Möglichkeiten."

"Das sind die Deals, wegen denen wir in der Formel 1 sind." Gerard López

Frage: "Renault würde dabei quasi das Auto und den Kunden einbringen, richtig?"
López: "Nicht unbedingt. In der ersten Phase wollen wir Hilfe anbieten, um diesen Denkprozess zu beschleunigen. Wir haben die Firmen, die solche Dinge umsetzen können. In der ersten Phase gibt es den Denkprozess, in der zweiten den Prototypen und erst in der dritten brauchst du ein Produkt. Dieses Produkt wird Renault gehören. Wenn wir Teil davon sein können, profitieren wir davon. Das sind die Deals, wegen denen wir in der Formel 1 sind."

Frage: "Du hast in der Vergangenheit mit Investments viel Geld verdient und wärst nicht in der Formel 1, wenn du nicht auch hier viel Geld verdienen möchtest. Kannst du erklären, wie du das anstellen willst?"
López: "Wir wollen hier etwas aufbauen, wovon andere schon lange reden, aber niemand hat es je umgesetzt. Unsere Idee ist, eine Art Botschaft für Business aufzubauen, die über dem Team steht. Dieses Business soll mit dem Team um die Welt reisen und versuchen, in verschiedenen Ländern, Möglichkeiten, Beziehungen und Investments zu kreieren. Das wollen wir erreichen, indem wir die richtigen Leute einladen."

"Ich bleibe beim Beispiel Nimbuzz: Wir bringen die Firma und einen Hersteller von Mobiltelefonen in der Formel 1 zusammen, aber die Deals, die wir dadurch abschließen, haben an sich nichts mit der Formel 1 zu tun. Durch diese Deals werden wir Geld verdienen - hoffentlich viel davon! Ich sehe die Formel 1 als Plattform, die uns noch mehr Deals bringen kann als bisher. Wir haben ungefähr 1.500 Anfragen von Firmen, die uns als Investoren einladen. Das ist beträchtlich, aber ich glaube, wir können es noch ausbauen. Der Kern von allem sind B2B-Beziehungen, nicht nur mit Renault, sondern auch mit anderen Partnern. Das Ergebnis könnte interessant werden."

Der Honig und die Bienen

Frage: "Die Formel 1 ist also euer Honigtopf, der die Bienen anlocken soll..."
López: "Irgendwie schon, aber ich würde es nicht so formulieren, denn es ist dann doch etwas komplizierter. Sonst würde es ja jeder machen. Aber die Formel 1 ist natürlich eine globale Plattform mit hoher Öffentlichkeitswirksamkeit - und noch dazu eine sehr interessante."

Frage: "Die kommerziellen Rechte der Formel 1 gehören einer Investmentfirma namens CVC. Ihr seid auch eine Investmentfirma. Siehst du da keine Interessenskonflikte?"
López: "Nein, im Gegenteil. CVC ist auf Unternehmensbeteiligungen spezialisiert, die Firmen in späteren Stadien übernimmt. Wir konzentrieren uns auf jüngere Firmen, was mit mehr Risiko verbunden ist. Daher sehe ich da kein Konfliktpotenzial. Wir kennen CVC auch sehr gut."

"Ich kannte Bernie schon als Kind aus dem Fernsehen." Gerard López

Frage: "Dein Vorgänger Flavio Briatore und Bernie Ecclestone waren sich sehr nahe, haben auch Deals gemeinsam gemacht. Noch bevor euer Team erstmals auf der Strecke gefahren ist, wolltest du schon gemeinsam mit Bernie SAAB übernehmen. Wie kam das zustande?"
López: "Wir kennen uns schon lange und halten viel voneinander. Sonst gibt es da keinen Zusammenhang. Renault ist Renault. Wir sind sehr transparent und auch stolz darauf. Die Beziehung zu Bernie ist sehr einfach: Ich kannte ihn schon als Kind aus dem Fernsehen."

"Später wurde ich ihm persönlich vorgestellt - und ich respektiere ihn sehr, denn dieser Sport wäre ohne ihn nicht da, wo er heute ist. Das kann man ihm nicht in Abrede stellen. Ich halte ihn für einen sehr offenen Menschen, was die Zukunft angeht, obwohl ich oft etwas anderes lese. Wenn wir helfen können, die Denkprozesse in der Formel 1 anzukurbeln, was zum Beispiel das Internet angeht, dann stehen wir jederzeit zur Verfügung. Wir kennen uns und reden sehr offen über diese Dinge. Abgesehen davon sehe ich Bernie als guten Freund."

Frage: "Siehst du dich als sein Nachfolger?"
López: "Nein. Das Team reicht mir vollkommen!"