• 01.09.2012 19:26

  • von Dieter Rencken & Roman Wittemeier

Hembery: Abtriebslevel wird zum wichtigen Faktor

Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery rechnet mit einem interessanten Rennen in Spa-Francorchamps: Wer hat welche Taktik verfolgt?

(Motorsport-Total.com) - Die Qualifikation zum Formel-1-Rennen in Spa-Francorchamps war für die Teams fast ein Schuss ins Dunkle. Am Freitag konnte kaum gefahren werden, erst am Samstagmorgen hatte man erste Erfahrungen mit Slicks auf der Strecke sammeln können. "Die Teams haben sich vor dem Hintergrund der schwierigen Bedingungen gut vorbereitet. Einige hatten den Blick eher auf das Rennen gerichtet, andere eher auf das Qualifying oder auf die Unterschiede zwischen den Reifenmischungen", sagt Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Abtrieb gewünscht: Auch Lotus fuhr im Qualifying mit etwas steileren Flügeln Zoom

In der Qualifikation erlebten einige Teams Überraschungen: die Tempertauren waren höher, der Grip nahm immer mehr zu und der Wind kam plötzlich aus einer anderen Richtung. "Die Bedingungen haben sich verändert. Im Qualifying war es deutlich wärmer als im Training am Morgen. Das ist eine große Herausforderung für die Ingenieure, vor allem auf dieser schwierigen Strecke. Dabei herausgekommen ist letztlich eine faszinierende Zeitenjagd, die quasi als Sinnbild für die gesamte Saison gelten könnte."

Anhand von Topspeeds und Sektorenzeiten wurde am Samstagnachmittag deutlich sichtbar, welche Strategien die Teams bei der Abstimmung ihrer Fahrzeuge verfolgt hatten. Viel Tempo und gute Zeiten im ersten und dritten Streckenabschnitt waren ein klarer Hinweis darauf, dass eher mit wenig Abtrieb gearbeitet wird. Wer den zweiten Sektor schnell meisterte war wohl eher mit steileren Flügeln unterwegs und litt aufgrund dessen in der Topspeed-Wertung.

Während Red Bull und Ferrari eher wenig Abtrieb fuhren, waren Polemann Jenson Button und die beiden Sauber mit mehr Anpressdruck unterwegs. "Das wird sich auf das Reifenleben im Rennen sicherlich auswirken", sagt Hembery. "Das wird im Rennen ein wichtiger Faktor sein. Einige Teams haben im Bereich Abtriebslevel noch im Qualifying gearbeitet. Dort lief es vielleicht nicht nach Wunsch. Aber das Rennen ist wieder eine ganz neue Geschichte."

Man darf davon ausgehen, dass jene Piloten, die mehr Abtrieb am Auto wählen, die Reifen haltbarer um die Strecke bewegen werden. Wer wenig Downforce hat, rutscht mehr und nimmt die Pneus somit härter ran. Ein spannendes Szenario, denn die Herren mit den schnellsten Autos auf der Geraden haben hingegen den Vorteil, im Rennen besser überholen zu können. Bislang lässt sich kaum einschätzen, welcher Weg der richtige ist.

Überraschend war der Schachzug, dass Pirelli in Belgien auf die gleichen Mischungen zurückgreift wie in Malaysia (hart und medium). "Es könnte kaum unterschiedlichere Strecken geben", lacht Hembery über die wenig logisch erscheinende Wahl. "Wir hatten ein wenig Bedenken, dass die Pneus hier in Spa Blasen werfen könnten. Das hatten wir im vergangenen Jahr erlebt. Wir sind es deshalb mit Vorsicht angegangen. Die harte Mischung funktioniert in einem breiten Bereich. Sollte es morgen wieder kühler sein, dann wird er gut funktionieren. Er geht bestimmt ein paar Runden länger als der weichere Reifen."