• 21.06.2013 15:21

  • von Christian Schrader

Herbert: Dominierende Schumacher-Ära war langweilig

Der ehemalige Formel-1-Pilot Johnny Herbert vergleicht seine Zeit in der Königsklasse mit heute und erklärt, warum er von den Regeländerungen überzeugt ist

(Motorsport-Total.com) - Nach 161 Starts in der Formel 1 zog sich Johnny Herbert Ende der Saison 2000 zurück. Dem Motorsport hat der Brite, der am Dienstag seinen 49. Geburtstag feiert, aber nicht den Rücken gekehrt: Aktuell ist er mit weiteren ehemaligen Piloten wie Martin Brundle und Damon Hill Experte bei 'Sky Sports', des Öfteren als Fahrer-Steward bei den Rennen tätig - und ganz nebenbei noch auf Tour: Bei "Ein Abend mit Johnny Herbert" zeigt der ehemalige Teamkollege von Michael Schumacher seine Sicht auf die Formel 1 und diskutiert über die Vergangenheit sowie die Zukunft.

Titel-Bild zur News: Johnny Herbert

Herbert hat auch nach seinem Karriereende den Fokus auf die Formel 1 gerichtet Zoom

"Ich habe diese Tour gemacht, weil es mir die Chance gibt, meine Geschichte zu erzählen: Wie ich angefangen habe und wie ich dahin gekommen bin", freut sich Herbert gegenüber 'theboltonnews.co.uk'. "Du kommst heute nicht mehr an die Fahrer ran", kritisiert er. "Ich habe es immer genossen, mit den Fans zu reden. Eine solche Art von Show ist die Möglichkeit, sich mit ihnen zu unterhalten."

Im Kartsport hat Herbert seine Wurzeln. "Ich war glücklich, dass ich Kart fahren konnte. Mein Vater und mein Onkel haben mir dabei geholfen. Sie haben im Urlaub immer eine Kart-Strecke in St Ives besucht", berichtet er. Die ersten Erfolge und Ausrufezeichen ließen nicht lange auf sich warten. "Ich war gut darin, habe angefangen zu gewinnen und bekam so die Chance, aufzusteigen und auf mich aufmerksam zu machen." Weitere Stationen auf der Karriereleiter waren die Formel Ford und die Formel 3, als Eddie Jordan auf den Mann aus Romford aufmerksam wurde.

Unfall beeinträchtigte Herbert

Der Ire dachte, dass Herbert bereits einen Vertrag unterschrieben hätte. Da dies nicht der Fall war, berichtet Herbert, habe er einen Vertrag mit Jordan unterschrieben. Im Vergleich zu heute sagt Herbert über den ehemaligen Teamchef: "Er schaute auf das Talent, aber heute ist es anders. Das einzige Team, das es heute so macht, ist Red Bull - die meisten Teams schauen heute einzig auf das Geld", kritisiert der Brite und fügt hinzu: "Es hat sich komplett gedreht."

Zu einem Formel-1-Rennen mit Jordan kam es dann aber nicht, weil das Schicksal dazwischenkam: Bei einem Formel-3000-Rennen im Jahr 1988 in Brands Hatch brach sich Herbert bei einem schweren Unfall beide Füße. Die Meisterschaft war gelaufen, aber der Brite hatte für 1989 einen Vertrag bei Benetton in der Tasche.

Nicht die besten Voraussetzungen für einen Start in der Königsklasse des Motorsports, zumal Herbert betont, dass er durch den Unfall nicht die nötige mentale Verfassung hatte. Dennoch wollte er sich die Chance auf ein Formel-1-Cockpit nicht nehmen lassen: "Ich habe mein Bestes gegeben, um in die Formel 1 zu kommen. Wenn ich also meine ganzen Anstrengungen reinstecke, werden sich die Schmerzen auszahlen", sagt er über seine damalige Situation.

Johnny Herbert

In der Saison 1995 fuhr Herbert neben Michael Schumacher bei Benetton Zoom

Auch heute gibt es laut Herbert einen "Mix an Charakteren"

"Ich habe immer versucht, den Unfall aus meinem Kopf zu verdrängen. Meine Füße waren aber ein bisschen das Problem, weil ich nicht mehr in der Art und Weise fahren konnte, wie ich es gewohnt war", gesteht Herbert. Nichtsdestotrotz gab der heute 48-Jährige 1989 in Rio de Janeiro sein Formel-1-Debüt und wurde auf Anhieb Vierter. Die Leistungen des Rookies variierten aber durch die Verletzungen von Strecke zu Strecke, vor allem das harte Bremsen war ein Problem. "Ich wusste aber im Hinterkopf: Die Herausforderung ist es, das Problem zu überwinden."

Nach dem sechsten Saisonrennen wurde Herbert bei Benetton ersetzt, dennoch kämpfte sich der Brite über den Umweg Formel 3000 zurück in die Königsklasse. Insgesamt gewann er drei Rennen, darunter seinen Heim-Grand-Prix in Silverstone 1995. Den Kampf mit seinen Verletzungen hatte Herbert besiegt, die Konkurrenz im Fahrerfeld war der nächste Gegner. "Die Rennen waren immer sehr hart mit Leuten wie Prost, Senna, Mansell, Villeneuve, Hill und Schumacher", blickt er auf die alten Zeiten zurück.

"Es war eine schöne Ära, in der ich gefahren bin." Johnny Herbert

Besonders vor dem als "Professor" titulierten Franzosen zieht Herbert den Hut: "Alain Prost war gut. Er hat sehr auf den Motor und das Chassis des Autos geachtet, weil es zu dieser Zeit wesentlich fragiler war. Das war eine Kunst", so Herbert, der gerne auf seine damaligen Gegner zurückblickt: "Aggressive Fahrer mit denen es großartig war zu fahren", schwärmt er. "Es war eine schöne Ära, in der ich gefahren bin. Und jetzt haben wir das mit Vettel und Hamilton - ein Mix an Charakteren", zieht Herbert den Vergleich zu heute.

Für Herbert geht es in der Formel 1 um Show

In seiner Formel-1-Zeit wurde Herbert Zeuge der tödlichen Unfälle von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna. "Es war ein großer Schock, weil so lange nichts mehr passiert ist", so Herbert. Der letzte Unfall mit Todesfolge lag bis dato knapp zwölf Jahre zurück, als der Italiener Riccardo Paletti beim Großen Preis von Kanada 1982 ums Leben kam. "Ich wusste, dass die Chance bestand, dass es auch mir passiert", berichtet Herbert. "Aber wie jeder andere Fahrer auch denkt man, dass es dir niemals passieren wird. Sogar nach meinem Unfall habe ich noch daran gedacht, dass es nicht wieder passiert", fügt er hinzu.

"Ich denke, dass durch die ganzen Sicherheitsbedingungen, die danach aufkamen, Senna nicht vergeblich gestorben ist", so Herbert über die Veränderungen in der Formel 1 nach dem Tod des Brasilianers. Neben den Sicherheitsauflagen empfindet der Brite auch die weiteren Veränderungen der höchsten Motorsportklasse sinnvoll - vor allem für die Zuschauer: "Jeder redet darüber, ob die Änderungen richtig oder falsch sind. Ich denke aber, dass es um die Show geht. Und die Formel 1 soll eine gute Show liefern, ebenso wie der ganze High-Tech-Kram", betont er.

"Die dominierenden Jahre von Michael Schumacher, wo niemand überholt hat, waren langweilig." Johnny Herbert

"Die dominierenden Jahre von Michael Schumacher, wo niemand überholt hat, waren langweilig", gibt Herbert über die Weltmeisterjahre seines einstigen Benetton-Teamkollegen zu Protokoll. "Ich denke, dass wir jetzt dahin zurückkehren, wie es vorher war: mit unterschiedlichen Strategien an einem Rennwochenende", so Herbert.