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  • 11.06.2012 10:17

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

Horner: "Plötzlich brachen die Reifen ein"

Red-Bull-Teamchef Christian Horner erklärt die Strategie von Sebastian Vettel und Mark Webber im Großen Preis von Kanada: "Ein schwieriges Rennen"

(Motorsport-Total.com) - Ein Podestplatz lag schon in greifbarer Nähe, doch da spielten die Reifen nicht mehr mit: Red Bull und Sebastian Vettel konnten die Pole-Position beim Großen Preis von Kanada nicht in einen Rang unter den Top 3 ummünzen, sondern mussten sich nach einem kurzfristig anberaumten Boxenstopp am Ende des Rennens mit dem vierten Platz begnügen. Mark Webber sah das Ziel sogar "nur" als Siebter.

Titel-Bild zur News: Christian Horner (Red-Bull-Teamchef)

Christian Horner und Red Bull wurden in Kanada von der Reifensituation überrascht

Dabei hatte es anfangs ganz nach einem wesentlich erfolgreicheren Rennsonntag für Red Bull ausgesehen, denn Vettel ging direkt in Führung und hatte das Geschehen in Montreal zunächst im Griff. Die Taktik des aktuellen Weltmeisters ging anfangs perfekt auf. "Gegen Ende des ersten Stints, das war um Runde 15 oder 16, verlor Sebastian aber allmählich an Tempo", sagt Christian Horner.

Und ab diesem Augenblick entwickelte sich der Große Preis von Kanada für den Red-Bull-Teamchef und seine Fahrer zu einer sehr schwierigen Angelegenheit: Vettel war zu einem frühen ersten Stopp gezwungen und auch Webber brauchte bald frische Pneus. Horner: "Wir gingen da wohl etwas zu hart mit den Reifen um. Es hätte besser ausgesehen, wenn wir noch etwas länger hätten fahren können."

Das ging sich für Red Bull aber nicht aus und so geriet der Rennplan durcheinander: "Wir waren mit dem Glauben ins Rennen gegangen, dass ein Stopp mehr als möglich sein würde. Dies machten wir an den Informationen fest, die wir am Freitag gesammelt hatten. Die Rückmeldung von Pirelli bestärkte uns in dieser Annahme. Und einige Fahrzeuge schafften es dann ja auch", meint Horner.

"Die Rückmeldung von Pirelli bestärkte uns in dieser Annahme." Christian Horner

Allerdings nicht seine eigenen, obwohl es auch im zweiten Stint noch vergleichsweise gut aussah: Vettel lag auf Kurs zu einem Podestplatz und hatte noch Chancen auf den Sieg, Webber folgte im vorderen Mittelfeld. "Zu diesem Zeitpunkt waren wir recht zufrieden mit der Balance", bestätigt Horner. Dann musste das Team am Kommandostand aber plötzlich wieder rasche Entscheidungen treffen.

Geplant war eine Einstopp-Strategie

"Sebastian lag gut im Rennen. In Runde 51, bei noch 19 zu fahrenden Runden, hielten wir es für unsere beste Option, draußen zu bleiben und zu versuchen, mit nur einem Stopp durchzufahren. Wir wussten, dass Lewis rasch aufholen würde, doch wir hatten die Position auf der Strecke", erklärt Horner. "Mark mussten wir jedoch hereinholen, weil die Reifen bei ihm dramatisch abbauten."

"Das war notwendig, aber bei Sebastian war alles in Ordnung. Auf einmal brachen die Reifen aber massiv ein", sagt der Red-Bull-Teamchef und fügt hinzu: "Wir hatten die Möglichkeit, weiterzufahren und zu hoffen, vor Grosjean und Perez zu bleiben. Das schien nicht sehr wahrscheinlich zu sein. Die andere Möglichkeit war, kurzfristig noch einmal an die Box zu fahren. Das taten wir dann auch."

"Die andere Möglichkeit war, kurzfristig noch einmal an die Box zu fahren." Christian Horner

"Wir holten die superweichen Reifen und kamen noch einmal stark zurück, um zum Schluss sogar noch Fernando zu überholen", meint Horner. Lewis Hamilton (McLaren), Romain Grosjean (Lotus) und Sergio Perez (Sauber) hatten Vettel jedoch ein Schnippchen geschlagen und rangierten vor ihm, auch bei Webber ging es rückwärts: Am Ende klassierte sich der Australier noch auf dem siebten Rang.

Hätte Vettel eher an die Box fahren sollen?

"Mark fuhr ein starkes Rennen, doch auch bei ihm ließen die Reifen schlagartig nach", sagt Horner und merkt an: "Wenn du diesen Punkt erreichst, dann geht es halt nicht mehr - und das von jetzt auf gleich. Strategisch hätten wir bei ihm nicht viel mehr ausrichten können. Das Fenster ist so schmal. Das macht es schwierig." Bei Vettel hatte man allerdings über eine andere Lösung nachgedacht.

Und zwar sehr konkret, wie Horner gesteht: "Mit Sebastian hätten wir eher hereinkommen können. Unser Problem war aber: Wann auch immer wir ihn zum Boxenstopp beordert hätten, wir wären stets hinter Grosjean herausgekommen. Zudem war ja alles in bester Ordnung. Dann ist es halt schwierig, über einen Boxenstopp nachzudenken", meint der Teamchef des aktuellen Formel-1-Weltmeisters.

"Es gibt einiges, worüber wir uns Gedanken machen müssen." Christian Horner

Apropos nachdenken: Der Große Preis von Kanada brachte wieder einmal einige Lektionen mit sich. "Es gibt einiges, worüber wir uns Gedanken machen müssen", sagt Horner. "Wenn wir das Rennen noch einmal fahren könnten, würden wir wahrscheinlich auf der härteren Mischung an den Start gehen und später auf die weichere Mischung wechseln. Das ist jetzt aber natürlich recht leicht gesagt."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Kanada