• 17.10.2004 11:51

Interlagos aus der Sicht des Motoren-Ingenieurs

Renault-Motorenchef Denis Chevrier erklärt Ihnen, auf was es auf der brasilianischen Rennstrecke von Interlagos beim Motor ankommt

(Motorsport-Total.com) - "Für einen Motorenbauer ist die erste herausstechende Charakteristik von Interlagos die Tatsache, dass der Kurs rund 700 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Der atmosphärische Druck, der normalerweise rund 1.000 Millibar beträgt, wird aus diesem Grund auf rund 920 Millibar reduziert."

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso beim letztjährigen Brasilien-Grand-Prix in Interlagos

"Bei jedem atmosphärischen Motor bringt diese Reduktion an Luftdruck eine unvermeidbare Leistungseinbuße mit sich, weil in einer gegebenen Menge an Luft der prozentuale Anteil an Sauerstoff - und damit das Potential einer effektiven Verbrennung - geringer ist. In Interlagos verliert der Motor rund acht Prozent seiner Leistung im Vergleich zum Basis-Luftdruck. Die feuchten Bedingungen, die auf dieser Strecke oft herrschen, können sich ebenfalls negativ auf die Leistung auswirken."#w1#

"Was das Layout angeht, so verfügt der Kurs über keine sehr langsamen Kurven. Die Langsamste, Kurve 10, wird mit rund 80 km/h durchfahren. Dies bedeutet, dass der Motor nicht mit sehr niedrigen Drehzahlen verwendet wird und ein gutes Drehmoment zwischen 80 und 220 km/h wichtig ist, um das Auto aus den vielen Kurven im engen zweiten Sektor herauszukatapultieren."

"Zudem müssen die Autos in der Lage sein, schnelle Richtungswechsel effektiv zu vollführen während man in diesem Sektor beschleunigt. Ein Motor, der schnell und vorhersagbar auf den Input des Fahrers auf das Gaspedal reagiert, stellt aus diesem Grund einen wichtigen Vorteil dar, da eine weiche Kraftentfaltung die Balance des Autos bewahrt."

"Um eine effektive Leistung aufzubauen, muss eine starke Drehmomentkurve mit einem guten Level an Traktion kombiniert werden, vor allem im Ausgang von Kurve 12. Eine gute Traktion wird durch die notorisch unebene Asphaltoberfläche in Brasilien eingeschränkt."

"Das macht nicht nur das Leben der Fahrer beim Bremsen schwierig, da es das Auto destabilisiert, die Unebenheiten können dafür sorgen, dass die Hinterräder den Kontakt zur Strecke verlieren, was potentiell dazu führen kann, dass der Motor beim starken Beschleunigen überdreht wird. Dies bedeutet, dass die Vorsichtsmaßnahmen zur Verhinderung des Überdrehens auf diesem Kurs besonders wichtig sind, um eine gute Zuverlässigkeit des Motors sicherzustellen."

"Abschließend sorgen die geringe Anzahl von Hochgeschwindigkeitskurven zusammen mit der durch die atmosphärischen Verhältnisse verursachten geringeren Motorleistung und der relativ kurzen Runde dafür, dass sowohl der Benzinverbrauch (2,4 Kilogramm pro Runde) und der Zeitverlust durch das Mitführen von mehr Benzin (0,27 Sekunden pro 10 Kilogramm) vergleichsweise gering ausfallen. Beide Werte liegen unter dem Saisondurchschnitt (3,0 kg beziehungsweise 0,37 Sekunden)."