Hinterbänkler auf dem Sprung nach vorn?
Gelingt Toro Rosso und Force India 2008 der entscheidende Schritt nach vorn? Hans-Joachim Stuck schätzt die Lage bei den "Hinterbänklern" ein
(Motorsport-Total.com) - Dass ein Team einen WM-Punkt ausgelassen und frenetisch feiert wie einen Meistertitel, das erlebt man nur bei den Mannschaften, die normalerweise am hinteren Ende der Ergebnisliste angesiedelt sind. In der Formel 1 sind das Toro Rosso und Spyker, das künftig Force India heißen wird. Werden diese beiden Teams 2008 endlich den ersehnten Schritt nach vorn machen können, oder werden sie den Zeiten des Mittelfeldes hinterherfahren? Formel-1-Experte Hans-Joachim Stuck nahm für 'Motorsport-Total.com' die beiden Teams genauer unter die Lupe.

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Die deutschen Youngsters am hinteren Ende des Feldes: Vettel und Sutil
Toro Rosso hat im Saisonendspurt 2007 einen deutlichen Aufwärtstrend gezeigt. Mit Sebastian Vettel wehte ein frischer, positiver Wind im Team und die acht Punkte in China gaben der B-Mannschaft von Red Bull einen massiven Motivationsschub. Zudem findet das Team immer mehr zueinander. Stuck kann sich gut vorstellen, dass die Leistungskurve der "kleinen Bullen" auch 2008 weiter nach oben zeigt.#w1#
"Bei Toro Rosso wissen wir, dass sie von Red Bull profitieren", sagte er. "Klar, dass da zusammen Entwicklung betrieben wird. Das ist ja logisch und wäre dumm, wenn es nicht so wäre, wenn man Adrian Newey hat. Ich würde in der Endkonsequenz Red Bull ein bisschen stärker einordnen, aber Toro Rosso kann sich mit den Möglichkeiten auch dort etablieren, wo sie im Endspurt schon waren. Wenn es Gerhard Berger gelingt, das Team gut zu finanzieren."
Keine Vorschusslorbeeren für Bourdais
Neuer Teamkollege von Vettel wird Sébastien Bourdais. Der Franzose startete nach seiner Formel-3000-Zeit in den USA richtig durch und wurde in der ChampCar-Serie zum Superstar. Viermal in Folge holte er dort den Meistertitel. Jetzt erfüllt sich Bourdais seinen Traum und startet seine Formel-1-Karriere. Doch ob er auch in der Königsklasse durchstarten kann? Stuck will keine Vorschusslorbeeren vergeben.
"Ich glaube, dass man bei Sébastien Bourdais mal abwarten muss, was da passiert", sagte er. "Er hat ja schon in Amerika bewiesen, dass er dort lange Zeit der Beste war, das waren aber andere Fahrer auch schon. Und außer Jacques Villeneuve hat es eigentlich keiner geschafft, diese Fähigkeiten in Europa umzusetzen. Wir werden mal sehen, wie er sich hier beweisen kann, er hat mit Vettel auch einen starken Mann im Team. Das ist momentan schwer einzuschätzen. Aber auf alle Fälle ist das Niveau in den USA wesentlich niedriger als in der Formel 1 und er muss sich an das Formel-1-System erst einmal gewöhnen. Das muss man abwarten."
Das Potential bei Force India wäre da
Neu durchstarten will man bei Force India, ehemals Jordan, MF1 Racing und Spyker. Mit dem neuen Teambesitzer, dem indischen Milliardär Vijay Mallya, kommt das nötige Budget ins Team. Nun geht man die Aufgabe an, den Rückstand nach vorn zu verkürzen. Ob das gelingen wird? Zumindest hat das Team die richtige Führung, meint Stuck: "Ich persönlich halte sehr viel von Teamchef Dr. Colin Kolles, er ist für mich einer der Topmanager in der Formel 1, die es verstehen, ihr Team zu managen. Seine Aufgabe ist auch, Geld zu besorgen, das hat er gemacht, indem er Vijay Mallya ins Team gebracht hat."
Wenn das Team seine Ressourcen und auch die finanziellen Möglichkeiten nutze, dann könne Force India sicher einen Schritt nach vorne machen, erklärte er weiter: "Ich würde mal sagen, dass man sich im nächsten Jahr noch keine Podiumsplätze erwarten darf, das wäre sicher etwas verfrüht."
Aber man habe mit Adrian Sutil "einen ungeschliffenen Rohdiamanten im Team, der 2007 sicher unter Wert geschlagen worden ist, weil er ein wahnsinnig schwer zu fahrendes Auto hatte. Das konnten die Außenstehenden gar nicht mitbekommen, wie schwer das Auto zu fahren war. Deshalb muss man seine Leistung auch ein bisschen besser einordnen."
Stucks Prognose für Force India: "Ich glaube dass sie sich sicherlich verbessern werden. Aber ob es reicht, das muss man abwarten, denn die anderen werden ja auch immer besser."

