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Renault-Eigentümern geht es nicht um Profit
Genii-Chef Gerard López erklärt, warum er das Renault-Team übernommen hat und was er sich vom Formel-1-Engagement erwartet
(Motorsport-Total.com) - In Zeiten der Wirtschaftskrise werden schon gewöhnliche Werksteams von den traditionellen Motorsportlern kritisch beäugt, aber wenn auch noch ein steinreicher Geschäftsmann dazukommt, dem der Kopf vor allem nach Profit steht, dann fehlt einem schnell der Glaube an vermeintlich ehrbare Motive für die Übernahme eines Formel-1-Teams.

© xpb.cc
Gerard López sieht die Formel 1 als Umfeld für ein neues Geschäftsmodell
Insofern hat es Gerard López, Chef der Investmentfirma Genii Capital, die im Dezember eine Mehrheit am Formel-1-Team von Renault übernommen hat, nicht leicht. Doch der Spanier, übrigens ein leidenschaftlicher Hobby-Rennfahrer, der selbst schon Grand-Prix-Boliden ausprobiert hat, macht aus seinen Absichten keinen Hehl und spricht offen darüber, dass er mit dem Renault-Team Geld verdienen möchte. Als Widerspruch zu sportlichen Ambitionen sieht er das nicht.#w1#
Formel 1 als Geschäftsmodell
"Eines möchte ich ganz klar festhalten: Wir sind nicht nur hier, um Profit einzufahren", sagt López, fügt aber im gleichen Atemzug an: "Der einzige Profit, den wir daraus schlagen wollen, ist eine Plattform, die wir erst aufbauen müssen. Natürlich wollen wir, dass diese Plattform als Geschäftsmodell funktioniert, aber es geht uns nicht darum, etwas zu kaufen und dann teurer zu verkaufen. Zugegeben, das machen wir anderswo, aber nicht hier."
Wie diese Plattform aussehen soll, ist nach wie vor nicht hundertprozentig klar. Fest steht, dass Genii und Renault ihre Stärken in einen gemeinsamen Topf werfen, um das Engagement in der Formel 1 bestmöglich zu nutzen - in sportlicher wie auch vor allem in kommerzieller Hinsicht: "Die Automobilhersteller müssen sich in Zukunft Engagements überlegen, die Sinn machen. Das hier ist so ein Engagement", findet López.
"Unsere Aufgabe ist, gemeinsam mit Renault das Management der Firma zu leiten", erklärt er. "Außerdem kümmern wir uns um den B2B-Aspekt. Das bedeutet in den heutigen wirtschaftlichen Zeiten nicht, einfach einen Sticker auf das Auto zu kleben, sondern wir wollen unseren Sponsoren mehr anbieten als bloße Imagebildung, nämlich Kontakte innerhalb der Unternehmen. Mangrove und Genii haben Firmen in ihrem Portfolio, die in dieses Umfeld passen."
¿pbvin|512|2419||0|1pb¿Sprich: Renault bringt das Renommee eines Automobilherstellers und langjähriges Motorsport-Know-how in die strategische Partnerschaft ein, während Genii versucht, Sponsoren zu gewinnen und innerhalb des Netzwerkes, das auf Basis der Plattform Formel 1 entstehen wird, Deals einzufädeln. Auf diese Weise kann man möglicherweise mehr Geld verdienen als als konventionelle Marketingagentur, die nur Sponsoringdeals vermittelt.
López, der sich selbst wegen Renault als "Spanier mit dem französischsten Akzent" beschreibt, weiß aber genau, dass für geschäftlichen Erfolg auch die Leistung auf der Rennstrecke stimmen muss. Daher fordert er von seiner Mannschaft einen baldigen Turnaround: "Das Ziel ist, dieses Jahr wieder an die Topteams heranzukommen und ab 2011 Rennen zu gewinnen", legt er die Latte für die Premierensaison recht hoch.
"Wir wollen nicht nur an der Formel 1 teilnehmen, wie viele Leute befürchten", unterstreicht er und liefert ein Beispiel: "Im Moment haben wir 480 Mitarbeiter. Damit sind wir Zweiter, was die Größe angeht. Wenn Renault gewollt hätte, in der Formel 1 nur zu überleben, dann hätten sie das billiger haben können, glauben Sie mir! Das Commitment für die Mitarbeiter ist auch ein Commitment für Performance."
Trennung zwischen Sport und Marketing
López ist auch clever genug, sich nicht ins Renngeschehen einmischen zu wollen. Das überlässt er lieber anderen, damit er sich auf das konzentrieren kann, was ihm am besten liegt: Profit erwirtschaften. Die sportliche Leitung hat er einem alten Freund übertragen: "Wir haben mit Eric Boullier und unseren Fahrern Leute eingesetzt, deren einziges Interesse Racing ist. Das Business überlassen sie Renault oder Genii."

© Renault
Die gelb-schwarze Lackierung war ausdrücklicher Wunsch von Genii Capital Zoom
"Wir sind sehr froh, dass wir uns für Renault entschieden haben, denn es gab auch andere Möglichkeiten", sagt er weiter und gesteht in für die Formel 1 ungewohnter Offenheit, dass erst 83 Prozent des Budgets für die kommende Saison abgedeckt sind. Panik schiebt er deswegen jedoch keine: "Natürlich wird es dauern, das finale Paket zusammenzustellen - in jeder Hinsicht: Sponsoring und Auto."
Die heute präsentierte 2010er-Lackierung beinhaltet Logos von Mineralölpartner Total und Uhrenhersteller TW Steel sowie prominentes Renault-Branding. Das bedeutet aber nicht, dass es dabei bleiben muss: "Das bedeutet nicht, dass keine Verhandlungen mit potenziellen Sponsoren stattfinden", gibt López zu Protokoll. "Ich denke, da werden sich in den nächsten Wochen ein paar Dinge ergeben."
Die Rückkehr zu den gelb-schwarzen Farben sei sein ausdrücklicher Wunsch gewesen: "Wir haben auf dieser Lackierung bestanden, denn erstens sieht das Auto schön aus und zweitens erinnert es an die Geschichte von Renault. Das ist eine sehr positive Botschaft, die wir da aussenden. Wir wollen, dass die Lackierung so bleibt, auch wenn ein Titelsponsor an Bord kommt. Man soll niemals nie sagen, aber wir werden uns dafür einsetzen, dass die Lackierung so bleibt."
"Vielleicht wird die Lackierung dann den Eigentümer überleben", unkt ein skeptischer Journalist, der Geschäftsmann López nicht über den Weg traut und befürchtet, dass das Genii/Renault-Modell enden wird, sobald es genug Geld eingebracht hat. Doch López ist Pragmatiker: Wenn die Formel 1 keinen Profit bringt, wird er das zu ändern versuchen - und wenn doch, dann kommt ein Ausstieg sowieso nicht in Frage...
"Wenn wir in zehn Jahren noch hier sind und Renault in zehn Jahren noch hier ist, dann würde ich mich freuen, denn das würde bedeuten, dass wir etwas richtig gemacht haben", lächelt er. "Im Moment erhalte ich keine Anzeichen, dass Renault aussteigen möchte, und das wäre auch nicht in unserem Interesse. Beide Seiten wollen an diesem Modell festhalten, weil sie es für richtig halten. Daher gibt es kein Ablaufdatum."

